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PR Ara-Toxin 01 - Die Galaktischen Mediziner

PR Ara-Toxin 01 - Die Galaktischen Mediziner

Titel: PR Ara-Toxin 01 - Die Galaktischen Mediziner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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abschüssigen Hängen ausreichend Halt verlieh. Mehr beeinträchtigte ihn das ungewohnte Körpergefühl. Die Veränderungen mochten zwar nur leichter, oberflächlicher Natur sein. Doch Julian Tifflor kannte sich nun mal sehr gut, und vor allem schon sehr lange. Dass ihm nicht jeder Quadratzentimeter seiner Haut vertraut war, stellte eine neue, recht unangenehme Erfahrung für ihn dar. Gewiss erging es Perry ähnlich. Aber sie redeten nicht darüber, sondern wanderten wortlos nebeneinander her.
    Zeit verstrich ereignislos. Die Landschaft bot kaum Abwechslung. Jeder Buckel, den sie erklommen, glich dem vorigen. Unermesslich weit dehnte sich die karge Steinwüste; trostlos, eintönig, trist. Gezackte Spalten und jäh aufklaffende Dohnen durchzogen das wellige, zum diesigen Horizont hin leicht ansteigende Gelände. Der bräunliche Dunst, der über allem hing, verstärkte noch den düsteren, lebensfeindlichen Eindruck. Ohne im Gehen innezuhalten, blickte Tiff über die Schulter nach hinten. Obwohl sie inzwischen eine ansehnliche Strecke zurückgelegt hatten, stand die rote, nur schwach auszumachende Sonne immer gleich tief zwischen den von Nebel und Rauch verhangenen Zinnen. In tropischen Gefilden befanden sie sich jedenfalls nicht; eher nahe zu einem der Pole, vergleichbar dem hohen Norden Sibiriens oder Alaskas. Es konnte genauso gut Morgen wie Abend, Mittag wie Mitternacht sein. Kurz, die Aussicht war beim besten Willen nicht heiter zu nennen.
    Als Tiff merkte, dass er trübsinnig zu werden drohte, versetzte er sich mental tiefer in Char'imchar. Diese Grundstufe der Upanishad bedeutete wörtlich »Über das Fleisch hinaus« und erlaubte völlige Kontrolle der vegetativen Körperfunktionen, wobei sich Schmerzunempfindlichkeit mit geschärften Sinnen und gesteigerten Reflexen vereinbaren ließ. Tiff schob Gedanken und Emotionen beiseite, drängte sein Ego in den Hintergrund, fokussierte die Wahrnehmung ganz auf seine unmittelbare Umgebung. Mit einem Mal erkannte er reizvolle Details, wo eben noch fades Einerlei vorgeherrscht hatte: feine Nuancen von Farben und Formen der Gesteine, ehedem verborgene Muster, abstrakte Zeichnungen, regelrechte Skulpturen bizarrer, fossiler Titanen ... Hoppla! Aus Erfahrung wusste Tiff, dass er in diesem Zustand geistiger Entrückung achtgeben musste, nicht völlig in Fantasiewelten abzudriften und den Bezug zur Realität zu verlieren. Im Extremfall hätte er tage-, wenn nicht wochenlang so mechanisch dahin laufen können, bis er vor Erschöpfung tot umfiel, Zellaktivator hin oder her. Seit Jahrhunderten hatte er Char'imchar nur selten praktiziert, erst recht die höheren Stufen der Upanishad-Weihe. Er ließ also Vorsicht walten, und mit der Zeit gelang es ihm, eine vertretbare Balance zwischen Trance und Aufmerksamkeit zu wahren. Dennoch sah Perry das Flugobjekt zuerst.
    »Deckung!«
    Ohne einen Sekundenbruchteil nachzudenken, riss Perry den Freund zu Boden. Tifflor, der zuletzt reichlich weggetreten gewirkt hatte, reagierte prompt. Seine Augen klärten sich. Gemeinsam mit Perry robbte er flink in den Sichtschutz eines Granitblocks.
    Das metallisch glitzernde Ding war etwa drei Kilometer entfernt. Es flog langsam, niedrig, nur rund 50 Meter über Grund, und gab dabei kein Geräusch von sich; oder zumindest keines, das lauter als das Säuseln des Windes und das ferne Grollen der Vulkaneruptionen gewesen wäre. Perry zog das birnenförmige Mehrzweckgerät aus der Brusttasche seines Anzugs und aktivierte die Vergrößerungsfunktion.
    »Ein Gleiter«, flüsterte er. Tiff blieb in Deckung. Es genügte, wenn einer von ihnen hinter dem Felsen hervor linste. »Scheint aus fünf eiförmigen, zueinander beweglichen Gliedern zu bestehen, wie eine fette, stählerne Raupe. Länge über alles geschätzte fünfundvierzig Meter. Glatte, spiegelnde Oberfläche, keine Aufschriften. Ist dir ein solches Modell schon einmal untergekommen?«
    »Nein.«
    »Mir auch nicht.« Noch während Perry sprach, regte sich etwas in einem entlegenen Hinterstübchen seines Bewusstseins. Täuschte er sich?
    »Ähem ... Wieso stehen wir eigentlich nicht auf, klettern auf den höchsten Hügel und fuchteln wie wild mit den Armen?«
    Gute Frage. Dauerhaft konnten sie, auf sich allein gestellt, trotz der Anzüge in dieser elenden Einöde nicht überleben. Ganz abgesehen davon, dass sie sich hier nicht länger als nötig herumtreiben wollten. Sie wurden anderswo gebraucht. Ergo mussten sie so oder so Kontakt zur Zivilisation suchen.

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