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Portrat in Sepia

Portrat in Sepia

Titel: Portrat in Sepia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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ich mir mit meiner Arbeit verdienen. Trotz
der endlosen Ratschläge und Lektionen meiner Großmutter ist
es mir nie gelungen, ihren Riecher für gute Geschäfte zu
entwickeln; ich werde nie reich sein, und das freut mich. Auch
Frederick Williams brauchte sich nicht mit den Anwälten
herumzuschlagen, denn das Geld interessierte ihn sehr viel
weniger, als die bösen Zungen über Jahre hinaus zischelten.
Außerdem hatte seine Frau ihm genug davon gegeben, als sie
noch lebte, und er hatte es, vorausschauend wie er war, sicher
angelegt. Paulinas Söhne konnten nicht beweisen, daß die Ehe
ihrer Mutter mit dem ehemaligen Butler illegal gewesen sei, und
mußten Onkel Frederick in Frieden lassen. Sie konnten sich
auch die Weinberge nicht aneignen, weil die auf Severo del
Valle eingetragen waren, weshalb sie die Anwälte auf die
Priester hetzten, um all das zurückzubekommen, was diese
eingesteckt hatten, indem sie die Kranke mit den Feuern der
Hölle in Angst und Schrecken versetzt hatten, aber bis jetzt hat
noch keiner einen Prozeß gegen die katholische Kirche
gewonnen, die Gott auf ihrer Seite hat, wie alle Welt weiß.
Jedenfalls gab es Geld im Überfluß, und die Söhne,
verschiedene Verwandte und sogar die Anwälte haben bis heute
davon leben können. Die einzige Freude in diesen trostlosen
Wochen war das Wiederauftauchen der Señorita Matilde Pineda.
Sie hatte in der Zeitung gelesen, daß Paulina del Valle gestorben
war, und sich mit Mut gewappnet, um in dem Haus zu
erscheinen, aus dem sie zur Zeit der Revolution vertrieben
worden war. Sie kam mit einem Blumenstrauß, begleitet von
dem Buchhändler Pedro Tey. Sie war fülliger geworden, und
zuerst erkannte ich sie nicht, aber er war immer noch der
kahlköpfige kleine Mann mit den dicken satanischen
Augenbrauen und den feurigen Augen.
Nach der Beisetzung auf dem Friedhof und nachdem alle
Messen gesungen, die Novenen gebetet, die Almosen und
Liebesgaben verteilt waren, wie meine Großmutter verfügt hatte,
legte sich die Staubwolke des prunkhaften Begräbnisses, und
Frederick Williams und ich fanden uns allein in dem leeren
Haus. Wir setzten uns in den Wintergarten und beklagten
zurückhaltend das Fehlen meiner Großmutter - im Weinen sind
wir beide nicht gut - und gedachten ihrer in ihren vielen großen
Augenblicken und in ihren wenigen betrüblichen.
»Was werden Sie jetzt tun, Onkel Frederick?« fragte ich.
»Das hängt von Ihnen ab, Aurora.«
»Von mir?«
»Ich konnte nicht umhin, etwas Ungewöhnliches an Ihnen zu
bemerken, Kind«, sagte er mit dieser seiner subtilen Art, Fragen
zu stellen. »Ich bin sehr krank gewesen, und der Hingang
meiner Großmutter macht mich sehr traurig, Onkel Frederick.
Das ist alles, es gibt nichts Ungewöhnliches, glauben Sie mir.«
»Es ist schade, daß Sie mich so unterschätzen, Aurora. Ich
müßte schon sehr dumm sein oder Sie sehr wenig liebhaben,
wenn mir Ihr Seelenzustand entgangen wäre. Sagen Sie mir, was
Ihnen geschehen ist, vielleicht kann ich helfen.«
»Niemand kann mir helfen, Onkel.«
»Versuchen Sie’s, wäre doch möglich…« Mir war zumute, als
hätte ich niemanden auf dieser Welt, dem ich vertrauen konnte,
und Frederick Williams hatte bewiesen, was für ein
ausgezeichneter Ratgeber er war, der einzige in der Familie mit
gesundem Menschenverstand. Ihm konnte ich wirklich meinen
Jammer erzählen. Er hörte mir bis zum Ende aufmerksam zu,
ohne mich auch nur einmal zu unterbrechen.
»Das Leben ist lang, Aurora. Jetzt sehen Sie alles in Schwarz,
aber die Zeit heilt und löscht fast alles aus. Diese Wegstrecke ist
wie ein Tunnel, durch den Sie blind hindurchmüssen, Ihnen
scheint, als gäbe es keinen Ausgang, aber ich verspreche Ihnen,
es gibt einen. Gehen Sie weiter, Kind.«
»Was wird aus mir werden, Onkel Frederick?«
»Sie werden eine andere Liebe finden, vielleicht werden Sie
Kinder haben oder die beste Fotografin dieses Landes sein.«
»Ich fühle mich so verwirrt und so allein!«
»Sie sind nicht allein, Aurora, ich bin bei Ihnen und werde es
immer sein, wenn Sie mich brauchen.« Er überzeugte mich, daß
ich nicht zu meinem Mann zurückdurfte, daß ich ein Dutzend
Vorwände finden konnte, um mein Bleiben über Jahre
hinauszuzögern. Ohnehin glaubte er, daß Diego meine Rückkehr
nach Caleufú nicht verlangen würde, weil es ihm nur recht war,
mich so weit weg wie möglich zu wissen. Und was die gute
Dona Elvira anging, so blieb kein anderer Ausweg, als sie mit
einem

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