PR NEO 0052 – Eine Handvoll Ewigkeit
Rhodan zurück.
»Jeder andere an deiner Stelle hätte zugesehen und Beifall gespendet«, entgegnete Veram. Als Rhodan widersprechen wollte, hob die Missk zwei ihrer sechs dünnen Ärmchen. »Ich danke dir für deinen Mut, auch wenn Shy den Tod verdient gehabt hätte.«
»Wie kannst du so etwas sagen? Er ist noch ein Kind. Und davon abgesehen hat niemand den Tod verdient.«
»Warum sterben wir dann?«
»Ich ... ich bin nicht sicher, ob ich deine Frage verstehe.«
»Du sagst, dass niemand den Tod verdient«, antwortete Veram. »Trotzdem müssen wir alle sterben. Wer ist deiner Meinung nach für diese furchtbare Ungerechtigkeit verantwortlich?«
»Auf meiner Heimatwelt glauben viele, dass der Tod nicht das Ende, sondern nur ein Übergang ist«, antwortete Rhodan. »Sie glauben, dass nur der Körper verfällt, die Seele dagegen, also das, was jeden von uns unverwechselbar und einzigartig macht, unsterblich ist.«
»Und glaubst du das auch?«
Rhodan dachte einen Augenblick nach. »Ich würde es gerne glauben«, sagte er dann. »Allerdings macht einem die Wirklichkeit das oft sehr schwer.«
»Eine kluge Antwort«, urteilte die alte Missk. »Warum bist du hier? Üblicherweise will niemand aus den oberen Sphären sehen, wie wir hier unten leben.«
»Ich hatte von der Existenz der Missk bislang keine Ahnung«, antwortete Rhodan. »Ich muss den Raumhafen erreichen. Dort warten meine Freunde auf mich. Wir müssen ... wir wollen Artekh 17 so schnell, wie es geht, verlassen.«
»Hm.« Veram brummte erneut und holte tief Luft. Irgendwo in den Tiefen ihres Körpers zischte und blubberte es. »Möglicherweise können wir dir helfen«, sagte sie. »Der für uns zugängliche Teil des alten Versorgungssystems führt bis ins Stadtzentrum. Von da an bist du auf dich allein gestellt. Seit der Rede des Regenten befindet sich Ghewanal in Aufruhr. Es sollte also möglich sein, sich unerkannt fortzubewegen.«
»Das hört sich großartig an.«
»Jetzt bist du aber sicher erst einmal müde und hungrig«, fuhr Veram fort. »Ich habe bereits Anweisung gegeben, dir ein Lager herzurichten und eine Mahlzeit zuzubereiten. Wenn du einverstanden bist, kannst du hier bei mir essen, während ich dir ein wenig von uns Missk erzähle.«
»Das hört sich wunderbar an«, stimmte Rhodan zu.
»Gut. Dann sehen wir uns in einer Stunde wieder«, zeigte sich die alte Missk zufrieden. »Shy, du kümmerst dich um unseren Gast und sorgst dafür, dass er alles bekommt, was er braucht! Über deinen unerlaubten Ausflug in die Stadt reden wir später.«
»Jawohl, Veram«, gab Shy artig zurück. Er wirkte gar nicht zerknirscht, sondern packte Rhodan mit zwei seiner Hände am Arm und zog ihn in Richtung Ausgang. Dort erwarteten ihn bereits die anderen Kinder, die geduldig ausgeharrt hatten und nun in offensichtlicher Vorfreude aufgeregt herumzappelten.
»Du hast sicher Durst, Freund Perry!«, rief Shy so laut, dass man es wahrscheinlich noch in der Halle hören konnte, durch die sie das Reich der Missk betreten hatten.
»Allerdings.« Rhodan lächelte. »Für einen Schluck Wasser wäre ich dir sehr dankbar, Freund Shy.«
Der Missk lachte ausgelassen, schlug einen Purzelbaum. Die anderen Kinder nahmen die Szene mit schief gelegten Köpfen zur Kenntnis.
»Und es wäre schön, wenn uns deine Brüder und Schwestern begleiten könnten«, fügte Rhodan hinzu. »Ich würde euch alle gern näher kennenlernen.«
Die versammelten Missk brachen in Jubel aus. Sie umarmten sich gegenseitig, schwatzten wild durcheinander und wollten sich gar nicht mehr beruhigen.
Shy und die anderen Kinder hatten ihn durch eine weitere Maschinenhalle in einen Bereich geführt, in dem zwei Dutzend Missk an einer Reihe von riesigen Kesseln arbeiteten, deren dampfender Inhalt einen verlockenden Geruch verströmte. Sofort meldete sich Rhodans Magen wieder.
»Das ist unsere Küche«, erläuterte Shy stolz, dabei eifersüchtig darauf achtend, dass sich keiner seiner Begleiter nach vorn drängelte und zu nahe an seinen Gast herankam. »Hier kochen wir alles, was wir von den Arkoniden bekommen – und das, was wir sonst noch finden.«
»Aber es reicht nicht aus, oder?«, fragte Rhodan in Erinnerung an eine ihrer ersten Unterhaltungen.
»In den letzten Monaten hat man uns mehr gegeben«, antwortete der kleine Missk. »Wosnik sagt, dass wir vielleicht sogar bald die Rationierung aufheben können. Deshalb wollte ich doch mit dem Regenten sprechen. Wir wollen nichts geschenkt haben.
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