PR NEO 0049 – Artekhs vergessene Kinder
die Oberfläche gespült zu werden. Aber das geschah nicht. Allmählich ging ihm die Luft aus. Der Überlebensinstinkt übernahm die Kontrolle. Rhodan strampelte, versuchte, der Strömung zu entkommen, endlich wieder zu atmen. Aber um ihn herum war nur Wasser.
Sterne platzten vor seinen Augen auf. Zeichen des Sauerstoffmangels.
Hoch! Er musste nach oben!
Aber er hatte der Gewalt des Stroms nichts entgegenzusetzen.
Er widerstand, solange er konnte, verwehrte sich dem Wunsch, den Mund aufzureißen und zu atmen.
Dann ging es nicht mehr. Er öffnete die Lippen – und herrlich frische Luft strömte ihm in die Lungen. Für ein paar Sekunden genoss er es, einfach zu atmen, doch als er sich das nächste Mal umsah, wurde ihm klar, dass sich seine Lage kaum verbessert hatte. Noch immer spülten ihn Unmengen von Wasser durch einen unterirdischen Kanal, dessen Ende nicht abzusehen war. Wie lange konnte er, wie lange konnten seine Freunde diesen mörderischen Ritt überstehen?
Etwas Leuchtendes schwebte über dem Fluss, unter der Decke. Ballons? Dünne Fäden hingen von ihnen herab, die an die Nesselfäden von Quallen erinnerten. Diese ... Tiere? Pflanzen? Worum auch immer es sich handelte, diese Dinger sorgten für das Licht im Tunnel.
Erneut zog ein Wirbel ihn nach unten und spuckte ihn kurz darauf wieder aus. Der Fluss vollzog eine Biegung nach links – und trug Rhodan in ein weit geöffnetes Tal.
Vor ihm gabelte sich der Strom. Die Landmasse zwischen den Flussarmen bestand aus einem gigantischen zerklüfteten Felsmassiv, aber an den Außenufern erstreckte sich ein Land voller Wunder.
Es war Rhodan nicht vergönnt, viel zu erkennen. Aber das bisschen reichte aus, ihn zu erstaunen. Dichte Vegetation, Vögel, die in der Höhe ihre Kreise zogen, ein Geflecht aus Hängebrücken, das sich zwischen Bäumen spannte.
Kurz vor der Flussgabelung überbrückte ein merkwürdiges Konstrukt den Wasserlauf. Ein Steg, der aussah, als habe man ihn aus Schrott, Kunststoff und Pflanzenfasern zusammengesetzt. Er wirkte alles andere als vertrauenerweckend. Dennoch tummelten sich etliche Personen darauf.
»Hül...pfe!«, schrie Rhodan. Er schluckte Wasser, musste husten.
Die Leute auf der Brücke blickten in seine Richtung, deuteten auf die Gruppe aus menschlichem Treibgut und brüllten einander an. Allerdings machten sie keine Anstalten, den Schiffbrüchigen zu Hilfe zu kommen.
Wie Rhodan kurz darauf feststellte, war das auch nicht nötig.
Der Fluss spülte ihn unter der Brücke hindurch, und mit einem Mal endete die unfreiwillige Reise. Einige Sekunden des Orientierens vergingen, bis er merkte, wohin das Wasser ihn getragen hatte: in ein Gitter. Er fühlte glitschiges Holz unter den Fingern, wollte daran in die Höhe klettern, rutschte ab, versuchte es erneut, rutschte wieder ab und gab auf.
Er ließ zu, dass die Strömung ihn gegen das Gitter drückte, bemühte sich allerdings, den Kopf über Wasser zu halten. Soweit die Gewalten des Flusses es gestatteten, schaute er sich um. Erleichterung überkam ihn, als er seine Gefährten entdeckte, die es ebenfalls hierher – was war das? Eine Reuse? – gespült hatte. Auch sie klammerten sich an das Gitter, waren mit den Kräften am Ende, aber wenigstens lebten sie. Vor allem Ellert machte den Eindruck, als sei er dem Ertrinken nur um Haaresbreite entronnen.
Rhodan sah nach oben. Auf die Brücke, wo die Leute sie noch immer ignorierten.
Sie erinnerten ihn an Arkoniden und doch wieder nicht. Die Glupschaugen, die bleiche Haut, auf der sich ein Netz aus dunklen Linien abzeichnete, die Kleidung, die zum größten Teil aus Pflanzenfasern, Federn und rohem Leder bestand, soweit er das aus der Distanz beurteilen konnte – all das machte auf ihn den Eindruck, als hielten sich die wahren Schiffbrüchigen auf und nicht unter der Brücke auf.
Chergosts Antwort auf die Frage, was sich flussabwärts befand, ging ihm durch den Sinn. Artekhs Vergangenheit.
Eine weitere Welle brach über ihn herein, drückte ihn gegen das Gitter und spülte den Gedanken weg.
Als er wieder etwas sehen konnte, ging einer der Arkonidenähnlichen zu einem großen Rad. Ein anderer schrie Worte, die Rhodan nicht verstand, lief auf den Ersten zu und rammte ihm einen angespitzten Pfahl in den Bauch.
Da erst begriff Rhodan, dass es sich offenbar um zwei verfeindete Gruppen handelte.
Und wieder drückte eine Welle ihn unter Wasser. Nur mit Mühe kämpfte er sich an dem Gitter so weit hoch, dass er Luft bekam. Er wusste
Weitere Kostenlose Bücher