Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
Tages ein sehr dicker Mann in das Restaurant spaziert. Er setzt sich auf einen Stuhl, belegt praktisch aber auch noch den anderen Platz. Er sabbert bereits und bestellt alles, was auf der Speisekarte steht. Er bezahlt. Die 100 Familienmitglieder sind alle glücklich. An jenem Abend haben sie so viel Geld verdient wie schon seit Jahren nicht mehr. Am nächsten Tag kommt der dicke Mann wieder. Er bestellt noch mehr. Er ist auch dicker geworden. Jetzt kann sich definitiv kein Kunde mehr auf den anderen Stuhl zwängen. Er braucht sie beide, so dick ist er! Aber heute bezahlt er, als die Rechnung kommt, nur noch die Hälfte von dem, was er gestern gezahlt hat. Und Trinkgeld gibt er auch nicht.«
»Die Chinesen sind rücksichtslos«, sagte Bandar.
»Sie sind Kunden, und als solche schätzen wir sie«, sagte Fahd. »Aber sie spielen ihre Größe aus, um sich in eine einzigartige Machtposition zu bringen. Sie nutzen alles aus. Das liegt in ihrer Natur.«
»Ich verstehe ja Ihre Lage, Eure Majestät«, entgegnete Putnam, indes er sich auf dem breiten Sofa zurücklehnte. »Aber 500 Milliarden Dollar, das ist unverschämt. Sie wissen es, und ich weiß es ebenfalls. So viel Geld wird Amerika für Ihre Hilfe nicht zahlen.«
»1973 investierten Sie fast 180 Milliarden Dollar, um die Ölkrise zu beenden«, sagte Bandar. »Nach heutigem Stand wären das, die Inflation eingerechnet, beinahe 900 Milliarden Dollar.«
»Im Gegensatz zu Ihnen, Prinz Bandar, war ich 1973 schon auf der Welt«, entgegnete Putnam. »Ich erinnere mich noch genau daran, was damals passiert ist. Die Ölkrise war eine Schweinerei, die amerikanische Parteiideologen über uns brachten. Wir bezahlten, um die Sünden unseres eigenen Missmanagements zu korrigieren. Die Situation heute stellt sich völlig anders dar. Amerika wurde angegriffen. Nicht eine, sondern gleich zwei strategisch wichtige Energieeinrichtungen wurden zerstört. Wir haben nichts getan, was diesen Angriff rechtfertigt. Unsere Einrichtungen, unser Land, unsere Bürger wurden überfallen. Und nun wenden wir uns Hilfe suchend an Sie als Verbündete.«
Putnam sah Bandar kühl an. »Was, wenn wir zunächst einmal um eine ›Investition‹ gebeten hätten, bevor wir 1993 eingeschritten sind und Sie vor Saddam Hussein gerettet haben, als er wie ein hungriger Schakal vor Ihrer Türschwelle stand? Was, wenn wir damals die Hand aufgehalten hätten, so wie Sie es heute Abend tun? Wie viel hätten wir verlangen können? Was wäre es den Fahds wert gewesen, all ihre Besitztümer zu retten? Zwei Billionen Dollar? Fünf Billionen? Aber nein, wir haben gar nichts verlangt. Wir riskierten das Leben von Amerikanern, um Ihren Feind aufzuhalten und zurückzuschlagen.«
»Seien wir doch mal ehrlich«, argumentierte Bandar. »Für die Amerikaner war das ein Akt der Selbsterhaltung. 1993 förderten die Ölfelder in Saudi-Arabien und Kuwait nahezu 40 Prozent des in den USA benötigten Erdöls. In jener Nacht habt ihr euch selbst gerettet.«
Fahd trat vom Fenster ans Sofa und setzte sich neben Putnam.
»Unser Angebot ist vernünftig. Was ich über die 100 Familienmitglieder im Restaurant sagte. Stellen Sie sich eine um den Faktor tausend größere Zahl vor. Im ganzen Land gibt es Prinzen, und die geben immer mehr aus. Ich selbst habe ebenfalls meine Aufwendungen. Eines Tages werden Sie nicht mehr auf diesem bequemen Sofa sitzen, und ich auch nicht. Eines Tages könnte hier vielleicht jemand sitzen, der nicht mehr willens ist, um jeden Preis die Lücke auszufüllen, wie Sie es formulieren. Sie haben Glück. Die Amerikaner haben Glück. Glück, solche Freunde zu haben wie die Fahds, wie die Saudis.«
Putnam spürte, wie er puterrot anlief. Es begann am Hals, stieg über die Wangen und seine Nase bis hoch zur Stirn. Hass breitete sich in ihm aus und er kochte vor Wut. Er hielt die Kaffeetasse in der Hand und trank einen Schluck. Dann blickte er Fahd an, nahm die kleine Tasse und schleuderte sie gegen das Fenster, vor dem Fahd eben noch gestanden hatte. Die Tasse zerbrach an der festen Scheibe, und sie wurde mit Kaffee bespritzt, ehe die weiß-blauen Porzellanscherben zu Boden fielen.
König Fahd und Prinz Bandar verharrten reglos. Sie wirkten bestürzt.
»Freunde?«, sagte Putnam. »Schon 1998 plante Ihr eigener Außenminister gemeinsam mit führenden Aramco-Managern, Capitana zu sabotieren.«
Auf der anderen Seite des Raumes erhob sich Que-Marosali, der saudische Außenminister, der bislang geschwiegen hatte,
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