PR 2659 – Toufec
blaue Schicht schmiegte sich darüber, und jenseits der blauen Schicht: die Schwärze des Nachthimmels, in dem Sterne aufglommen und immer mehr wurden, je weiter die Blase nach oben stieg.
Toufec verlor die Orientierung. Ihm schien, als blicke er in tiefster Nacht in den Großen Brunnen, in dem sich das Mondlicht milliardenfach brach. Doch er fühlte keine Angst; wenn er überhaupt etwas fühlte, waren es Staunen, Ehrfurcht und Dankbarkeit, dass er diesen Anblick sehen durfte.
»Pazuzu?«
Das Gesicht formte sich dicht vor ihm. Beim zweiten Mal wirkte es weniger erschreckend. Die Opalaugen musterten ihn.
»Wohin bringst du mich?«
»Sieh nach oben!«
Über der Blase, die sich dem Phänomen nun mit rasender Geschwindigkeit näherte, hing eine riesige Kugel. Sonnenlicht reflektierte auf ihrer Haut, der blaue Widerschein der Erde, über der sie hing, ließ sie schimmern. Eine zweite, noch größere, gläserne Kugel schloss die erste ein wie die Blase, die Toufec umgab, doch auf ihr warf weder die Sonne Reflexe, noch spiegelte sie den Erdschein.
Die Kugel schwoll zu gewaltigen Dimensionen an, während Toufec sich ihr näherte, doch sie sah weder einschüchternd noch bedrohlich aus. In der Stille und vor dem sternglitzernden Hintergrund des Firmaments wirkte sie majestätisch.
»Was ist das?«
Der Dschinn schien erneut nachzudenken. »Vorhandene Datenbasis ungenügend für schlüssige Erklärung«, sagte er dann.
»Was?«
»Ich erklär's dir später«, meinte der Dschinn.
Sie waren mittlerweile so nahe, dass die schimmernde Kugel Toufecs Blickfeld ausfüllte. Ohne fühlbaren Widerstand drangen sie in die Blase ein, die die Kugel umgab. Sie schien eine vollkommen klare Flüssigkeit zu bergen, in der die Kugel schwamm. Auch deren Haut leistete keinen Widerstand, als Toufec und der Dschinn sie durchdrangen.
Es wurde dunkel um Toufec. Er merkte, dass die Panik zurückzukehren drohte, und kämpfte dagegen an. Schließlich umgab ihn wieder Licht, milder weißer Schein.
Die Blase mit Toufec darin stoppte. Die Blase sank auf den Boden, in eine kreisrunde, flache Mulde. Sie schien in den Boden einzudringen, und dort, wo ihre Wand ihn berührte, schimmerte es hell, als würde sie aufschäumen, bevor sie versickerte.
Toufec fühlte sich sanft auf die Beine gestellt. Schwankend blieb er stehen.
Er fühlte die Präsenz, noch bevor er sich umdrehte und seinen Gastgeber erblickte: den alten Mann mit dem weißen Haar und den seltsam jungen Augen. Toufec sank auf die Knie. Ihm war klar, dass er den größten Magier und Dämonenfürsten vor sich hatte, der je auf der Welt der Sterblichen gewandelt war, und Toufec war in seiner Gewalt.
» Bélu,« sagte er, und hatte er es gegenüber dem Oheim noch mit Kalkül ausgesprochen, meinte er es nun wirklich. Dort war der Meister über Toufecs Tod oder Leben.
Verstohlen spähte er auf die Füße des Alten. Das Licht, das von den weißen, mit hell leuchtenden grünen Adern durchzogenen Wänden kam, schien von jeder Seite, und es war klar zu erkennen, dass die Fußsohlen den Boden nicht berührten und dass erneut kein Schatten von ihm ausging.
Der Meister seufzte.
»Steh auf, Toufec. Kein Mann sollte vor einem anderen Mann knien. Ich bin nicht dein Herr, ich bin dein Freund. Und ich brauche deine Hilfe.«
10.
Der alte Mann hieß Delorian. Er war kein Zauberer, oder jedenfalls behauptete er das. Und er schien nicht zu planen, Toufec demnächst umzubringen.
Toufec lagen tausend Fragen auf der Zunge. Er stellte die für ihn wichtigste: »Warum hast du Asin getötet?«
Delorian schien in sich hineinzuhören. Er ähnelte dabei dem Dschinn, wenn dieser eine Antwort suchte. Dann sagte er: »Es ist ein Fehler passiert, aber ich habe Asin nicht getötet. Ich kann ihn allerdings auch nirgendwo erblicken.«
»Was meinst du damit?«
»Es tut mir leid: Dein Bruder ist verschwunden. Ich kann ihn nicht finden.«
»Finden? Du hast doch gar nicht gesucht! Du hast nicht mal nach draußen gesehen.« Toufec blickte sich um. Er räusperte sich. »Schon, weil es hier nichts gibt, wodurch man nach draußen sehen könnte«, brummte er.
»Ich habe ihn auf dem Zeitstrahl gesucht, in dem wir uns jetzt befinden«, erklärte Delorian.
»Zeitstrahl?«
Delorian seufzte erneut. »Der Zeitstrahl, auf dem ich deinen Tod gesehen habe. Deinen Zeitstrahl.«
Toufec bekam für einen Augenblick weiche Knie. »Du hast ... meinen Tod gesehen?«
»Deshalb habe ich dich gerettet. Die Gelegenheit war
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