PR Action 31 Das Erbe Des Divestors
Anti-Mutanten-Be-wegung hat in der Bevölkerung massiv an Boden verloren. Die Extremisten haben ihren Zugriff auf die Massen eingebüßt. Wir wissen nicht genau, woran das liegt. Auf der einen Seite konnten wir einen vorbestraften Merla-Merqa als Mitschuldigen präsentieren. Es ist immer gut, wenn man einer Gefahr ein Gesicht und einen Namen geben kann. Das macht es einfacher, mit ihr umzugehen.
Außerdem ist es schlicht die Zeit, die für uns spielt. Mit jeder Stunde, in der es nicht zu neuen Anschlägen kommt, mit jeder Stunde, in der die Aufräumarbei-ten ungestört vorangehen können, entspannt sich die Situation auf Terra. Die Menschen fangen an zu vergessen, was sie gestern noch aufgeregt hat.«
Der Thort blickte ihn an. Als ob er Was ist ein Merla-Merqa? fragen wollte; aber das stand ihm in Gegenwart seiner Untertanen nicht zu.
»Glauben Sie, dass Ferrol am selben Punkt ist, Vizeadministrator?« Die Stimme der Psychologin war erstaunlich angenehm, wie Bully feststellte. Aber vielleicht gehörte das zu den Dingen, die man in ihrem Beruf haben musste, wenn man erfolgreich sein wollte.
»Nein, ich glaube, dass Ferrol diesen Punkt noch nicht erreicht hat. Aber ich will Ihnen Mut machen, daran zu glau-ben, dass auf Ferrol wieder Ruhe einkehren wird. Und dass es irgendwann einen Tag gibt, an dem Sie auf die Ereignisse der letzten Stunden zurückblicken und sich fragen, ob das wirklich so schlimm war. Selbst auf der Erde sind wir noch nicht so weit. Aber die Heilkraft des menschlichen - und ferronischen! - Geistes ist groß; vertrauen Sie darauf!«
»Das wäre eigentlich mein Text gewesen«, meinte die Psychologin trocken.
»Dann bestätigen Sie also, was ich gesagt habe?«
»In allen Punkten«, sagte sie.
»Gut, dann sollten wir ...« Der Thort kam nicht mehr dazu, seinen Satz zu beenden.
Die Tür des Raumes wurde aufgerissen. »Schauen Sie, schnell - los!«
So schnell wie möglich folgten sie dem Ferronen in die Schaltzentrale.
*
Alle Arbeit war eingestellt worden. Schweigend und gebannt schauten die Ferronen auf den großen Bildschirm.
Alle Monitoren zeigten das gleiche Bild: den großen Platz vor dem Haupteingang des Roten Palastes. Rechts lag die große Treppe, deren breite Treppenflucht die Besucher klein, den Roten Palast jedoch gigantisch aussehen ließ.
Um den Rand des Platzes reihten sich kleine Buden, in denen von dreidimensionalen Ansichten über gegrillten Shnack bis zu Eintrittskarten für Nachtclubs alles verkauft wurde. Zwischen den Buden, den Zugängen zum öffentlichen Nahverkehr und den Eingängen zu den Transmittern spielte sich normalerweise das gesamte Leben des großen Platzes ab. An diesem Tag nicht. Nicht mehr.
Thorta, Platz vor dem Roten Palast 12. Juli 2169, später Vormittag
Die Tburistenscharen kamen an diesem Tag deutlich spärlicher als vor einigen Wochen. Durch die Anschläge abgeschreckt, hatten viele Reiseveranstalter ihre Tburen abgesagt.
Aber es war trotzdem ein wenig wie immer. Die Unerschrockenen, die Unbelehrbaren hielten alles für Gerüchte. Sie glaubten an ihre eigene Unverletzlichkeit und traten eine gebuchte Reise auf jeden Fall an - weil sie Urlaub genommen hatten, weil es schon bezahlt war oder weil sie es ihrem Ehepartner versprochen hatten.
Trendan war das nur recht. Er saß auf dem Vorplatz des Roten Palastes, genau vor der Bude des Klassischen Wega-The-aters. Der Titel allein war ein Witz, denn kein Ferrone würde ein klassisches Theater Wega nennen.
Aber das Klassische Wega-Theater war ein Ort für Tburisten. Eine Kulturveranstaltung, die man gesehen haben sollte. Der Ort, wo man Ferrol noch so erleben konnte, wie es früher einmal gewesen war.
Seine Aufgabe war, unschlüssige Touristen, welche die Bilder und Präsentationen in den Schaukästen bewunderten, in das Theater zu locken. Den Begriff Animateur hörte er ausgesprochen ungern.
Er verstand sich als Berater, der den meist terranischen Tburisten dabei half, ihre Entscheidung für ein Abendprogramm zu treffen.
Wieder näherte sich ein Paar, das sich unschlüssig vor den Vitrinen herumdrückte.
Sofort trat er in Aktion.
»Kommen Sie ruhig näher. Wir bieten Ihnen heute Abend eine Show, wie Sie sie nirgends sonst im System erleben können. Tänze der Sichas! Lieder der Tim-kani! Lauschen Sie den Heldenliedern der Rasbol! Die Lyrik der Lorar und die uralten Jagdriten der Warani-Waldbewohner. Erleben Sie ein Hochzeitsritual der Tsirr - jener aus allen Stämmen Verstoßenen, die in endloser
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