Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PopCo

PopCo

Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
Vom Netzwerk:
Stück in die Gegenrichtung durch einen weiteren schmalen Flur. Schließlich bin ich am Ziel. Zimmer 23.   An der Tür hängt ein Umschlag, adressiert an Alice Butler, der einen Schlüssel enthält. Ich schließe die Tür auf und gehe
     hinein. Wahnsinn. Das ist doch gleich etwas ganz anderes. Das Zimmer hat einen glänzenden, leicht unebenen Eichenboden, Balken
     aus Eichenholz an der schrägen Decke und ist fast ausschließlich mit Antiquitäten möbliert: Hier stehenein alter Sekretär mit einem Schlüssel (mein erster Gedanke ist:
Toll, da kann ich meine Wertsachen einschließen
, bis mir wieder einfällt, wie leicht solche Schlösser zu knacken sind), ein breites Doppelbett, ein kleiner Bücherschrank
     aus Eichenholz mit Glastüren und ein äußerst einladender Sessel. Durch eine Tür gelangt man in ein eigenes Bad mit einer schweren
     weißen Wanne, einem kleinen Waschbecken und einer Toilette. Weil ich mich etwas schmutzig fühle, wasche ich mir als Erstes
     die Hände und trockne sie mit einem weißen Baumwollhandtuch. Über dem Waschbecken hängt ein kleiner Spiegelschrank. Ich öffne
     ihn. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er leer sein würde, doch stattdessen enthält er alle möglichen teuren Kosmetik-
     und Badeprodukte, viele davon in violetten Glasfläschchen: Badezusatz mit Algen und Arnika, Rosmarinshampoo, Algenshampoo,
     Orangenblütenwasser und noch vieles mehr. Außerdem liegen ein paar Stücke edler französischer Seife darin, zwei Naturschwämme,
     eine nagelneue hölzerne Haarbürste, eine Nagelschere und eine große Schachtel Kondome. Diese letzte Entdeckung bringt mich
     überraschend zum Erröten, und ich verlasse das Bad wieder.
    Zurück im Zimmer fällt mir auf, dass in dem Bücherschrank tatsächlich Bücher stehen. Es sind viele Ideenfindungs- und Marketingtitel
     dabei (natürlich), ein dickes Wörterbuch, eine Bibel und eine ganze Reihe Romane, die aussehen, als könnten sie jungen Mädchen
     gefallen. Dann bin ich also wegen Macs unkonventioneller Idee hier. Warum habe ich dieses Zimmer dann nicht von Anfang an
     bekommen? Und warum bin ich überhaupt in dieses abgefahrene Projekt involviert? Das ist mir nach wie vor nicht klar. Immerhin
     ist dieses Zimmer eine Antwort auf Dans Frage. Ganz gleich, warum wir für diese Sache ausgewählt wurden: Es bedeutet jedenfalls,
     dass wir etwas Besonderes sind.
    Im Augenblick möchte ich eigentlich nur ein langes Badnehmen und mich dann wohlig auf dem großen Bett wälzen. Stattdessen nehme ich das Wörterbuch aus dem Schrank und gehe damit
     zum Sekretär hinüber. Ich schließe ihn mit dem kleinen Messingschlüssel auf und stelle fest, dass er – wie könnte es anders
     sein? – randvoll ist mit teurem Schreibpapier. Nachdem ich all diese Gratisgaben in einer Schublade verstaut habe, ziehe ich
     mein Notizbuch und meinen Füller aus der Tasche, lege beides auf die kleine Schreibfläche und setze mich. Das Notizbuch ist
     ein Fabrikat, das ich immer verwende (liniert in einem leicht verwaschenen Hellblauton), und der Füller derjenige aus meiner
     Sammlung kleiner Füllfederhalter, mit dem ich am liebsten schreibe. Mit anderen Stiften komme ich gar nicht zurecht. Ich schalte
     die Schreibtischlampe ein und kritzele rasch eine etwas uninspirierte Erledigungsliste (Punkt 1:
Katzenbetreuung organisieren
), die ich obenauf legen kann, falls jemand kommen sollte. Dann ziehe ich den PopCo-Empfehlungszettel aus der Rocktasche und
     lege ihn vor mir auf den Tisch.

    Höchste Zeit, das endlich zu entschlüsseln. Ich ignoriere die hartnäckige Frage
Wer hat mir das eigentlich geschickt?
ebenso wie den Umstand, dass mir vor lauter Müdigkeit schon die Augen tränen, und fange an, nach Mustern zu suchen. Nach circa
     zehn Minuten hat sich mein instinktiver Verdacht bestätigt, dass es sich nicht um eine einfache monoalphabetische Verschiebung
     handelt. Dann werde ich also mal den Vigenère-Weg einschlagen und schauen, was passiert.
    Muster erkennen. Mit einem längeren Text wäre das sehr viel einfacher, das steht fest. Aber einige ganz interessante Aspekte
     entdecke ich auch hier und mache mir ein paar erste Notizen.
     
    Monoalphabetische Chiffren existieren bereits seit Hunderten, wenn nicht gar Tausenden von Jahren in unterschiedlichster Form.
     Bei dieser Chiffriermethode wird jeder Buchstabe des Klartextalphabets durch einen anderen aus dem dazugehörigen Schlüsselalphabet
     ersetzt. A kann beispielsweise durch P wiedergegeben

Weitere Kostenlose Bücher