PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull
zweieinhalb Jahrtausende, Sir. Bis dahin sind wir über alle Berge.«
Es sollte ein Scherz sein, nur konnte ich nicht darüber lachen.
»Bahnradius?«, wollte ich wissen.
»Perihel knapp unter Merkurbahn, Aphel etwa Venus entsprechend.«
So konnte man es auch formulieren. Jedenfalls wußte ich Bescheid, daß die Umlaufbahn einer langgestreckten Ellipse entsprach. Ein sonderlich gemütlicher Ort war dieses System nicht.
Die Automatik verstärkte die Paratrons in Flugrichtung.
»Was sagt der Funk?«
»Nichts, Sir!«
»Auf welchen Frequenzen stört die Sonne?«
Ein Schaubild, eigentlich ein Sammelsurium von Linien, Markierungen und wechselnden Amplituden, entstand auf meiner Konsole. Bis auf lausige zwei Prozent Bandbreite überlagerte der Pulsar sämtliche Hyperfrequenzen.
»Dranbleiben!«, befahl ich ungeduldig. »Mit allem, was wir haben.«
Mindestens ein Dutzend mal hatte ich mir Hannahs verstümmelten Notruf angehört — das heißt, ich nahm an, daß Hannah damit zu tun hatte. Vermutungen und Hoffnungen waren das. Daneben versuchte ich, mir wirklich über meine Gefühle klarzuwerden, doch blieb ich jedesmal schon im Ansatz stecken. Als sträubte sich etwas in mir, meine längst beendete Beziehung zu Major Hannah Angel zu hinterfragen. War es mein Starrsinn, der mich nicht wahrhaben ließ, daß ich mich in den eigenen Fallstricken verhedderte? Der eiserne Junggeselle Reginald Bull, dem Freunde nachsagten, er lasse so gut wie nichts anbrennen, schwitzte und fror gleichzeitig, sobald seine Gedanken sich mit der ehemaligen Explorer-Kommandantin beschäftigten.
Normal war das nicht. — Ich wußte es ... ich spürte es ... aber dennoch ignorierte ich die warnende Stimme meiner Erfahrung.
»Sir!« Eine rauhe Stimme schreckte mich aus den Überlegungen auf. »Der Planet ist die Hölle. Er umläuft den Pulsar auf Hohe der Strahlungsekliptik.«
Ich nickte, zögerte, registrierte mein eigenes ungläubiges Stöhnen. Wissen, das ich schon aus den ersten Hypnoschulungen des Arkoniden Crest bezogen hatte, drängte sich in den Vordergrund.
Die überaus starken Magnetfelder eines Neutronensterns sind ursächlich für eine Synchrotronstrahlung, deren Bandbreite vom sichtbaren Spektralbereich bis hin zu Radiowellen reicht. Und genau diese Strahlung wird nicht rundum emittiert, sondern ausschließlich in eine Richtung, in die die abgegebenen Elektronen auf relativistische Geschwindigkeit beschleunigt werden. Zudem ist sie polarisiert.
Anders ausgedrückt: Die gebündelte Strahlung eines rotierenden Neutronensterns kreist wie der Lichtstrahl eines Leuchtturms.
Und genau dieser Strahl streifte den Planeten. Siebenundzwanzigmal in der Sekunde. Für Menschen eine tödlich harte Strahlung; obwohl es Organismen geben mochte, die unter diesen Bedingungen erst zu leben begannen.
Die starken Schirmfelder des Experimentalschiffes EX-9933 verschlangen enorme Energiemengen. Nur noch dreieinhalb Millionen Kilometer trennten uns von der Höllenwelt, der ich in der Tat den Namen Devil's Hell gegeben hatte, aber schon war abzusehen, wann Konverter und Speicherbänke das letzte Quant verlieren wurden.
28:14:36 Stunden.
Grell leuchtend war die Zeitangabe auf dem Hauptbildschirm eingeblendet. Danach, mit wenigen Minuten Reserve, wurde der HÜ-Schirm zusammenbrechen. Die Hochrechnungen für das Paratronfeld sahen nicht sehr viel besser aus; knapp neunundzwanzig Stunden blieben uns, um Devil's Hell anzufliegen, die Schiffbrüchigen zu finden, sie an Bord zu nehmen und mit höchster Beschleunigung die unwirtliche Region wieder zu verlassen.
Die Explorer-Besatzung war ein eingespieltes Team. Knappe Befehle, präzise Handlungen; jeder schien die Gedanken des anderen schon im voraus zu kennen. Ich hatte Schiffe kennengelernt, da war das zwar nicht grundlegend anders, doch fehlte dort der innere Zusammenhalt, der Wissenschaftler und Raumfahrer der Explorerflotte zusammenschweißte.
Devil's Hell erschien auf den Schirmen als matt schimmernde Kugel, ein öder Erzklumpen im All, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Fast gleichzeitig wurde die Auswertung des Ortungsbildes projiziert. Sogar die Rechenkapazität der Hauptpositronik reichte nicht aus, Unscharfen und Verzerrungen sofort zu eliminieren. Die dreidimensionale Wiedergabe stabilisierte sich nur zögernd.
Währenddessen raste die EX-9933 immer noch mit drei Vierteln der Lichtgeschwindigkeit dem Ziel entgegen. Das Bremsmanöver hatte begonnen.
Im Funkempfang prasselte ein Stakkato
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