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PopCo

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Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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in dem Glauben gelassen, ihr wärt im New Yorker Büro, um dort mit einem
     Team vor Ort an etwas vergleichsweise Langweiligem zu arbeiten.» Er räuspert sich, sieht uns alle an. «Ich gebe ja zu, dass
     sich das alles etwas merkwürdig anhört. Warum haben wir nicht einfach einen Starttermin in, sagen wir, zwei Wochen geplant,
     um euch allen noch die Möglichkeit zu geben, euren Schreibtisch aufzuräumen und auch sonst alles so zu machen, als wäre das
     ein ganz normaler Außeneinsatz? Dann hättet ihr noch jemanden organisieren können, der die Katze füttert und so weiter. Tja   …» Er schaut zu mir und bedenkt mich mit einem halben Lächeln. «
Routine ist eben der Tod der Kreativität
. Das wissen wir doch alle. Mal angenommen, ihr habt zwei Wochen Zeit, um euch auf diesen Auftrag vorzubereiten. In der Zeit
     stellt ihr euch alles Mögliche vor, denkt darüber nach, malt euch aus, wie es werden wird, dann kommt ihr hierher, und es
     passiert   …
gar nichts
. Eure ganze Energie ist schon aufgebraucht. Wir wollen euch wachrütteln, euch dazu bringen, anders zu denken. Kann sein,
     dass das nicht klappt. Vielleicht wird es ja die totale Katastrophe. Wer kann das schon wissen? Wir sind jedenfalls der Ansicht,
     dass es die kreativste Möglichkeit ist. Und die effizienteste noch dazu, denn Zeit ist ja immer ein kritischer Faktor. Eure
     vertrauten Routinen sindalso vorläufig ausgesetzt. Natürlich wird euch niemand daran hindern, nach London oder sonst wohin zu fahren, wenn es nun
     gar nicht anders geht. Solange ihr hier seid, könnt ihr kommen und gehen, wie ihr wollt. Aber es steht ein kleines Team bereit,
     das euch auf Wunsch unterstützen und alle anfallenden Dinge daheim regeln wird, damit ihr ganz frei seid, euch auf möglichst
     originelle Weise eurer Aufgabe zu widmen. Die Workshops und die übrigen Aktivitäten beginnen am Montagvormittag; ihr solltet
     euch also möglichst bald an das Team wenden, falls ihr bis dahin noch etwas zu organisieren habt.»
    Jetzt hebt noch jemand die Hand.
    Mac nickt lächelnd. «Ja?»
    «Das ist jetzt vielleicht eine dumme Frage, aber warum dürfen wir den Kollegen nicht erzählen, was wir hier machen? Warum
     müssen wir so tun, als wären wir in New York? Nicht, dass es mich stören würde   … aber   …»
    «Nein, nein», sagt Mac. «Die Frage ist absolut berechtigt. Es geht hier vor allem um die Gesamtstimmung. Zunächst einmal gibt
     es da draußen sicher Leute, die schlicht und einfach enttäuscht sein werden, weil sie nicht dabei sind. Wir haben euch nach
     sehr spezifischen Kriterien ausgewählt, und es wird sich vielleicht nicht jedem gleich erschließen, wie und warum wir das
     gemacht haben. Jemand, der beispielsweise schon während seiner ganzen Zeit bei PopCo im Teenagersegment arbeitet, könnte sich
     – sagen wir mal, gekränkt fühlen, dass er nicht ausgesucht wurde. Vielleicht findet derjenige auch, dass da ein Fehler gemacht
     wurde, und fängt an, mir Mails zu schreiben. Es mag auch Leute geben, die das als eine Art Wettbewerb auffassen. Die könnten
     dann versuchen, sich ebenfalls einzuklinken, indem auch sie mir Mails mit ihren Ideen schicken. Diese ganzen Mails will ich
     mir ersparen! Andere Leute wiederum haben vielleicht das Gefühl, dass hier eine Party läuft, zu der sie nicht eingeladen sind.
     Da will ich nicht nochSalz in die Wunde streuen. Es ist zwar keine ganz neue Geschäftstheorie, aber sie gilt immer noch:
Gib deinen Mitarbeitern nie das Gefühl, dass sie nichts Besonderes sind

    Rachel steht auf, nickt Mac kurz zu und fängt dann an, Formulare zu verteilen. «Gut», fährt Mac fort. «Die Unterlagen, die
     Rachel jetzt ausgibt, sind Dokumente, die ihr bitte alle gleich ausfüllt. NDAs, neue Verträge, neue Gehaltsvereinbarungen,
     AGBs und so weiter. Bitte unterschreibt das alles und gebt es dann an Rachel zurück. Und falls sich jemand doch nicht an dem
     Projekt beteiligen möchte, dann wäre jetzt wohl der richtige Zeitpunkt, das zu sagen   …» Niemand meldet sich. «Bestens.» Mac setzt sich wieder und sagt leise etwas zu Georges.
    NDAs? Geheimhaltungserklärungen? Wozu das denn? Das wird ja ein richtiges Fort Knox der Ideen. Ich dachte immer, all unsere
     Gedanken und Ideen seien ohnehin Eigentum von PopCo, schließlich enthalten auch unsere normalen Verträge schon eine Geheimhaltungsklausel.
     Offenbar glauben sie aber, die Festungswälle um die hier erzeugten Ideen noch verstärken zu müssen. Ich nehme meine

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