Poppenspael
die
hochgewachsene Gestalt von Frieda Meibaum. »Guten Abend, die
Damen!«, grüßt sie knapp und blickt aus ihren
grünen, etwas schräg nach oben stehenden Augen streng auf
das pausbäckige Gesicht von Nicole Keck hinunter. »Wie
schade, dass Ihnen dieser kleine, nette Raum nicht sonderlich
gefällt, liebe Frau Keck.«
»Das haben Sie
aber völlig falsch verstanden«, windet sich die Frau,
»ich wollte, äh, meinte doch nur, dass
…«
»Liebe Frau
Keck, die Poppenspäler-Tage werden seit Jahren von
ehrenamtlichen Kräften auf die Beine gestellt. Die meisten
arbeiten, im Gegensatz zu Ihnen, das ganze Jahr über im
Förderkreis. Da spürt man im Laufe der Zeit, dass zwar
jeder Kultur toll findet, aber sie bitte auch möglichst wenig
kosten soll.«
Nicole Kecks
Pausbäckchengesicht läuft rot an. »Wollen Sie etwa
damit sagen, ich mache hier nur mit, weil ich das Eintrittsgeld
sparen will?«
»Nichts liegt
mir ferner, Frau Keck!«
»Ich wollte doch
nur zur Diskussion stellen, ob der Laden nicht zu weit von der
Innenstadt entfernt ist«, verteidigt sich die
Brünette.
»Gleich nebenan
steht die Kongresshalle. Das ist einer der wichtigsten
Veranstaltungsorte in Husum«, argumentiert Frieda
hartnäckig. »Erst vor drei Wochen war das Schleswiger
Theater dort und hat ›Fisch zu viert‹
aufgeführt. Übrigens sehr witzig! Und es finden dort
regelmäßig Konzerte statt, wo sehen Sie das Problem? Die
unmittelbare Nähe zu unserem zukünftigen Museum ist
bestimmt ein Vorteil.«
Kaum hat Frieda
Meibaum geendet, ärgert sie sich über ihren
unnötigen Rechtfertigungsversuch. Warum willst du der dummen
Pute denn Demut beibringen, überlegt sie. Aber alle
Frischlinge, die sich sofort in den Vordergrund spielen wollen,
wurmen sie nun mal. Deshalb hat sie ihr persönliches
Wertesystem entwickelt. An erster Stelle kommt der Vorstand, Hanna
und sie selbst natürlich. Dann folgen alle Frauen, die im
Büro mitarbeiten, die Kasse verwalten, den Kartenverkauf
organisieren. Erst danach stehen die Freiwilligen auf ihrer Liste,
die sich nur während der Festivalzeit zur Verfügung
stellen. Darüber hat sie natürlich nie mit jemanden
gesprochen, selbst nicht mit Hanna. Im Inneren ist sie aber fest
davon überzeugt, dass die letzte Gruppe nur mitmacht, weil sie
die Vorteile des Festivals nutzen will. Das trifft natürlich
nicht auf alle zu, aber bestimmt auf die meisten. Hinter
vorgehaltener Hand hört man so
einiges.
»Sind alle schon
da?«, fragt Frieda mit gekünstelter Freundlichkeit, um
von ihrem abrupten Themenwechsel abzulenken. »Bin ich etwa
wieder die Letzte?«
»So wie es
aussieht, ist das der Fall, meine Liebe!«, entgegnet Hanna
Lechner. »Aber mach dir nichts draus, wir wollten sowieso
gerade erst anfangen.«
Die schlanke, etwas
schlaksige Frau holt sich einen freien Stuhl und schiebt ihn
geräuschvoll an den runden Tisch.
»Einige
Gesichter sind mir noch nicht bekannt. Deswegen stelle ich mich
kurz vor. Ich bin Frieda Meibaum, neben unserer Hanna ein
Gründungsmitglied des
Pole-Poppenspäler-Förderkreises, sozusagen eine Frau der
ersten Stunde!«
»Ich freue mich,
fünf neue Hilfen begrüßen zu dürfen, die
dieses Jahr das erste Mal dabei sind«, ergänzt Hanna
Lechner und wendet sich Frieda Meibaum zu. »Nicole Keck hast
du bereits bei deiner Ankunft kennengelernt. Dort sitzt Helga Witt,
links außen. Daneben Regina Grünwaldt und hier vorn
rechts Ute Köster. Antonia Rebinger ist leider heute
verhindert, sie hat mir aber erlaubt, sie nach eigenem
Gutdünken zu verplanen.«
»Dann man los,
der Abend ist kurz!«, drängelt Frieda
Meibaum.
»Fangen wir
gleich vorn an, die Eröffnungsvorstellung, ›Bulemanns
Haus‹. Ronja hat die Betreuung des
Seelenfaden-Puppentheaters übernommen. Für den morgigen
Abend brauchen wir noch jemanden im Saal, der das Publikum an die
Plätze führt.«
Hanna Lechner hebt
ihren Blick und schaut auffordernd in die Runde. Susan Biehl hebt
den Arm.
»Ich würde
das gern machen!«
»Nee, das passt
mir nun gar nicht, Susan!«, beschwert sich Frieda Meibaum.
»Du bist schon letztes Jahr dabei gewesen und kennst dich
schon gut aus. Ich möchte dich unbedingt bei meiner Betreuung
des Schnipp-Schnappmaul-Puppentheaters dabeihaben. Wiktor
Šemik soll sehr eigenwillig und kompliziert sein, wird in
Puppenspielerkreisen gemunkelt. Berühmtheiten sind halt
Mimosen!«
»Wenn du das
ernst meinst, fände ich das riesig«, jubelt Susan Biehl
und strahlt über das ganze Gesicht.
»Die
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