PR TB 040 Herr über Die Toten
nicht erfüllen, da begann, sie zu
sprechen:
“Wenn ich das silberne Sternenrad Andromedas sehe, denke ich
an eine Welt, die fern
ist von hier und doch nah.
Wie sich die grüne Sonne über den Horizont erhebt, so
eilen meine Gedanken über den nachtdunklen Abgrund zu dir.
Ich höre das Flüstern des Windes in den Birken, und der
muntere Quell erzählt von sternenklaren Nächten.
Wo am Ufer des Flusses die Balalaika lacht und weint, dort werde
ich singen von Liebe und Leid und bitteren Tränen.
Doch wenn ich den silbernen Mond der Erde sehe, wenden sich meine
Augen zum All, denn dann wirst du, Geliebter, fern von mir sein…”
Elenas Stimme brach mit einem trockenen Schluchzen ab. Ich wußte
nicht, was ich tun sollte. So legte ich den Arm um sie, und obwohl
Elena durch zwei Raumanzüge die Wärme meines Körpers
nicht spüren konnte, beruhigte sie sich schnell wieder. “Kommen
Sie”, sagte ich, und in meiner Stimme schwang noch die Erregung
mit, in die die Verse mich versetzt hatten. “Ihre Wache ist
vorbei. Ich bringe Sie zum Iglu zurück.”
Sie gehorchte schweigend, und sie sagte auch kein Wort mehr,
während wir den Weg zurückgingen. Ihr Eintritt in die
Schleuse des Iglus glich fast einer Flucht.
Ich schüttelte die Beklemmung ab, die meine Kehle zuschnüren
wollte und versuchte, an etwas anderes zu denken als an das Gedicht.
Aber es wollte mir nicht gelingen. So naiv die Verse waren, so sehr
ließen sie die Seele mitschwingen.
In dieser Nacht vermochte ich kein Auge zu schließen.
4.
TAGEBUCH BAAR LUN: Greenish-7, den 22. Juli 2403, Erdzeit: Unsere
Bemühungen, einen Illusionskristall ausfindig zu machen, waren
auch heute wieder ohne Erfolg. Ebensowenig gelang es uns, den
verborgenen Transmitter zu orten. Seltsamerweise glückte es uns
trotz der beiden mitgebrachten Illusionskristalle nicht, ein
Traumbild der Stadt Maa Duun zu erzeugen. Dabei funktionieren die
Kristalle ansonsten in der gewohnten Weise. Blicke man sie
konzentriert an, so versetzen sie einen in alle möglichen
Traumwelten, nur nicht in die gewünschte.
War es vielleicht ein einmaliger Zufall, der Finch Eyseman damals
in die Stadt meiner Vorfahren versetzt hatte?
Würde er sich niemals mehr wiederholen?
Ich weiß nicht, was wir noch tun könnten, um das
Vergangene heraufzubeschwören. Wir haben die SJC-101 zu unserem
Lagerplatz geholt. Es wäre sinnlos gewesen, noch länger
Versteck zu spielen. Doch das, was ich im stillen erhofft hatte, traf
nicht ein. Keine fremde Automatik reagierte darauf, daß ein
Raumschiff auf dem Eis über dem Transmitter landete.
Wenigstens ein winziger Erfolg aber scheint unserer Expedition
beschieden zu werden. Michael Vorbeck entdeckte heute mittag die
ersten Spuren lebender Wesen auf Greenish-7!
Allerdings dürfen wir nicht mit vernunftbegabten Wesen
rechnen. Was Mischa fand, war lediglich eine Schleif spur im
kristallinen Schnee. Sie stammt sicherlich von einem großen,
plumpen Tier, das sich kriechend vorwärtsbewegt, vielleicht vom
Aussehen einer terranischen Robbe, wie Mischa vermutet. Immerhin ist
es schon eine Sensation, daß Seven überhaupt Leben
beherbergt. Bisher hatte es so ausgesehen, als wäre die Eiswüste
dieses Planeten völlig tot.
Das ist natürlich nicht das, was ich suche. Dennoch werde ich
in einer halben Stunde zusammen mit Samson Caluga, Finch Eyseman und
Elena Jossipowa aufbrechen, um die Spur des Lebewesens zu verfolgen.
Michael Vorbeck soll an Bord der Space-Jet bleiben und die Augen
offenhalten.
*
Leutnant Caluga verschwand so plötzlich, als hätte er
sich in Luft aufgelöst.
Finch wollte ihm nachstürzen. Aber ich konnte den Captain
gerade noch festhalten. “Er ist in eine Spalte gefallen”,
erklärte ich. “Ich kann die Energieimpulse seines
Raumanzugs spüren. Sie kommen von unten.”
“Darauf können Sie Gift nehmen, mein Junge!”
scholl eine rauhe Stimme aus dem Lautsprecher meines Helmtelekoms.
Finch grinste mich an, und ich mußte das Grinsen
unwillkürlich erwidern. Wir waren beide unendlich erleichtert.
Wenn Caluga seinen Humor noch nicht verloren hatte, dann war ihm auch
nichts passiert.
“Können Sie mich hören?” fragte Eyseman
überflüssigerweise.
“Es wäre mir lieber, ich könnte Sie sehen,
Captain!” gab Samson schlagfertig zurück. “Will mich
denn keiner aus diesem engen Loch herausholen?”
“Augenblick!” sagte ich und trat zwei Schritte vor.
Die Spalte klaffte nur etwa einen halben Meter auseinander. Aber
ich
Weitere Kostenlose Bücher