PR NEO 0055 – Planet der Stürme
»Ich habe durch ein Transitionsunglück auf dem Sprung nach Kira Ariela überraschend zugenommen, und nun passt mir kein einziges Kleidungsstück mehr. Die Bordroboter sind gerade dabei, den Galaanzug mit Stoffkeilen zu erweitern. Solche Unfälle passieren immer wieder. Transitionen bleiben eben ein unberechenbarer Faktor innerhalb der Gewichtsveränderung auf interstellaren Reisen.«
»Soll das ein Scherz sein?«
»Glauben Sie etwa, ich bin nackt, um Sie zu provozieren oder weil es mir Spaß macht?«
»Ja.«
»Aber nein, werter Hoher Lotse Atis'Usk'Ath, dessen wahren, inneren Namen zu kennen ich unwürdig bin. Ich wollte lediglich keine Zeit verlieren und mein Anliegen vortragen.«
This'Dher versuchte, seine Erleichterung zu verbergen. Wenigstens sprach da Gonozal ihn mit seinem Außennamen an, wie es sich für einen Nicht-Lotsen gehörte. »Ich habe Ihr Anliegen vernommen und abgewiesen«, sagte er.
»Das kann unmöglich Ihr letztes Wort sein. Wo kommen wir denn hin, wenn ein Sterngläubiger wie ich nicht einmal mehr Anetis und der Leere seinen Respekt zollen darf? Ich habe ein Geschenk mitgebracht, das sich hervorragend im Hauptgarten von Galios machen wird. Eine ganz spezielle Blume, gezüchtet, um die Herzen der Lotsen zu erfreuen – oder was immer eure Blutzirkulation antreiben mag.«
»Sie wollen Respekt zollen? Wissen Sie überhaupt, was das ist, Sonnenkind?«
Da Gonozal zeigte sich empört. Er kniff die hellroten Augen zusammen und hob anklagend seine Hand. »Sie gehen zu weit, mein schwarz gewandeter Freund. Bei der Nacht und der Leere, mich persönlich zu beleidigen, steht Ihnen schlecht zu Gesicht. Mein Glauben an Anetis ist so echt wie der Ihre.«
Dass dieser verschwenderische Blender es wagte, ausgerechnet die Nacht und die Leere anzurufen! This'Dher benötigte seine gesamte Selbstbeherrschung, um die Stimme gesenkt zu halten. »Ihr unverschämter Wunsch ist nicht zufällig darin begründet, dass der Xisrape Denurion zu der Zeremonie erwartet wird?«
»Und wenn es so wäre?«, fragte da Gonozal scheinheilig zurück.
Es war allgemein bekannt, dass der extrovertierte Charron da Gonozal nicht nur seiner Familiengeschichte, sondern auch exotischen Artfremden hinterherjagte. In diesem Fall gab es für den adeligen Arkoniden eine Verbindung zwischen seinen beiden größten Leidenschaften, denn es hieß, dass die rätselhaften Xisrapen die wiedergeborenen Seelen bedeutender Arkoniden wären.
Weil Charron da Gonozals Ego größer war als die Leuchtkraft der Sonne Kira Ariela, glaubte er, dass sein für Arkon ach so wichtiges Geschlecht in den Xisrapen in Form einer Neuverkörperung vertreten sein musste. Er betrieb sozusagen eine Art esoterische Ahnenforschung und wollte die Verstorbenen in den Xisrapen wiederfinden.
Eben das war für den Lotsen doppelt verwerflich. Was die Nacht sich genommen hatte, blieb in der Nacht, und mit was die Leere an Geheimnissen aufwartete, das sollte geheim bleiben.
»Wenn es so wäre, wäre Ihre Bitte unzumutbar. Sie wissen sehr gut, dass die Xisrapen aufgrund ihres besonderen Status größte Freiheiten genießen. Freiheiten, die Sie sich nicht herauszunehmen haben, egal wie reich Sie sind.«
»Ich hingegen denke, Sie können mir den kleinen Gefallen kaum abschlagen, Atis'Usk'Ath.«
»Wie kommen Sie darauf?« Etwas an der selbstgefälligen Miene des Gegenübers machte This'Dher unvermittelt nervös. Er studierte die Züge im Holo und versuchte seine Empfindung besser zu verstehen. Es waren die Augen. Der Ausdruck dieses Blicks war von einer Härte, die Arkonstahl schnitt, und stand in krassem Gegensatz zu da Gonozals bisheriger Mimik.
»Nun, wie Sie wissen, habe ich Zugang zum engsten Kreis des Regenten. Wenn der Herrscher von seinem überraschenden Ausflug nach Artekh 17 zurückkehrt, sollten die Lotsen in den Lageberichten besser unerwähnt bleiben.«
»Was wollen Sie damit andeuten?«
»Nichts. Ich fürchte lediglich, ich könnte mich ... nun ja ... verplappern und die verehrten Lotsen in Schwierigkeiten bringen.«
This'Dher verbarg seine wachsende Anspannung. Sein Eindruck erwies sich als zutreffend. Charron da Gonozal erpresste ihn, wie es nie zuvor ein Individuum gewagt hatte. Seine Unverfrorenheit war kaum zu überbieten. »Es gibt nichts, was wir vor dem Regenten zu verbergen hätten.«
»Natürlich nicht. Und es gibt nichts, was ich über dieses Nichts nicht weiß. Wie sieht es aus? Darf ich die Zeremonie besuchen und den Sternengöttern danken? So
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