Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR NEO 0045 – Mutanten in Not

PR NEO 0045 – Mutanten in Not

Titel: PR NEO 0045 – Mutanten in Not Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
Vom Netzwerk:
geschützt war.
    Aber ein unsichtbarer Freund verschaffte eben doch entscheidende Vorteile ... Dass die Security-Dame Lekoche auf dem Monitor, aber nicht mit freiem Auge sah, trug eher noch zur Verwirrung bei. Und der Junge war schnell, ein schwarzer Blitz, und seine Schlagkraft nicht zu verachten.
    Nachdem Caroline sich vergewissert hatte, dass die bewusstlose Wächterin außer einem Brummschädel keine Schäden davontragen würde, zog sie ihr die Uniform aus, schleppte sie mit Lekoches Hilfe in einen Abstellraum und sperrte sie dort ein. Offenbar war sie Bodybuilderin; Hose und Bluse des privaten Sicherheitsdienstes waren Caroline um mehr als ein paar Nummern zu weit. Egal, auf den Stadionrängen würden sich alle aufs Spielgeschehen konzentrieren, und die ID-Karte am Revers verhieß Zutritt zu sämtlichen Bereichen.
    Die Waffe im Gürtelholster war eine alte Bekannte: SIG-Sauer-Pistolen Kaliber 9 Millimeter Parabellum hatten lange zur Standardausstattung der deutschen Landespolizei gehört. Caroline überprüfte Magazin und Abzugsmechanik. Das gute Stück hätte eine regelmäßigere Wartung verdient gehabt, schien aber funktionstüchtig.
    »Wirst du ihn erschießen?«, fragte Lekoche.
    »Falls nötig, ja.« Mit der Schwärze, in die Noir sie bei ihrer ersten Begegnung entrückt hatte, wollte Caroline auf keinen Fall nochmals Bekanntschaft machen.
     
    Knapp vor der Halbzeit, nach 39 Minuten, stand es fünfzehn zu neun. Den Naats war ein weiterer Try gelungen, für die Menschen hatte Robson einen Penalty sowie noch einen Dropkick zwischen die Stangen gebracht.
    Haggard staunte nicht schlecht, als Caroline in der Betreuerzone auftauchte und sich neben ihn auf die Bank setzte. »Das ist ja eine Überraschung! Hey, coole Idee, bei der Sicherheitsfirma anzuheuern, um dem Spiel beiwohnen zu können.«
    »Ganz so verhält es sich nicht. Ich war gezwungen zu improvisieren und hoffe sehr, dass Adams die daraus resultierenden diplomatischen Verwicklungen pegeln kann. – Frank, ich befürchte, Coach McGrady befindet sich in großer Gefahr.«
    »Ja, die Naats richten unsere Jungs ziemlich her. Aber wir haben noch ein paar Tricks im Ärmel.«
    Der Hauptschiedsrichter pfiff zur Pause. Auf den Tribünen begannen 85.000 heimliche Teamchefs, die optimale Taktik für die zweite Hälfte zu entwerfen. Mindestens zweihundert Dudelsackspieler marschierten aufs Feld und intonierten, grauenhaft quäkend, »Mull Of Kintyre«, was Paul McCartneys tantiemenberechtigte Erben gewiss freute.
    »Nein, ich meine ...«
    »Bitte entschuldige, Caroline.« Haggard stand auf. »Ich habe der BBC ein Kurzinterview versprochen, und danach muss ich zur Besprechung in die Mannschaftskabine.«
    Sie sah ein, dass er vollkommen von seinen Pflichten als Kotrainer absorbiert war. Vor Spielende würde sie mit ihm kein vernünftiges Wort über Themen abseits von Rugby reden können. Außerdem hatte sie nicht den geringsten Beweis dafür, dass Noir der schottischen Trainerlegende nach dem Leben trachtete.
    Noir. Wo bist du?
    Noch vor Kurzem hätte sie ihn dank ihrer Paragabe fast auf den Meter genau orten können. Aber sie spürte nichts. Ihr Talent war wie tot.
     
    Die zweite Halbzeit begann spektakulär.
    Nach nur drei Minuten kickte der rechte Flügel der Naats von der Mittellinie den Ball bis wenige Meter vor das Tor der Menschen. Deren Nummer zehn nahm ihn auf, stolperte fast, rannte weiter nach hinten und drehte dann abrupt um. Mehrere Naats stürmten, teilweise auf allen vieren, auf ihn zu. Das gesamte Stadion hielt den Atem an, mit Ausnahme der Naats im Gästesektor, die etwas wie Donnergrollen von sich gaben. Wenn ihre Leute den einsamen, letzten Mann der Weltauswahl erwischten, waren ihnen weitere fünf Punkte so gut wie sicher.
    Aber der Zehner, Benoit Philippe, den McGrady zur Pause eingewechselt hatte, bewies geradezu überirdischen Mut. In einer Situation, in der wahrscheinlich jeder der Zuschauer sich in die Hosen gemacht hätte, lief er den anstürmenden Riesen entgegen, düpierte per Körpertäuschung den ersten, dann den zweiten, den dritten ... Nicht weniger als vier ließ er aussteigen, bevor er das Ei seitlich weiterpasste.
    Von da an ging es so schnell, dass noch Wochen später die Zeitlupenaufnahmen im Netz alle Rekorde brechen würden. Durch vier Paare von Händen wanderte der Ball. Der Fünfer, ein maoristämmiger Bulle, überstand ein fliegendes Tackling, das weniger stiernackigen Personen die Wirbelsäule in Stücke gerissen hätte.

Weitere Kostenlose Bücher