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Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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Haus einer Witwe klebte, im Schatten des alten Aquädukts. Seiner Vermieterin hatte er erzählt, er sei Künstler.
    Wenn er Arbeit hatte, fuhr er nachmittags dorthin. Manchmal kam ich mit. Half ihm gelegentlich sogar. Doch meistens wartete ich nur, wenn er stundenlang weg war. Ich hatte seit Monaten nicht richtig gearbeitet, nicht arbeiten müssen.
    Oft lief ich in der Stadt herum, überquerte die Hügel, schlenderte durch die uralten Gassen der Alfama oder über die breite Avenida da Liberdade bis hin zum weitläufigen Parque Eduardo VII und der glitzernden Glaskuppel der Estufa Fria. Dann wieder nahm ich den Zug hinaus nach Belém und saß im Park am berühmten Turm, von wo aus man die gigantischen Containerschiffe aufs Meer hinausfahren sah. All das gehörte zum Warten, ich war eine Wartende geworden. Nicht mehr ich selbst, nur noch eine Perversion meiner selbst, die sich dem Fetisch der Sehnsucht ergeben hatte.
     
    Ich sah John Valsamis, sowie ich den Laden verließ. Wie eine geballte Faust zeichnete sich seine Silhouette im Fenster des Cafés gegenüber ab. Ich war nicht sonderlich überrascht, es gehörte zum Spiel. Dennoch hasste ich es, beschattet zu werden. Ich ließ zu, dass er mir bis zur Straßenbahnhaltestelle in der Rua da Conceiçao folgte. Ich stieg ein und sprang rasch wieder hinaus, bevor die Türen der Nummer 28 zuschlugen.
    Eine Lüge, dachte ich, als die Straßenbahn die lange Hügelstrecke empor kletterte, und nahm stattdessen ein Taxi. Ich glaubte nicht eine Sekunde lang, dass sich Amadeo mit Rahim geirrt hatte. Wen aber wollte Gaspar schützen? Rahim? Sich selbst? Oder war es reiner Instinkt? Ich galt jetzt als Außenseiterin. Womöglich wollte Gaspar auch Eduardo Morais schützen, denn obwohl keiner der Brüder meine Vermutung bestätigt hatte, war es durchaus denkbar, dass sie den Uhrmacher gemeint hatten.
    Rahim und ich hatten oft genug bei Morais zu Abend gegessen oder nachmittags bei einem Glas Portwein auf seiner Terrasse Karten gespielt. Um Geschäfte ging es dabei nie – Morais war ein Mann, der allein arbeitete, ein Künstler der alten Schule, ungeheuer geschickt und sorgfältig. Doch sosehr Morais das einsame Arbeiten vorzog, sosehr hasste er die Vorstellung, allein zu trinken.
    Er lebte nicht weit von der Igreja de São Miguel in einer winzigen Gasse des verschachtelten Viertels am Fuße des Beco de Santa Helena. Das Labyrinth der Straßen war zu schmal für Autos, sodass ich am Lardo das Portas do Sol das Taxi verlassen musste. Es nieselte noch, und jenseits der regenglänzenden Geländer und des tropfenden Laubdachs über dem alten Platz lag der in Nebel gehüllte Tejo.
    Nach zwölf Jahren wusste ich nicht mehr, wo genau sich Morais’ Haus befand, und irrte eine ganze Stunde durch die unglaublich engen Gassen, bis ich endlich die auffällige grüne Tür mit dem aufwendigen azulejo, einem gefliesten Mosaikporträt des heiligen Vinzenz, gefunden hatte.
    Das Haus lag am Ende einer Sackgasse, eingequetscht zwischen seinem Nachbarn und einer schmalen Steintreppe, die zur darüber liegenden Gasse führte. Es war ein bescheidenes Haus, zwei Stockwerke hoch, mit abblätterndem Anstrich und schmiedeeisernen Gittern vor den Fenstern. Die Loggia im ersten Stock zog sich über die gesamte Breite und quoll über von Topfpalmen und ungebändigt wuchernden Tomatenpflanzen.
    Ich klopfte an die Tür, das Geräusch hallte in der stillen Straße wider. In der Haustür gegenüber stand eine dick vermummte alte Frau und grillte über einem Kohlebecken Sardinen. Sie musterte mich gleichgültig.
    Ich klopfte lauter und hörte, wie sich drinnen etwas bewegte.
    Nach wenigen Sekunden öffnete sich die grüne Tür, und eine junge Frau schaute mich an.
    »Bom dia«, begrüßte ich sie. »Queria ver Senhor Morais.«
    »Mein Großvater ist bei der Arbeit«, antwortete sie. Ihre schwarzen Augen durchbohrten mich.
    »Bitte, es ist wichtig«, sagte ich und lächelte beschwichtigend.
    Sie blieb zögernd auf der Schwelle stehen. Sie war sehr schlank und elegant und trug das lange dunkle Haar, das wie poliertes Ebenholz schimmerte, am Hinterkopf aufgesteckt. »Kennt er Sie?«
    »Ja.« Und dich kenne ich auch, dachte ich. Ein kleines, schlaksiges Mädchen, das barfuß über Morais’ Terrasse gelaufen war, die Haut sanft gebräunt wie Karamell, die Lippen mit Granatapfelsaft verschmiert. »Ich heiße Nicole, Nicole Blake.«
    Sie öffnete die Tür etwas weiter und trat unwillig beiseite. »Warten Sie hier.« Dann

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