PR Odyssee 01 - Die Kolonisten der Zukunft
galaktischen Metropole. Dazwischen die nüchterne und zweckmäßige Linienführung von Versorgungszentren mit dem unüberschaubaren Gewimmel von Lastengleitern. Und dazwischen, plötzlich und völlig unerwartet, ein Urwald. Baumriesen ragten hoch auf. Ihre ineinander verfilzten Kronen bildeten ein nahezu undurch-dringches Dickicht, wären da nicht hin und wieder Einflugschneisen zu sehen gewesen. Dieser Urwald war bewohnt. Und in einiger Entfernung zog eine hoch auf ragende blaue Wand meinen Blick an. Ein tropfenförmiges Gebilde, sich nach oben stark verjüngend, von Strukturen durchzogen, die an Wasserpflanzen erinnerten. Obwohl die Kapsel rasch abdrehte, gewann ich den Eindruck, dass jenes vermeintliche Bauwerk nicht wirklich ein Gebäude war, sondern in Form gepresstes Wasser - ein Kunstwerk oder doch eher Behausung für Amphibien?
Immer gieriger nahm ich die neuen Eindrücke in mich auf. Eine Milliarde Jahre in der Zukunft - wer hätte sich jemals träumen lassen, dass unser öder Mars so viele Facetten erhalten würde. Weit in der Ferne, sich im Dunst des Horizonts verlierend, ragten Bergzüge auf.
»Ich will, dass wir für den Rest des Wegs nahe zusammenbleiben«, sagte Perry Rhodan. »Keine Extratouren.«
Die Kapsel sank tiefer.
Das Gebäude wirkte für menschliche Verhältnisse überraschend normal. Von der Eiform bis hin zu einer Art Nestbau, wie es dem Ursprung der Tambu entsprochen hätte, hatte ich beinahe schon alles erwartet. Statt dessen blickte ich auf eine hohe Gebäudefront mit Vorsprüngen, Nischen und Spalten, bestehend aus sechseckigen langen Elementen, die in unterschiedlich großer Anzahl zusammengedrängt, gebündelt und übereinander aufgeschichtet waren. Manche Segmente schienen frei in der Luft zu schweben, und erst bei genauem Hinsehen fiel auf, dass ihre seitlichen Säulen doch auf den darunter liegenden Bauteilen ruhten.
Der Eingang öffnete sich wie eine düstere Höhle vor uns. Als Reginald Bull allein vorausgehen wollte, hielt ihn Fran Imith am Arm zurück. »Das könnte auch eine Falle sein«, warnte sie. »Du bist ohne Schutz.«
Bullys Augen verengten sich. »Wenn Perry und ich immer so vorsichtig gewesen wären, gäbe es keine unabhängige Menschheit mehr.« Nachdenklich leckte er sich über die Lippen, dann nickte er versöhnlicher. »Hast du einen besseren Vorschlag?«
»Ich gehe mit dir.«
»... was letztlich uns beide in Gefahr bringt.«
Frans Blick huschte die Straße entlang. Auf der gegenüberliegenden Seite, fast hundert Meter entfernt, wand sich ein Schwebeband in die Höhe. Die Gebäude wirkten in diesem Bereich gedrungen, der Gleiterverkehr folgte teilweise dem Straßenverlauf, die Mehrzahl der Maschinen kreuzte in größerer Höhe.
»Du hast dich heute Nacht schon unnötig in Gefahr gebracht«, betonte die Mars-Nostalgikerin.
»Wie gesagt... « Bully schickte sich an, das Gebäude zu betreten. »Wir sind beide unbewaffnet. Also was soll’s?«
Fran Imith bückte sich blitzschnell. Ihre eng anliegende, hochgeschlossene Cat-Suit-Kombination wirkte ohnehin schon wie eine zweite Haut, nun offenbarte sie ein perfektes Muskelspiel. Fran war gut trainiert. Ich hatte zufällig mitangehört, wie sie Bull gegenüber ihren Sieg im 400-Meter-Sprint bei der terranischen Stadtmeisterschaft erwähnt hatte. Aber das lag zehn Jahre zurück.
Fran trug wadenhohe dunkle Stiefel. Jetzt glitten ihre Finger über den Schaftrand hinweg und als sie sich wieder aufrichtete, funkelte ein Messer in ihrer linken Hand. Ein Wurfdolch, wenn ich das richtig erkannte, eine dünne und allem Anschein nach rasiermesserscharfe Klinge. Mit einer knappen Bewegung schüttelte Fran ihre roten Locken in den Nacken, zugleich ließ sie den Dolch hochspringen, fing ihn ebenso geschickt an der Klinge wieder auf und reichte ihn Bull. »Nimm den hier mit«, sagte sie, »dann ist mir wohler.«
Bullys Blick wurde durchdringend. Niemand fing einen Dolch so auf, wie Fran Imith es gerade gezeigt hatte, wenn er nicht im Umgang damit geübt war.
Bully taxierte die Klinge, dann reichte er sie zurück. »Es gibt doch stets Überraschungen«, sagte er leise. »Aber mit dem kleinen Vibratormesser«, er klopfte auf seinen Werkzeuggürtel, »das ich hier habe, kann ich besser umgehen. Behalte den Dolch.«
Seine bedeutungsvolle Geste in Richtung Rhodan bemerkte ich vielleicht als Einziger. Bully fragte nicht, weshalb Fran im Stiefelschaft versteckt eine Waffe bei sich trug, doch plötzlich hing eine beinahe
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