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PR Andromeda 04 - Die Sternenhorcher

PR Andromeda 04 - Die Sternenhorcher

Titel: PR Andromeda 04 - Die Sternenhorcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Böhmert
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Tochter liebte und ihr alle Freiheit geben wollte, die sie brauchten. Und wenn es ihm das Herz zerriss.
    Ah, jetzt hatte er die Kurve gekriegt.
    Er sah ein Wesen, unvollkommen, eigensinnig, voller Träume und Unzulänglichkeiten und Ideen.
    Möge ich glücklich und zufrieden leben!
    Martan stellte sich einen guten Freund vor, Shevek. Shevek mit seinem grauen Zopf und den schwarzen Kleidern, die er aus alten, ausgegrabenen Folien herstellte. Noch so ein Entwurzelter. Shevek, der allein leben wollte und sich absurderweise mit kleinen, selbst gebauten, blinkenden und piependen Krabbelviechern aus antiken Maschinenteilen umgab. Shevek, der die traurigsten, einsamsten Augen der Welt hatte. Shevek, der zu allen sanft war, aber niemanden an sich heran ließ.
    Möge er glücklich und zufrieden leben!
    Gut. Martan drückte kurz das Kreuz durch. Jetzt die neutrale Person.
    Martan stellte sich die Frau vor, die manchmal da war, wenn er drüben am anderen Ufer Milch holen ging. Eine dicke Frau mit Löchern im Bart, die eigentlich schon ein bisschen zu fertig war, um noch munter zu sein. Sie hielt an ihrem Leben fest, obwohl sie Wasser in den Beinen hatte und kaum wieder von ihrem Stuhl hochkam, wenn sie erst einmal saß. Ihr ganzer Körper schrie nach Verwurzelung, nach Grünwerden, nach Verholzung. Sie war würdelos. Und sie war die Freundlichkeit in Person. Sie war Martan so fern wie niemand sonst in der Nachbarschaft.
    Möge sie glücklich und zufrieden leben - und wenig Schmerzen leiden.
    Als Nächstes kam die schwierige Person.
    Merkwürdigerweise war das wieder Shevek, nur, dass dieser Shevek ein bisschen kleiner war. Dieser Shevek roch manchmal sehr streng unter seinen schwarzen Folienkleidern. Dieser Shevek hockte da im dritten Stock seiner leeren Halle, als wäre er längst verholzt. Früher einmal war Shevek der Lebendigere, der Frechere von ihnen beiden gewesen. Irgendwann hatte sich das umgedreht. Nun war Shevek derjenige, der nichts wagte, der zögerte, der vielleicht gerade noch wusste, wie - aber nicht, wozu ...
    Martan hätte ihn gern herausgeholt aus diesem Zustand.
    Möge er zufrieden leben - und glücklich werden!
    Martan blinzelte kurz, dann stellte er sich die vier Personen im Kreis um sich herum vor. Den Martan in seiner Lächerlichkeit und Größe. Den großen Shevek, der ihn und seine Musik und seine Verrücktheiten verstand. Die dicke Alte. Den kleinen Shevek, der so verharrte in seiner Lebenstrauer. Sie alle schwebten um ihn herum, und er schwebte in ihrer Mitte.
    Nun versuchte er, für sie alle in gleicher Weise Freundlichkeit und Wohlwollen zu empfinden und dabei niemanden zu bevorzugen oder zu benachteiligen.
    Ihm stiegen Tränen in die Augen. Er blinzelte. Er spürte die Feuchtigkeit auf seinen Wangen.
    Und dann spürte er die lebendigen, liebesbedürftigen Wesen um sich herum. Die Wesen, die er sich vorstellte, und die Wesen, die hier auf der Lichtung waren. Die Milliarden von Kleinstlebewesen im Boden unter ihm. Die Myriaden von Fluglebewesen in der Luft. Die Leute am Lagerfeuer drüben, die Angst hatten und besorgt waren und sich in den Schlaf zu reden versuchten.
    Immer weiter dehnte Martan seine Liebe aus, seine Empfindsamkeit, sein Gespür für andere.
    Mögen alle Wesen glücklich sein!
    Gut. Und jetzt ...
    Mögen alle Wesen singen! Und sie sangen.
    Martan spürte die Wärme von Zerfallsprozessen auf seiner durchlässigen Haut, fühlte sich griesig umfasst in seiner Einzeller-Weichheit.
    Gut. Aber immer ganz unten anfangen.
    Martan spürte die Kühle auf seiner Haut, die herrliche Nässe, die an seinen Schuppen in Schleim überging, spürte die Tiefe um sich herum, den dunklen Raum, in dem andere FischBewusstseine hingen wie trübe Laternen.
    Gut. Und jetzt in den Boden. Oder nein, den Boden überspringen .
    Martan spürte den Wind in seiner Kopf-Ähre, spürte die zähe Fedrigkeit seines Rücken-Stängels, der allmählich hintrocknete zu gelber Spröde.
    So richtete Martan die Blase seiner Wahrnehmung immer weiter nach oben aus, von den Gräsern zu den Insekten zu den Vögeln, formte die Blase zu einer Röhre, einem Trichter, einem Hör-Rohr, das er allmählich zu den Sternen ausrichtete.
    Aber Martan hatte zu wenig Erfahrung mit dem Sternenhorchen. Er hatte seine Sinne nicht genügend geschärft, hatte zu wenig erfahren vom Aufbau des ihn umgebenden Kosmos. Er stellte sich Raumschiffe vor, bemannte Raumschiffe, aber er spürte die Wesen an Bord nicht.
    Und dann, er wusste nicht warum,

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