PR NEO 0050 – Rhodans Weg
des Kontrollturms ragte. Das Space Center war ein Potemkinsches Dorf, eine Fassade. Frühestens in zwei oder drei Jahren würde der erste Start anstehen.
Das Gedränge wurde zu einer Wand.
»Verdammt!«, zischte Pounder, der es nicht ausstehen konnte, wenn man ihm den Weg verstellte. »Was ist hier los?«
»Versteigerung von NASA-Memorabilien«, antwortete Whitman.
»Wieso weiß ich davon nichts?«
»Der Gedanke kam mir erst im letzten Moment. Ist Kram, der am Cape lagerte und von dem keiner wusste, was man damit anfangen soll. Wir versteigern ihn für einen guten Zweck, Stipendien für die Astronauten von morgen.«
»Nicht übel, Whitman.« Es war das größte Kompliment, das man von dem Knochen erwarten konnte. »Aber hier kommen wir nicht weiter. Kommen Sie!«
Pounder drehte um und bahnte ihnen einen Weg zurück zu Gebäude IV. Er kletterte über eine Absperrung, half Whitman, das Hindernis zu überwinden. Ein Wachmann wollte sie zurückweisen, aber als er den Knochen erkannte, wurde er blass, zwang sich zu einem Lächeln und wünschte ihnen einen guten Tag.
Pounder und Whitman betraten Gebäude IV durch einen Seiteneingang. Es war im Grunde eine große, hangarähnliche Halle, über deren Fläche ein Dutzend Simulatoren verteilt waren. Besucher umringten die Geräte, doch zwischen den Menschentrauben war genug Platz für ein Fortkommen.
»Der Vizepräsident fragt, wo Sie bleiben«, sagte Whitman, zwei Finger gegen den Knopf in ihrem Ohr gedrückt, ohne den Pounder sie noch nie gesehen hatte.
»Er hat es eilig?«
»Der Vizepräsident hat einen engen Terminplan, Sir. Er muss weiter.«
»Tatsächlich?«
Pounder konnte den Vizepräsidenten nicht ausstehen. Vor fünf Jahren war er der Senator gewesen, der um ein Haar die Mittelfreigabe für Nevada Fields gekippt hatte. Er hatte erst eingelenkt, als man einen lukrativen Regierungsauftrag in seinen Wahlkreis umgeleitet hatte.
Sie passierten eine der Unterdruckkammern; ein rot lackierter, stählerner Zylinder mit einer Reihe von Bullaugen. Mehrere Displays waren über der Kammer aufgehängt, zeigten Bilder vom Inneren der Kammer.
Ein halbes Dutzend Besucher unterzogen sich dort gerade einem Höhentraining, wie es üblicherweise Piloten absolvierten.
Pounder hielt an. Später hätte er nicht zu sagen vermocht, wieso er angehalten hatte. Der Gedanke, den Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten warten zu lassen, hatte ihm jedenfalls diebische Freude bereitet.
»Sir!«, protestierte Whitman. »Der Vizepräsident ...«
»Richten Sie ihm aus, er solle sich noch ein paar Minuten gedulden. Ich habe zu tun.«
Pounder wandte sich ab, ohne ihre Proteste zu beachten.
Der Ingenieur ruckte herum, als Lesly Pounder den Leitstand betrat.
»Bleiben Sie sitzen«, beschied ihm der Flight Director. »Ich will nur zuschauen.« Und fügte dann hinzu: »Und sparen Sie sich dieses dämliche Grinsen! Wir sind unter uns.«
Die Mundwinkel des Ingenieurs, eines leicht aus der Fassung geratenen Mittvierzigers, sanken nach unten, als hätte Pounder die Muskelstränge gekappt, die sie hielten.
Ein rechteckiges Fenster gab den Blick in das Innere der Kammer frei. Links und rechts säumten Bänke die Wände. Bis zu zwanzig Personen fanden hier Platz, doch an diesem Tag befanden sich nur acht Menschen in der Kammer. Zwei Spezialisten der NASA und sechs Besucher – handverlesen. Drei junge Männer und Frauen, keiner von ihnen älter als Mitte zwanzig. Zu jung, um für die Astronautenausbildung infrage zu kommen, aber aus dem Holz, aus dem Raumfahrer geschnitzt waren.
»Wir haben eine Höhe von 28.000 Fuß erreicht«, sagte der Leitende Ingenieur.
Wenn die Probanden auf seine Worte reagierten, war es nicht zu sehen. Die Atemmasken, die sie seit dreißig Minuten mit reinem Sauerstoff versorgten, um den Stickstoffgehalt in ihrem Blut zu senken, verdeckten die Gesichter bis auf Augen und Stirn.
»Ich werde Sie gleich bitten, die Atemmasken abzunehmen. Sie werden sich in einer simulierten Höhe wiederfinden, in der der Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Dieses Phänomen bezeichnet man in der Medizin als ›Hypoxie‹. Seine Symptome sind vielfältig und individuell verschieden.«
Unter dem Fenster zog sich eine Reihe von Displays hin. Sie zeigten jeweils den Namen des Probanden, sein Gesicht in Großaufnahme und den Fragebogen an, den der Proband in der vergangenen halben Stunde auf dem Tablet ausgefüllt hatte, das auf das Podest vor ihm geklemmt
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