PopCo
Stück in die Gegenrichtung durch einen weiteren schmalen Flur. Schließlich bin ich am Ziel. Zimmer 23. An der Tür hängt ein Umschlag, adressiert an Alice Butler, der einen Schlüssel enthält. Ich schließe die Tür auf und gehe
hinein. Wahnsinn. Das ist doch gleich etwas ganz anderes. Das Zimmer hat einen glänzenden, leicht unebenen Eichenboden, Balken
aus Eichenholz an der schrägen Decke und ist fast ausschließlich mit Antiquitäten möbliert: Hier stehenein alter Sekretär mit einem Schlüssel (mein erster Gedanke ist:
Toll, da kann ich meine Wertsachen einschließen
, bis mir wieder einfällt, wie leicht solche Schlösser zu knacken sind), ein breites Doppelbett, ein kleiner Bücherschrank
aus Eichenholz mit Glastüren und ein äußerst einladender Sessel. Durch eine Tür gelangt man in ein eigenes Bad mit einer schweren
weißen Wanne, einem kleinen Waschbecken und einer Toilette. Weil ich mich etwas schmutzig fühle, wasche ich mir als Erstes
die Hände und trockne sie mit einem weißen Baumwollhandtuch. Über dem Waschbecken hängt ein kleiner Spiegelschrank. Ich öffne
ihn. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er leer sein würde, doch stattdessen enthält er alle möglichen teuren Kosmetik-
und Badeprodukte, viele davon in violetten Glasfläschchen: Badezusatz mit Algen und Arnika, Rosmarinshampoo, Algenshampoo,
Orangenblütenwasser und noch vieles mehr. Außerdem liegen ein paar Stücke edler französischer Seife darin, zwei Naturschwämme,
eine nagelneue hölzerne Haarbürste, eine Nagelschere und eine große Schachtel Kondome. Diese letzte Entdeckung bringt mich
überraschend zum Erröten, und ich verlasse das Bad wieder.
Zurück im Zimmer fällt mir auf, dass in dem Bücherschrank tatsächlich Bücher stehen. Es sind viele Ideenfindungs- und Marketingtitel
dabei (natürlich), ein dickes Wörterbuch, eine Bibel und eine ganze Reihe Romane, die aussehen, als könnten sie jungen Mädchen
gefallen. Dann bin ich also wegen Macs unkonventioneller Idee hier. Warum habe ich dieses Zimmer dann nicht von Anfang an
bekommen? Und warum bin ich überhaupt in dieses abgefahrene Projekt involviert? Das ist mir nach wie vor nicht klar. Immerhin
ist dieses Zimmer eine Antwort auf Dans Frage. Ganz gleich, warum wir für diese Sache ausgewählt wurden: Es bedeutet jedenfalls,
dass wir etwas Besonderes sind.
Im Augenblick möchte ich eigentlich nur ein langes Badnehmen und mich dann wohlig auf dem großen Bett wälzen. Stattdessen nehme ich das Wörterbuch aus dem Schrank und gehe damit
zum Sekretär hinüber. Ich schließe ihn mit dem kleinen Messingschlüssel auf und stelle fest, dass er – wie könnte es anders
sein? – randvoll ist mit teurem Schreibpapier. Nachdem ich all diese Gratisgaben in einer Schublade verstaut habe, ziehe ich
mein Notizbuch und meinen Füller aus der Tasche, lege beides auf die kleine Schreibfläche und setze mich. Das Notizbuch ist
ein Fabrikat, das ich immer verwende (liniert in einem leicht verwaschenen Hellblauton), und der Füller derjenige aus meiner
Sammlung kleiner Füllfederhalter, mit dem ich am liebsten schreibe. Mit anderen Stiften komme ich gar nicht zurecht. Ich schalte
die Schreibtischlampe ein und kritzele rasch eine etwas uninspirierte Erledigungsliste (Punkt 1:
Katzenbetreuung organisieren
), die ich obenauf legen kann, falls jemand kommen sollte. Dann ziehe ich den PopCo-Empfehlungszettel aus der Rocktasche und
lege ihn vor mir auf den Tisch.
Höchste Zeit, das endlich zu entschlüsseln. Ich ignoriere die hartnäckige Frage
Wer hat mir das eigentlich geschickt?
ebenso wie den Umstand, dass mir vor lauter Müdigkeit schon die Augen tränen, und fange an, nach Mustern zu suchen. Nach circa
zehn Minuten hat sich mein instinktiver Verdacht bestätigt, dass es sich nicht um eine einfache monoalphabetische Verschiebung
handelt. Dann werde ich also mal den Vigenère-Weg einschlagen und schauen, was passiert.
Muster erkennen. Mit einem längeren Text wäre das sehr viel einfacher, das steht fest. Aber einige ganz interessante Aspekte
entdecke ich auch hier und mache mir ein paar erste Notizen.
Monoalphabetische Chiffren existieren bereits seit Hunderten, wenn nicht gar Tausenden von Jahren in unterschiedlichster Form.
Bei dieser Chiffriermethode wird jeder Buchstabe des Klartextalphabets durch einen anderen aus dem dazugehörigen Schlüsselalphabet
ersetzt. A kann beispielsweise durch P wiedergegeben
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