Poppenspael
erfahrenen
Leute alle zu dir. Ganz schön egoistisch, liebste
Frieda«, tadelt Hanna Lechner und verzieht ihren Mund zu
einem verkniffenen Lächeln. Der Gesichtsausdruck täuscht
nicht darüber hinweg, wie ernst sie die Aussage in
Wirklichkeit meint.
»Hanna, du
weißt genau, bei Šemik brauche ich einfach
professionelle Hilfe!«
»Und du
weißt ganz genau, was ich meine, oder?«
»Ich finde es
richtig, dass ich mir die passende Person
aussuche.«
»Okay, lassen
wir das einfach so stehen! Wir müssen vorankommen! Also, es
geht um das Seelenfaden-Puppentheater aus Karlsruhe. Frau Keck, ich
hatte spontan an Sie gedacht. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie
morgen Abend Ronja Ahrendt unterstützen! Sie passen bestimmt
gut zusammen, Ronja arbeitet nämlich im selben Krankenhaus wie
Ihr Mann.«
»Als
Ärztin?«, fragt Nicole Keck schrill.
»Nein,
bloß als Krankenschwester«, kommentiert Ronja Ahrendt
bissig.
»Nein, das
möchte ich jetzt aber wirklich nicht!«, platzt es aus
Nicole Keck heraus, wobei sich ihre Stimme fast
überschlägt. Die anderen Frauen zucken überrascht
zusammen. Ronja Ahrendts Gesicht ist aschfahl geworden. Sie sitzt
stocksteif auf ihrem Stuhl. Susan Biehl greift nach ihrer linken
Hand und drückt sie kurz. Im Raum steht eine bleierne
Anspannung.
»So … so
meinte ich das natürlich nicht«, rudert die mollige Frau
zurück und bemerkt, dass sie die Situation dadurch noch mehr
verschärft. »Ich … ich kann natürlich
überall helfen …, aber ich möchte …, ich
möchte unbedingt zu Frau Ørsted. Wir haben vorhin
über das Stück ›Schrödingers Katze‹
gesprochen, das finde ich einfach ganz toll! Ich hab selbst eine
Katze zu Hause!«
»Liebe Frau
Keck, das Haustier ist nicht entscheidend, wo wir Sie auf dem
Festival einsetzen!«, zischt Hanna Lechner
gereizt.
»Hanna, lass
einfach locker«, mischt Petra Ørsted sich ein,
»ist doch egal, ob Frau Keck am Freitagabend oder am
Samstagabend hilft. Wir können Frau Rebinger ohne Weiteres bei
Ronja einteilen.«
»Natürlich
ist es im Prinzip egal, aber es geht nicht, wenn alle eine
Extrawurst anmelden. So werden wir nie fertig, wir
beschäftigen uns immer noch mit den ersten drei
Tagen!«
»Okay, Frau
Rebinger geht zu Ronja und Frau Keck kommt zu mir. Frau Biehl geht
zu Frieda, und schon können wir uns auf die restlichen Tage
stürzen«, fasst Petra Ørsted kurzerhand
zusammen.
»Ich bin
für eine kurze Pause«, schlägt Susan Biehl vor,
»danach haben sich die Gemüter bestimmt wieder
beruhigt!«
Ohne auf eine Antwort
zu warten, springen die ersten Frauen auf und stürzen durch
die Tür ins Freie. Schon bald stehen auf dem kleinen Platz vor
dem Laden mehrere Grüppchen, meistens zu dritt und zu viert.
Ronja Ahrendt und Susan Biehl sind die einzigen, die sich deutlich
von den anderen abgesetzt haben. Die Krankenschwester kramt aus
ihrer Handtasche eine Packung Zigaretten hervor und zündet
sich hastig eine an.
»Was war das
denn eben?«, fragt Susan.
»Was meinst
du?«
»Nun mach nicht
auf total naiv, Ronja! Das ist mit Sicherheit die Keck, die mit
deinem Oberarzt liiert ist?«
»Ja
und?«
»Mensch, Ronja,
die ahnt doch was!«
»Kann ich mir
nicht vorstellen.«
»Bist du nun so
blöd, oder tust du nur so?«
»Die Frau kennt
mich nicht, und ich kenn sie nicht. Hab sie nur auf einem Foto
gesehen, in Michaels Brieftasche. Wir sind so was von vorsichtig,
die ahnt nicht das Geringste!«
»Glaub mir, die
weiß alles! Was heißt denn vorsichtig bei dir? Du hast
mir selbst erzählt, dass ihr in einem Wellnesshotel wart. Da
musstet ihr doch euren Pass zeigen, oder?«
»Das hat Michael
alles erledigt, der wird schon wissen, wie man das macht.
Außerdem war das Hotel doch weit ab vom Schuss, irgendwo in
so einem Kuhkaff an der Ostsee.« Ronja Ahrendt legt
plötzlich ihre Stirn in Falten, zieht unentwegt an der
Zigarette, wirft sie erst halbgeraucht zu Boden und stampft sie mit
einem Tritt aus. »Weißt du, was mir gerade
siedendheiß einfällt?«
»Nein!«
»Als ich am
ersten Morgen unseren Schlüssel an der Rezeption abgeben
wollte, stand dort ein merkwürdiges Ehepaar. Er wurde vom
Personal mit ›Herr Rebinger‹ angesprochen. Ich kam
nebenbei mit der Frau ins Gespräch, ziemlich attraktiv. Ich
dachte noch, die passt irgendwie so gar nicht zu diesem Kerl. Und
jetzt stell ich mir gerade vor, die Rebinger, die heute Abend nicht
gekommen ist, wäre die Frau aus dem Hotel. Und diese Rebinger
kennt die Keck, dann könnte doch
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