Portugiesische Eröffnung
Für die Jungen und Reichen gab es immer noch Jachtausflüge in Byblos und Winterwochenenden an den Hängen von Faraya-Mzaar, doch entlang der Grenze und in den Flüchtlingslagern südlich von Beirut hatten die Demütigungen des Sechs-Tage-Krieges zu einem Zornausbruch geführt. Und in den Bergen rings um das Qadisha-Tal wurden junge Phalangisten zum Kampf ausgebildet.
Mein Vater muss als einer der letzten Amerikaner vor dem Krieg ins Land gekommen sein. Er ließ sich an den Küsten des südlichen Mittelmeers treiben und folgte den Düften von Chanel und guten kubanischen Zigarren, dem verblassenden Geruch fremden Geldes. Er war kein Kämpfer, sondern ein unbedeutender Gauner mit teurem Smoking und nettem Gesicht. Ein Mann aus einfachen Verhältnissen, der die Menschen in diesen Kreisen genau studiert hatte und wusste, wie man eine Gesellschaft unterhielt. Meine Tante Emilie hatte ihn einmal als Gigolo bezeichnet.
Sie war dabei, als meine Eltern sich in der Skihütte in Faraya-Mzaar begegneten, und mochte meinen Vater von Anfang an nicht leiden. Zu laut und zu protzig hatte sie ihn gefunden, doch meine Mutter hatte in dem hochgewachsenen Amerikaner mehr gesehen. Und als sie sich im Jachtclub St. Georges erneut über den Weg liefen, empfand meine Mutter es als Wink des Schicksals.
Drei Wochen später und einen Tag, nachdem die Israelis den Flughafen von Beirut bombardiert hatten, weil man eines ihrer Flugzeuge in Athen angegriffen hatte, stellte meine Mutter fest, dass sie schwanger war. Doch da war mein Vater schon mit dem Sohn eines texanischen Ölbarons in Richtung Norden verschwunden. Er ritt auf der nächsten Welle kostenloser Gastfreundschaft, unternahm einen Segeltörn durch die Ägäis mit Ziel französische Riviera. Kurz darauf war auch meine Mutter unterwegs nach Norden, wo man sie in einem Kloster in der Dordogne unterbrachte. Es war die einzig respektable Lösung für ein Mädchen in ihrer Lage.
Mein Zimmer in der Pensão Rosa hatte keinen Ausblick. Ich sah nur die dunklen Räume jenseits des engen Luftschachts und die Ansammlung von Gegenständen, die auf rätselhafte Weise unten am Boden gelandet waren. Inmitten eines Dickichts aus Unkraut und Müll lagen ein fleckiges T-Shirt, ein rotes Spitzenhöschen, ein altes Kopfkissen und ein einzelner brauner Schuh. Über mir sah ich nur das kleine Himmelsquadrat.
Ich spürte, dass man mich beobachtete, und musterte die leeren Fensterhöhlen. Hier und dort hatte jemand die Vorhänge offen gelassen und Licht eingeschaltet, sodass ich die Zimmer wie Dioramen betrachten konnte: überall die gleiche schäbige Einrichtung, vergilbte Wände und durchgesessene Stühle, Betten mit tiefen Kuhlen, die das Gewicht unzähliger Körper hinterlassen hatte. Irgendwo dort draußen war Valsamis und beobachtete mich. Lauschte. Das war der Preis für seine Gastfreundschaft, für das Zimmer, das man mir so zuvorkommend zur Verfügung gestellt hatte.
Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, gleich am ersten Abend zu unserer alten Wohnung in der Travessa da Laranjeira zu gehen, aber ich war aufgedreht von der langen Fahrt. Also ließ ich die Tasche im Zimmer und fuhr mit dem klapprigen Aufzug nach unten.
Nur ein kleiner Spaziergang, sagte ich mir, als ich das Hotel verließ und den Hügel hinaufging. Nur kurz die Füße vertreten und einen klaren Kopf bekommen. Und doch tauchte ich in das Labyrinth der Straßen, die westlich der Bica-Seilbahn lagen, und ging instinktiv in Richtung des Largo da Calhariz.
Ich wusste nicht genau, weshalb ich hergekommen war. Bestimmt nicht wegen Rahim, denn die Aussicht, ihn hier zu finden, war gleich null, erst recht, wenn er nicht gefunden werden wollte. Dennoch war ich erleichtert, als ich unser altes Haus unverändert vorfand. Die Putzfassade hatte noch immer den rußigen Rosaton, aus der Dachrinne wucherte noch immer wilde Minze. Am Ende der Straße stand der Mandelbaum, fast kahl bis auf die ersten Bartstoppeln des Frühlings.
Die alten Gaslaternen brannten, und das Licht fiel flackernd auf Fensterläden und bröckelnde Geländer. Irgendwo dahinter ein eisernes Doppelbett, ein Sessel mit verblichenem grünem Gobelinmuster, ein Frisiertisch aus dunklem Mahagoni. So war es jedenfalls früher gewesen.
Die Fenster zur Straße waren dunkel, doch tief drinnen in der Wohnung, wo sich die Küche befand, brannte noch Licht. Jemand trat durch die Tür, nur der Kopf war zu sehen. Dann ging wie aufs Stichwort eine Lampe im Schlafzimmer an.
Ich
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