Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PopCo

PopCo

Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
Vom Netzwerk:
Angenommen, man könnte den Mond zu Werbezwecken
     verwenden, ihn in irgendetwas anderes verwandeln, einen riesigen Hamburger etwa oder ein Firmenlogo. Sonst spüre ich immer
     ein seltsames Kribbeln, wenn ich mir solche Dinge vorstelle, und versuche, so schnell wie möglich wieder an etwas anderes
     zu denken; doch heute komme ich überraschend zu dem Schluss, dass ich ernsthaft in Erwägung ziehen würde, mich umzubringen,
     falls so etwas je passiert. Was müssten das für Menschen sein, die den Mond verkaufen würden, wenn sie könnten? Würde ich
     für eine Million Pfund den Mond verkaufen?
    «Dieses Go-Problem hat auch noch keiner gelöst, oder?», fragt Dan träge.
    «Nein», antwortet Grace. «Das wäre echt ein Riesendurchbruch. Schließlich schreibt ja nicht nur PopCo Preise für den aus,
     der es schafft, einer Maschine das Go-Spielen richtig beizubringen. Soviel ich weiß, hat auch Microsoft eine Riesenprämie
     ausgesetzt. Mindestens die Hälfte von uns aus dem Robotik- und K I-Bereich arbeitet in der Freizeit daran, aber es ist ziemlich unmöglich. Ist von euch jemand gut in Go?»
    «Alice», sagt Dan.
    Ich schüttele den Kopf. «So gut auch wieder nicht.»
    Esther baut sich einen Joint. «Weißt du noch, Hiro, der Typ von heute Morgen? Er ist der amtierende PopCo-Meister. Cool, was?»
    «Du solltest mal gegen ihn antreten», sagt Dan zu mir.
    «So gut bin ich wirklich nicht», wiederhole ich. «Aber Grace ist bestimmt richtig gut.»
    «Echt?», fragt Esther.
    «Wie man’s nimmt. Ich habe überhaupt erst angefangen zu spielen, als ich zu PopCo gekommen bin», sagt Grace. «Seitdem spiele
     ich allerdings fast jeden Tag. Das ist das ultimative Spielfür K I-Freaks . Ich weiß gar nicht, wieso ich nicht früher damit angefangen habe.» Sie grinst.
    «Warum können Computer eigentlich nicht Go spielen?», fragt Dan. «Das habe ich nie richtig kapiert.»
    «Wegen der Mustererkennung», sagt Esther mit gerunzelter Stirn. «Oder so was in der Art.»
    «Stimmt», sagt Grace. «Maschinen können komplexe Muster längst nicht so gut erkennen wie Menschen. Das ist im Grunde das Hauptunterscheidungsmerkmal
     zwischen Mensch und Maschine: Eine Maschine kann Daten viel schneller verarbeiten als jeder normale Mensch, der Mensch kann
     dafür aber Gesichter und Stimmen auf eine Weise unterscheiden, die sich bei keinem Computer erreichen lässt, nicht mal ansatzweise.
     Als Mensch findet man seinen besten Freund noch in der größten Menschenmenge; der Computer sieht nur Licht und Schatten. Und
     beim Go hängt ganz viel davon ab, Muster zu erkennen. Go-Großmeister investieren viel Gedankenarbeit in das Muster, das sie
     auf dem Brett erschaffen wollen, und streben mindestens so sehr nach Schönheit wie nach dem Sieg. Das können Computer nicht.
     Außerdem ist ihnen nicht beizubiegen, dass man manchmal Territorium opfern muss, um später einen Vorteil daraus zu ziehen.
     Das ist ein weiteres Problem. Dieses ganze Zen-angehauchte Zeug, dass man nicht gewinnen kann, ohne auch zu verlieren, und
     umgekehrt. Das kann man Computern einfach nicht vermitteln.»
    Dan macht ein nachdenkliches Gesicht. «Aber kann man ihnen denn nicht beibringen, eine Art Risikoanalyse zu machen, also für
     jeden möglichen Zug die Konsequenzen zu berechnen? Wenn der Computer dann den Eindruck hat, aus einem nachteiligen Zug könnte
     später ein Vorteil entstehen, würde er ihn doch als erfolgreichen Zug werten und ihn trotzdem machen, oder?»
    «So funktionieren Schachprogramme», erwidert Grace.«Das nennt man auch die Holzhammermethode. Ein Schachprogramm lässt eine Reihe von
Was-Wenn
-Algorithmen durchlaufen, um einzuschätzen, ob ein bestimmter Zug Erfolg verspricht. Aber beim Go gibt es einfach zu viele
     mögliche Züge. Ein Schachbrett hat nur 64   Felder, auf die man ziehen kann, bei einem Go-Brett sind es 361.   Um alle möglichen Züge und Kombinationen zu berechnen, wäre ein ganz gewaltiger Rechenaufwand nötig. Und letztlich ist es
     wie die Sache mit dem Gesichtererkennen. Ein Mensch, der ein geübter Spieler ist, schaut einmal auf das Go-Brett und weiß
     instinktiv, wo Territorium besetzt werden kann und wo nicht. Das einem Computer beizubringen, ist praktisch unmöglich. Menschen
     sind einfach besser im Mustererkennen.»
    361.   Die Quadratzahl von 19.   Den Blick gen Himmel gerichtet, denke ich über Primzahlen nach. Früher hatte ich die Angewohnheit (fast schon eine Obsession),
     mich bei jeder Zahl als Erstes zu

Weitere Kostenlose Bücher