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PR Odyssee 06 - Die Lebensboten

PR Odyssee 06 - Die Lebensboten

Titel: PR Odyssee 06 - Die Lebensboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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dann Nodronen gekümmert, die im Dienst der Zwillingsgötzen standen. Sie hatten ihn untersucht, gesalbt und gekleidet und dann zum Palast gebracht.
    »Nein«, antwortete eine viel tiefere, knarrige Stimme desinteressiert. »Das wäre er wohl nicht.«
    »Ein hübscher Bengel, meinst du nicht auch?« fuhr die hohe Stimme fort.
    »Durchaus.« Nun klang die tiefe Stimme etwas lebhafter.
    »Du darfst aufschauen«, sagte die hohe Stimme.
    Axx Cokroide tat wie geheißen. Drei Mannslängen vor ihm erhoben sich die Stufen eines Podests, es war nicht von rauen Matten, sondern von feinen purpurnen Stoffen bedeckt. Darauf saßen die beiden außergewöhnlichsten Nodronen, die er je gesehen hatte.
    Der Mann hockte auf einem Thron aus Knochen und war bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Sein linker Arm war nur noch ein Stumpf, an dessen Ende Fransen hingen. Axx kniff erneut die Augen zusammen und erkannte, dass es sich dabei keineswegs um Stoffreste, sondern um sein eigenes Fleisch handelte.
    Als er sich bewegte, blitzte etwas Weißes zwischen ihnen auf. Axx glaubte, Knochen zu erkennen.
    Unsere Götter?, dachte er. Unsere Götter können nicht einmal ihre Wunden versorgen? Wieso können Götter überhaupt verwundet werden?
    Cokroides Blick blieb an den Beinen des Mannes haften. Das rechte war kräftig und muskulös, das linke hingegen dünn wie ein Zweig, der bei der geringsten Berührung zerbrechen würde. Nur der Stiefel, in dem es steckte, verhinderte, dass es leblos herabbaumelte. Auch die linke Körperseite des Götzen wurde mit Kissen abgestützt, damit er nicht vom Thron rutschte.
    Und dann erst das Gesicht. Eine tiefe Narbe, die von der Stirn schräg über die Nase bis zum Kinn verlief, teilte es in zwei Hälften, die leblos und starr zu sein schienen.
    Axx war hin und her gerissen zwischen Faszination und Abscheu. Natürlich, die Nodronen verehrten ihre im Krieg versehrten Kämpfer, sorgten für sie bis an das Ende ihrer Tage. Narben und Verstümmelungen galten als Ehrenzeichen, die stolz zur Schau getragen wurden.
    Aber. der Götze? Der Herr von Nodro, der Lenker des nodronischen Empires, der Bote nodronischer Dominanz, dem sie alle Treue geschworen hatten? Ein mächtiger Krieger, der seine Soldaten zu glorreichen Siegen geführt hatte. ja, das ging mit seinen Vorstellungen überein. Aber ein verunstaltetes Geschöpf, das seine Wunden nicht zu heilen vermochte?
    Oder steckte mehr dahinter? Trug der Götze diese Verletzungen vielleicht mit unbändigem Stolz? Verzichtete er absichtlich darauf, sie zu verbergen, zu kaschieren, um der Welt zu zeigen, was er erlebt, was er überlebt hatte?
    Wer war Axx Cokroide schon, dass er sich anmaßen konnte, die Wege der Zwillingsgötzen zu verstehen?
    Sein Blick glitt weiter. Zu den Füßen des Götzen saß auf der obersten Stufe des Podests eine Frau. Ihr schlanker Körper war in ein luftiges Gewand gehüllt, das aus Milliarden von Insektenflügeln gewebt zu sein schien und in allen Farben des Regenbogens glitzerte. Ihr Gesicht war schon geradezu unnatürlich ebenmäßig, zu schön. Auf den ersten Blick wäre sie eine ideale Partnerin, in ihrer überfeinerten Perfektion einfach unvorstellbar reizvoll. Aber diese Vollkommenheit schreckte ihn gleichzeitig ab.
    Unwürdig.
    Das war der richtige Begriff. Er musste die Götzin nur schauen, und er fühlte sich minderwertig. Auf das reduziert, was er war. Ein kleiner, unbedeutender Nodrone, der nicht einmal wusste, weshalb
    er hier in der Götzenstadt war.
    Und. konnte solch ein vollkommenes Geschöpf überhaupt lebenstauglich sein? Lag in dieser Perfektion nicht schon der Keim zum Untergang begründet? Oder zumindest der des Stillstands? Mit solch einem Wesen lag die Endstufe einer Entwicklung vor, eine weitere Steigerung konnte es nicht geben.
    Im kam ein weiterer, absurder Gedanke. Wenn meine Gene sich mit den ihren vermischten...
    »Ein wirklich hübscher Bengel, nicht wahr?« erklang wie aus weiter Ferne die hohe Stimme der Götzin.
    Als Axx den Blick wieder hob, sah er, dass sie aufgestanden war. Die Insektenflügel ihres Gewandes schien sich in eine Vielzahl mehr oder weniger durchsichtiger Schleier verwandelt zu haben, die ihren Körper mal eng, mal weit umschmiegten und mehr entblößten als verhüllten, genau, wie es der gängigen Mode entsprach.
    Einen Moment lang dachte Axx an Ankya, an ihren schlanken Körper mit den langen Beinen und den großen Brüsten, an Ankya, die er - vielleicht - wirklich geliebt hatte. Und die er nicht

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