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PR NEO 0036 – Der Stolz des Imperiums

PR NEO 0036 – Der Stolz des Imperiums

Titel: PR NEO 0036 – Der Stolz des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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die leeren Helme der Dummys sah ich den Korridor. Rote Markierungen flammten in meinem Helmdisplay auf, bezeichneten Punkte an den Wänden. Unsere Belagerer. Nach wie vor fünf. Sie hatten keine Verstärkung bekommen. Die entflohenen Menschen mussten die Besatzung beschäftigen.
    Die Dummys zogen los, fächerten zu einem schützenden Dreieck aus, als sie die Kammer hinter sich ließen.
    »Los!«
    Ich raste den Kopflosen hinterher, Manoli im virtuellen Schlepptau.
    Die Soldaten eröffneten das Feuer. Im nächsten Moment detonierten die überlasteten Schirmgeneratoren der beiden vorderen Dummys – wie geplant.
    Eine Hitze- und Druckwelle, gespickt mit Splittern, raste durch den Korridor. Nicht in unsere Richtung, dank meiner Programmierung. Der Energieschirm der Dummys hatte gerade noch den Bruchteil einer Sekunde gehalten, um mich und Manoli zu schützen.
    Zwei der fünf roten Markierungen auf dem Helmdisplay erloschen. Zwei der Gegner waren kampfunfähig oder tot. Die verbliebenen nahmen den dritten Dummy unter Feuer. Er explodierte – aber nicht wie geplant.
    Mit einem schrillen Heulen fuhr der Schirmgenerator meines Anzugs auf Überlast. Er stand in erbitterter Konkurrenz um die verfügbare Energie zu dem Flugaggregat, das verhindern sollte, dass ich von der Druckwelle gegen die Wand gefegt und zerschmettert wurde.
    Die Auslastung sprang auf über einhundertfünfzig Prozent. Mein Schirm verfärbte sich, warf Blasen. Die Luft, die innerhalb des Schirms gefangen war, begann zu kochen, heizte den Anzug auf. Noch wenige Momente, und ...
    Die Hitze sank, nachdem die Druckwelle mich passiert hatte.
    »Schirmauslastung einhundertvier Prozent, sinkend!«, meldete die Positronik. Gleichzeitig flammte eine Warnmeldung im Helmdisplay auf. »Kopplung unterbrochen! Wiederherstellung unmöglich!«
    Manoli! Ich wirbelte herum. Der Arzt war auf die Knie gesunken. Mit der linken Hand schlug er auf den rechten Oberarm ein. Aus dem Ärmel schlugen Flammen. Sein Schirm war erloschen.
    Weiter!, brüllte mein Gedankenbruder. Weg von hier! Oder willst du sterben?
    Ich kann ihn nicht zurücklassen!
    Du musst es! Sonst ...
    Die glühenden Bahnen dreier Strahler trafen sich auf meiner Brust. Ich riss den Strahler hoch und drückte ab, ohne zu zielen. Das Feuer hielt an.
    Punktbeschuss! Du musst weg!
    Meine alten Soldatenreflexe übernahmen. Ein Soldat tat alles für seine Kameraden, aber ein Soldat opferte sich nie sinnlos. Manoli war verloren. Ich musste weg.
    »Flucht!«, befahl ich der Anzugpositronik. Das Flugaggregat heulte auf. Doch es war zu spät. Die Verstärkung, die ich gefürchtet hatte, war eingetroffen. Durch das Gleißen erkannte ich vor mir im Korridor die Umrisse zweier Soldaten, die ein kleines Geschütz in Stellung brachten.
    Sie feuerten.
    Blendend grelles Weiß. Mit einem Knall platzte, was von meinem Schutzschirm geblieben war. Ich wurde von den Beinen gerissen, rammte gegen die Korridorwand. Ein stechender Schmerz bohrte sich in meine Schulter, raste die Wirbelsäule hinunter. Ich verlor das Gefühl im rechten Arm. Mein Magen nutzte die Gelegenheit, mit Krämpfen gegen den Fremdkörper zu protestieren, den ich verschluckt hatte.
    Ich sackte zu Boden. Magensäure brannte in meiner Kehle, ihr beißender Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. Ich zwang mich, ruhig zu atmen.
    Nicht weit von mir lag einer der Soldaten, die uns belagert hatten. Seine Glieder waren verdreht. Er rührte sich nicht.
    Aus dem Augenwinkel nahm ich Bewegung wahr. Die beiden Männer, die das Geschütz abgefeuert hatten, rannten auf mich zu. Ich riss den Arm hoch, um auf sie zu schießen. Der Schmerz ließ mich aufschreien, aber das Glied gehorchte. Der Arm kam hoch. Es nützte nichts. Meine Hand war leer. Ich hatte die Waffe verloren.
    Der vordere der beiden Männer erreichte mich – und rannte an mir vorbei. Er trug keinen Kampfanzug, sondern einen schmutzigen Overall. Er hatte rote Haare, und er war stämmig.
    Ein Mensch!, jubelte mein Gedankenbruder. Einer der geflüchteten Menschen!
    Der zweite Mann hielt vor mir an, ging in die Knie und beugte sich über mich.
    »Atlan da Gonozal? Sind Sie verletzt?«
    Er wusste meinen Namen! Verblüfft musterte ich ihn. Ich blickte in wache graublaue Augen. Sein Gesicht war schmal. Entschlossenheit stand darin, aber auch Mitgefühl. Am linken Nasenflügel zeichnete sich eine kleine Narbe ab.
    Ich spürte eine Vertrautheit in mir aufsteigen, die widersinnig war. Als würde ich diesen Menschen kennen.

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