PR Ara-Toxin 01 - Die Galaktischen Mediziner
zweiten Gruppe gehörte, murmelte halblaut »Wahrscheinlich wollten sie uns im Vorfeld nicht beunruhigen. Daher die Überrumpelung und die ruppige Gangart -damit wir nicht im letzten Moment noch kneifen. Es ist sicher alles zu unserem Besten.«
Das bezweifelte Tiff. Doch er gab keine Antwort, erlaubte sich auch nicht, länger über die enorme menschliche Fähigkeit zur Verharmlosung selbst der schockierendsten Fakten zu staunen. VOR OP STELL DICH TOT, SO GUT DU KANNST!, hatte die Nachricht ge-lautet. Wollte er den Tipp beherzigen, war es an der Zeit, Vorbereitungen zu treffen. Für Aras glaubhaft würde ihm diese Täuschung nicht von einem Augenblick zum anderen g elin gen.
Tja. Wollte er?
Blieb ihm denn eine andere Wahl, als dem Unbekannten zu vertrauen?
Tiff entspannte sich, legte die Unterarme auf die Oberschenkel, tarierte den Schulter- über dem Beckengürtel aus und ließ sein Kinn auf die Brust sinken. »Droschkenkutschersitz« hieß diese Haltung, die schon seit vielen Jahrtausenden zur Meditation verwendet wurde. Er wählte sie, weil sie die in diesem Rahmen unauffälligste war. Bedachtsam, Ebene für Ebene, versenkte er sich in Char'imchar und Char'gonchar, die ersten zwei Stufen der Upanishad. Er würde Techniken aus beiden benötigen, um Physis und Psyche ausreichend perfekt zu kontrollieren. Zudem durfte er die Stressschwelle des Würgehalsbands nicht überschreiten. Dies war eine extrem gefährliche Übung. Senkte er die vegetativen Funktionen bis knapp vor dem Nullpunkt ab, ohne höchste geistige Konzentration zu wahren, konnte allzu leicht aus dem scheinbaren ein echter Exitus werden.
Er hatte keine Sekunde zu früh begonnen. Kaum fühlte er sich mental weidlich gerüstet, kehrten die Assistenzärzte zurück und herrschten die zweite Gruppe an, mit ihnen zu kommen. Tiff ließ die aufgebauten, aufgestauten Kräfte der Upanishad los. Ein Schnalzen jagte durch seinen Körper. Ihm wurde schwarz vor den Augen, und er kippte vornüber.
Seine Wahrnehmung wandelte sich schlagartig. Er sah, hörte, fühlte wie durch dichten Nebel, gleichzeitig aber unerträglich klar, erlebte die Vorgänge in seiner Umgebung erst stark verzögert, dann wieder zeitrafferartig beschleunigt. Kein gutes Zeichen - sein Vorhaben war nicht hundertprozentig geglückt. Ob er damit durchkam..?
»Probleme mit einem der Testsubjekte!«
»Atemstillstand!«
»Herzinsuffizienz!«
Ara-Mediker knieten über ihm. Kleine, kugelförmige Roboter schwebten zur Unterstützung heran, bunt schillernd wie Seifenblasen. Oder Christbaumkugeln. Gläserne Briefbeschwerer, gefüllt mit Wichtelmännchen, rosa Okrylls, Walzer tanzenden Rauchfangkehrern in einem wirbelnden Schneesturm ... Tiff begriff, dass er hallu-zinierte, und kämpfte sich an die Oberfläche der Realität zurück.
Einige Minuten mussten vergangen sein. Man hatte ihn auf die Bank gebettet und unternahm Wiederbelebungsversuche. Da sah er aus den Augenwinkeln, dass eine weitere Person in den Raum geeilt kam. Ihm schien, als kenne er sie. Doch, ja, er hatte sie schon einmal gesehen, am Todeskometen, nachdem Rezzo d'Untrum diesem zum Opfer gefallen war! Nur für wenige Sekunden; aber Tiff hatte sich die Ärztin gemerkt, denn im Unterschied zu den meisten Aras war sie am Kopf nicht kahl. Hauchfeines, sehr helles Blondhaar fiel ihr bis fast auf die Schultern.
»Zhanauta Filgris«, stellte sie sich vor, »Spezialistin für Triage im Stab des Primären Koordinators Ospriuk Osk. Unser Monitorsystem hat den verfrühten Ausfall dieses Tierchens registriert, und ich befand mich zufällig ganz in der Nähe.« Sie war kaum größer als Tiff, gertenschlank für eine Terranerin, für eine Ara hingegen nachgerade untersetzt. Dadurch erschien sie ihm außerordentlich attraktiv. Feine Gesichtszüge, gerade Nase, volle Lippen; rote, unergründliche Glutaugen, in denen er sich verlieren wollte ... Abermals rang er die seinem Ausnahmezustand geschuldete Geistesverwirrung nieder.
»Verschwinde!«, erklang die nasale, keinen Widerspruch duldende Stimme des Mantarheilers. Eine Gasse bildete sich, um ihn durchzulassen. Von unten konnte Tiff die Blutspritzer auf Kreolins hochgeklapptem Glassitvisier sehen.
»Es ist meine Pflicht, die Einsatzfähigkeit der Probanden zu beurteilen.«
»Nicht hier. Wir haben das Tierchen erworben, somit fällt es nicht mehr in deine Zuständigkeit. Entferne dich unverzüglich!«
»Selbstverständlich bist du im Recht, Meister Kreolin. Jedoch ist in der Zuteilung ein
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