PR NEO 0042 – Welt aus Seide
Hand des Regenten eigentlich dankbar dafür sein, dass sich die Zeiten geändert hatten. Allerdings kamen die Motive da Teffrons Quetain Oktor äußerst fragwürdig vor. Fast schien es, als hätte er Bahroff allein deshalb zu seinem Gehilfen gemacht, um die alten Eliten des Imperiums damit zu brüskieren.
Ist es das vielleicht, was er mit »dienen« meinte?, fragte er sich mit Blick auf Bahroff.
Wenn ja, dann hatte es dem kleinen Mann nicht bekommen: Seine Haut war fleckig und grau, sein Gesicht aufgeschwemmt. Oktor fragte sich, ob Stiqs Bahroff krank war. Vielleicht lag es aber auch nur an der schlechten Verbindung.
Da Teffron wandte das Ohr zu Bahroff, und die beiden tuschelten kurz. Dann trat Bahroff wieder aus dem Erfassungsbereich, und da Teffron vollführte eine Geste, die eine Einspielung aktivierte.
Quetain Oktor zuckte zusammen, denn im nächsten Moment schwebte statt der Hand des Regenten der Erzfürst Vidaarm vor ihm im Raum, näher, als er ihn jemals gesehen hatte oder hatte sehen wollen: dürr, bleich, knochig, die Augen ausdruckslos wie Glas, das erste Armpaar erhoben, das zweite vor seiner eingefallenen, seidenumsponnenen Brust – und in der Mitte der eiförmige Umriss des Zepters.
»Erklären Sie mir das!«, forderte da Teffron.
Oktor neigte sich zu Kaprisi, die noch immer den Kopf gesenkt hielt und nur unmerklich auf die veränderte Situation reagierte. Wüsste Oktor es nicht besser, hätte er gedacht, sie schaute schuldbewusst drein.
Sie hat ihre Aufzeichnung der Audienz ins Datennetz des Turms eingespielt!, begriff Oktor. Von dort gingen die Daten zur Garnison, und die hat sich routinemäßig per Hyperfunk mit dem Sektorenkommando synchronisiert, und von dort ...
»Sie interessieren sich für den Verlauf der Audienz?«, fragte er unschuldig, denn zu diesem Zeitpunkt war wahrscheinlich schon relativ egal, was Sergh da Teffron von ihm hielt.
Nicht ganz, korrigierte er sich überrascht – eigentlich war ihm es egal, was die Hand des Regenten von ihm hielt. Er durfte ihm nur keinen Strick daraus drehen.
»Was mich interessiert oder nicht, ist keine Frage, die Sie angeht!«, gellte da Teffrons Stimme durch den Raum, während das Abbild Vidaarms ihn unverändert anglotzte.
Er muss bereits auf der Suche nach etwas gewesen sein, sonst wäre er nicht so schnell auf die Aufzeichnung gestoßen, kombinierte Oktor mit einem Hauch von Genugtuung. Und ich habe ihn dabei ertappt. Kaprisi musste eine seiner Suchroutinen aufgeschreckt haben, als sie die Daten ins interne Netz hochlud.
Die Frage war, wonach genau suchte die Hand des Regenten?
»Ich habe den Erzfürsten aufgesucht, weil ich hoffte, die Studien meines Vorgängers erfolgreich zu Ende zu führen«, log Oktor und staunte über sich selbst. »Sicher sind Sie über die bemerkenswerten Eigenschaften der mannigfaltigen trebolanischen Seidenarten und die Schwierigkeiten, sie zu reproduzieren, im Bilde.«
Er war froh, dass es nur das Bild des Erzfürsten war, das er anlügen musste. Er hoffte, da Teffron las nicht die internen Sensoren des Turms aus – dann wüsste er im Handumdrehen über jede noch so kleine Änderung seines Blutdrucks und Herzschlags Bescheid. Zwar hatte Oktor ein paar spezielle Sicherheitsvorkehrungen in den Systemen seines Quartiers implementiert, aber möglich wäre es wohl.
»Ihre Seide können Sie behalten«, blaffte da Teffron ihn an, und das Hologramm Vidaarms schien einen Satz in seine Richtung zu machen. In Wahrheit hatte da Teffron es nur vergrößert, aber Quetain Oktor trat trotzdem einen Schritt zurück. Die trockene, eingesponnene Brust des Erzfürsten schwebte nun in all ihrer chitingepanzerten Hässlichkeit vor ihm.
»Ich will das Ding, das er auf seiner Brust trägt.«
»Das Zepter?«, fragte Oktor überrascht. Dann schalt er sich einen Narren. Hatte er im Ernst geglaubt, er wäre der Einzige, der sich für das legendäre Artefakt interessierte? So muss es sich anfühlen, einen Extrasinn zu haben ...
Quetain Oktor schüttelte müde den Kopf. Wieso ausgerechnet jetzt?
Vidaarm verschwand, und Sergh da Teffron stand wieder vor ihm im Raum. Der Blick seiner kleinen lauernden Augen war unangenehm. »Ich will es haben«, wiederholte er.
»Das geht nicht!«, platzte es aus Oktor heraus. Da hob Kaprisi endlich den Kopf und schaute ihn fassungslos an.
»Bedenken Sie die Konsequenzen«, beeilte sich der Fürsorger zu erklären. »Das Zepter Vidaarms ist den Trebolanern heilig – seit achthundert Jahren schon.
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