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Postkarten

Titel: Postkarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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starrte sie mit Tränen in den Augen an und fummelte nach einer Zigarette, wo vorher seine Brusttasche gewesen war.
    Wee Willy hatte auf der anderen Seite des Wagens die Tür aufgedrückt, war herausgesprungen und hatte sich abgerollt, sobald ihm klar war, daß er die Kurve zu eng genommen hatte. Durch die Explosion gerieten seine Stiefelsohlen in Brand, und Metallsplitter regneten auf ihn herab. Eine heiße Ventilfeder brannte sich ihm in die Wange und brandmarkte ihn derart mit einer Narbe, daß er den neuen Spitznamen »Feder« erhielt.
    »Ich hab’ sowieso’nen neuen Laster gebraucht«, sagte er heiser. Jase fing zu lachen an, dann lachte Loyal und schließlich Wally Doffin, ein irres, unbeherrschtes Lachen. Sie luden Cugg und Willy hinten auf den Pritschenwagen und polterten zu den Shears zurück. Jase fuhr hinten mit Cugg und Willy, hielt den Kopf zum Schutz vor dem Wind gesenkt und reichte den beiden Verletzten einen Joint. Das Feuer machte mit dem drehenden Wind kehrt und zog wie ein langer Pfeil fast genau nach Norden, wo Traktoren eine Feuerbresche pflügten.
    »Bin fast versucht, die Schweine wieder abzuladen«, sagte der alte Shears. »Das Feuer kommt nicht mehr zu uns, es sei denn, der Wind dreht sich noch mal um hundertachtzig Grad. Jedenfalls weiß ich nicht, warum wir’s so brandeilig hatten. Andererseits kann man nie sicher sein, drum sollte ich sie vielleicht doch lieber wegbringen. Das wollte ich in ein paar Wochen sowieso. Aber ich bin mir sicher, daß ich ein paar von den Schweinen verliere. Die sind nicht so gefüttert und getränkt worden, wie’s sein sollte, und natürlich wiegen sie nicht genug.«
    »Mr. Blood.« Der alte Doffin tippte sich an seinen ausgefransten Hut mit dem Schlangenlederband und sah zu, wie die Schweine in den Abteilen des Viehtransporters die Schnauzen reckten. »Ich denke, wenn wir die Jungs hier wegbringen, können wir unterwegs Ihren Jeep aus dem Gestrüpp ziehen und die Leghorns retten.«
    »Da wär’ ich Ihnen dankbar«, erwiderte Loyal. »Und meine Hündin auch. Steckt noch im Haus, wenn sie nicht das Fliegen gelernt hat.«
    »Davon träumen viele, nur wenige schaffen es«, sagte Doffin.
     
    Zwanzig Minuten lang zerrten sie das Gestrüpp von Loyals Jeep, bis die hintere Stoßstange in Reichweite war. Im Haus bellte hysterisch der Hund. Als Loyal die Kette an der Stoßstange einhakte und dem alten Wally zurief, er solle langsam anziehen, nahm er Rauchgeruch wahr, der stärker wurde. Beim Wegräumen des Gestrüpps hatte der Wind ihn schräg von links getroffen, aber jetzt blies er ihm wieder ins Gesicht; er hatte nicht gemerkt, wie er sich gedreht hatte.
    Loyal blickte nach Norden. Die Traktoren, die eine Feuerbresche pflügten, machten kehrt. Das Feuer hatte die Linie übersprungen und schickte brennendes Gestrüpp als Kundschafter voraus, die sich an den Traktoren vorbei Richtung Südwesten schlängelten, einen weiten Bogen um Shears’ Hof machten, aber wie große Killerbienen auf Loyals Bohnenfelder zusteuerten. Die ersten waren keinen Kilometer mehr entfernt.
    »Wally! Es kommt zurück.«
    Der alte Mann stieg aus und schaute.
    »Sie sind hoffentlich versichert, Mr. Blood. Ich glaube, es erwischt Ihre Bohnen. Ziehen wir den Wagen raus. Dann machen Sie sich lieber aus dem Staub und beten. Sie können bei uns bleiben, wenn Sie wollen. Platz gibt’s genug.« Er zog den Jeep aus seinem Gestrüppnest.
    »Die Schlüssel sind im Haus. Ich muß den Hund rausholen.« Die ersten Flammen erreichten die Bohnenfelder, prasselnde Feuerbänder, die die Reihen entlangzulaufen begannen, Reihen von weißem Rauch stiegen hinter den Flammen auf. Gestrüpp blockierte immer noch die Tür. Der alte Mann war ungeduldig.
    »Wir haben keine Zeit. Legen Sie den Leerlauf ein und steigen Sie bei mir ein. Ich ziehe den Wagen.« Das Prasseln des Bohnenfelds war jetzt ein Brausen. Loyal konnte die vierhundert Meter entfernte Hitze spüren. Er legte den Leerlauf ein.
    »Ich muß meine Hündin rausholen. Wenn Sie fahren müssen, dann fahren Sie, aber ich muß es probieren.«
    Der alte Mann fuhr auf die Straße hinaus, bereit, aufs Gas zu treten. Loyal stand hinter dem Haus und starrte zu dem offenen Fenster mit den baumelnden Bettlaken empor. Das Haus war von einem Rauchschleier eingehüllt.
    »Little Girl! Komm schon! Little Girl!« Sie bellte wie verrückt, aber das Bellen klang gedämpft. Er glaubte, daß sie unten in der Küche an der Vordertür stand.
    Er hob Steine auf und warf sie

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