Poppenspael
erstarrt.
Ronja dagegen ist das sprühende Leben, gestikuliert mit den
Händen, plappert wild drauflos und lacht lauthals.
Für Susan
inszeniert die Freundin ihr Schmierentheater perfekt, spielt ihre
Rolle, und zwar mit voller Absicht, in nächster Nähe von
Peter Pohlenz. Der sitzt ihr direkt gegenüber, das Gesicht zu
einer freundlich lächelnden Grimasse verzerrt, und
täuscht gute Mine zum bösen Spiel vor.
Schluss jetzt, schreit
es in Susan. Sie möchte wütend aufspringen, schiebt aber
nur den Stuhl zurück und steht auf. Sie möchte zu ihrer
Freundin hinübergehen, ihr gehörig die Meinung sagen oder
zumindest ohne ein Wort das Restaurant verlassen, geht aber nur
neben dem Tresen die schmale, geschwungene Treppe hinab in den
Keller zur Toilette.
Der Vorraum der
Damentoilette ist hell gekachelt und angenehm sauber, hat drei
Waschbecken und einen breiten Spiegel. Ihr Spiegelbild blickt ihr
in die Augen. Ist sie das wirklich? Das Gesicht ist so blass, als
hätte sie gerade in den vergifteten Apfel von Schneewittchen
gebissen. Ihre blonden, schulterlangen Haare hängen zu beiden
Seiten schlaff herunter. Eine Tür klappt, und Ronjas Abbild
erscheint neben ihr im Spiegel. Susan sieht, wie sich ein
rötlicher Schimmer über ihre bleiche Haut zieht, von der
Stirn abwärts über die Wangen bis zum Hals. Ihre Stimme
versagt.
»Hey, Susan!
Warum hast du dich denn nicht neben mich gesetzt?« Ronjas
Frage klingt überdreht, und die gewünschte Antwort bleibt
aus. »Susan, hallo, ist
irgendwas?«
»Wollte ich
ja«, antwortet Susan leise, »aber die anderen waren
halt schneller. Übrigens, was ich dir sagen wollte, der Marcus
Bender könnte dir ruhig ein wenig leidtun!«
»Bender?«
Ronja Ahrendt schaut Susan ungläubig an. »Wieso soll der
mir leidtun? Der amüsiert sich doch
prächtig!«
»Aber der Peter
Pohlenz sitzt doch gegenüber.«
»Was willst du
mir damit sagen, Susan, möchtest du meinen Anstandswauwau
spielen?«
»Ich finde, du
spielst ständig mit den Gefühlen anderer! Aber
wahrscheinlich weißt du gar nicht, wovon ich
rede?«
»Ich denke, ich
verstehe dich sehr gut! Lass mich eins gleich klarstellen, meine
Liebe, heute Nachmittag hast du verzichtet, obwohl der Typ ein Auge
auf dich geworfen hatte. Also ist für mich die Bahn
frei!«
»Ich möchte
nur sagen, Marcus Bender hat nicht verdient, dass du nur mit ihm
spielst!«
»Bist doch
scharf auf Bender? Dann sag das, und ich zieh sofort meine Aktien
raus. Wir sind Freundinnen, das lässt sich doch diskret
regeln, oder?«
»Manchmal glaube
ich nicht, was du so den lieben langen Tag von dir gibst,
Ronja.«
»Zurück auf
Null! Jetzt raus mit der Sprache!«
»Denk doch nur
einen Moment darüber nach, wie es dem armen Kerl gehen
könnte. Der ist bestimmt völlig erledigt, nach der
Resonanz auf sein Stück. Immerhin sind viele Zuschauer einfach
rausgegangen, und der Beifall war auch nicht gerade
überschwänglich, oder?«
»Ich glaube, du
leidest unter einem Helfersyndrom, meine Liebe. Marcus macht nicht
den Eindruck, als wäre er geknickt.«
»Marcus?«
»Willst du nun
was von ihm oder nicht? Ich würde mich an deiner Stelle
endlich entscheiden!«
»Du bist nicht
an meiner Stelle!«
»Susan, nun
krieg dich ein!«
»Ich will mich
aber nicht immer einkriegen!«
»Das scheint
dein Problem zu sein, Susan, aber du kannst nicht bestimmen, was
ich zu tun habe.«
»Ich kann
einfach nicht mit ansehen, wenn du einen netten Menschen ins
Unglück stürzt.«
»Dann lass es
doch!«
»Blöde
Ziege!«, faucht Susan mit ungewohnter Schärfe,
verlässt den Raum und knallt die Tür hinter sich zu. Auf
der Treppe bleibt sie einen Moment stehen, atmet tief durch und
bemüht sich, locker zu wirken, als sie wieder den vorderen
Raum des Restaurants betritt. An der Eingangstür stehen zwei
neue Gäste, auf die der Chef wild gestikulierend
zustürmt.
»Buona Sera,
Signora Diete, Commissario!«, hört sie ihn rufen.
»Si parla del diavola one spantano le corna. Ich gerade Frau
fragen, ob Signora Diete und Commissario noch
kommen!«
»Diavola, das
heißt doch Teufel?« scherzt die Frau.
»Proverbio, wie
sagen … nur Sprichwort: Wenn man Teufel sagen, er gleich
kommen.«
»Wenn man vom
Teufel spricht, dann kommt er«, verbessert ihn der Mann.
Susan erkennt die Stimme im Vorbeigehen. Sie gehört
Hauptkommissar Swensen.
»Ja, wenn man
vom Teufel spricht, Herr Swensen«, sagt sie scherzhaft und
stoppt. »Das ist aber eine
Überraschung!«
»Susan!«,
ruft der
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