PR TB 040 Herr über Die Toten
unweigerlich blamieren, wenn sich die Ironie als
leere Geste erweisen sollte.
Ich löste das eine Ende des Seils von seinem Gürtelhaken
und befestigte es an einem Haken meines Gürtels. Das andere Ende
reichte ich Eyseman.
“Halten Sie mich fest!” befahl ich.
Wir ließen Caluga in den Schnee gleiten. Dann ging ich bis
zum Rand der Spalte und beugte mich vor. Das Seil straffte sich.
Hoffentlich glitt es dem Captain nicht durch die Finger. Dann würde
ich nämlich Calugas Absturz wiederholen.
Aber Finch hielt eisern fest.
Ich erreichte den Zylinder mit der rechten Hand und griff zu.
Mühelos nahm ich ihn auf. Sofort zog Finch am Seil.
“Das ist unglaublich!” stieß Samson erregt
hervor, als ich ihm den Gegenstand unter die Augen hielt. “Vorhin
war das Ding so schwer wie unsere Space-Jet. Ich bekam es keinen
Millimeter hoch, dafür glitt ich aus und brach durch die
Schneebrücke.” “Jetztjedenfalls wiegt die Hülse
nur wenige Gramm”, erwiderte ich nachdenklich. Elena lachte.
“Glauben Sie doch nicht, was dieser Aufschneider alles
erzählt, Baar! Er will Sie doch nur aufziehen!”
Samson Caluga grunzte empört.
“Wenn ich gehen könnte, würde ich zu dir kommen,
Mädchen, und dir den Hintern versohlen! Ich habe die Wahrheit
gesagt!”
Er mußte an meinem Gesichtsausdruck gesehen haben, daß
ich über seine unpassende Ausdrucksweise gegenüber einer
Frau empört war, denn er winkte ab und sagte leise: “Verzeihen
Sie bitte, Sir. Es war nicht so gemeint. Ich wollte Ihre Gefühle
für Miß Jossipowa keineswegs verletzen, aber wir…”
Er brach ab, als Elena einen Schrei der Empörung ausstieß
und eine Handvoll Eiskristalle gegen seinen Druckhelm schleuderte.
Verwundert registrierte ich, daß Elenas Gesicht feuerrot
angelaufen war. Warum regte sie sich darüber auf, daß ein
Außenstehender Fehlschlüsse aus ihrem und meinem Verhalten
zog? Oder kannte ich die Terraner doch schlechter, als ich dachte?
“Beruhigen Sie sich, Elena!” sagte ich. “Und Sie,
Leutnant Caluga, unterlassen bitte in Zukunft derartige Anspielungen.
Ich kenne zwar den Grund für Miß Jossipowas Erregung
nicht, aber irgendwie muß es etwas mit Ihrer Bemerkung zu tun
haben.” Drei Terraner sahen mich gleichzeitig mit offenen
Mündern an. Elena errötete erneut, aber diesmal glaubte
ich, ihr eine gewisse freudige Erwartung anzusehen.
Da ich jedoch des Themas überdrüssig war, hob ich die
Hand mit der golden glänzenden Hülle empor.
Ich betrachtete sie von allen Seiten, konnte aber keinen Hinweis
auf einen Öffnungsmechanismus entdecken.
Plötzlich ertönte ein schwaches Klicken. Der Laut
wiederholte sich in gleichmäßigen
Intervallen und in der gleichen Lautstärke.
Bevor ich überlegen konnte, riß mir Finch Eyseman die
Hülse aus der Hand und schleuderte sie weit von sich. Sie
verschwand in einer Wolke flimmernden Eisstaubes. Ein kräftiger
Schlag in die Kniekehle warf mich zu Boden.
“Hinlegen!” schrie Caluga mit überschnappender
Stimme.
Ich begriff, daß die Terraner an eine Zeitzünderbombe
dachten. Insgeheim lächelte ich darüber, denn die Hülse
hatte keineswegs so primitiv ausgesehen, als wenn sie von Wesen
gefertigt worden sei, die keine besseren Zündauslöser als
barbarische Federuhren kannten.
Obwohl Eyseman und Caluga lautstark dagegen protestierten, erhob
ich mich und schritt auf die Stelle zu, an der der Zylinder in den
Schnee gefallen war.
Als Finch und Elena sahen, daß ich mich nicht aufhalten
ließ, liefen sie hinterher.
Wir kamen gleichzeitig bei der Hülse an. Glücklicherweise
war sie nicht im kristallinen Schnee versunken, sondern lag in einer
dünnen Schicht des pulvrigen Materials, das die Mulde eines
Eisblocks bedeckte.
Finch kam mir zuvor und riß den Gegenstand an sich. Aber als
er damit weglaufen wollte, wurde ich ernstlich ungehalten.
“Bleiben Sie hier!” befahl ich schneidend. “Wenn
Sie sich schon für klüger als mich halten, dann
respektieren Sie wenigstens meinen Willen. Was sagt Ihnen eigentlich,
die Hülse sei eine Bombe?”
Zögernd kehrte der Captain zurück. Sein Gesicht war
blutrot angelaufen vor Verlegenheit.
“Ich… ich bitte… vielmals… um… um… Entschuldigung,
Sir!” stammelte er. Dann nahm er sich zusammen. “Was
denken Sie, was das ist, Sir?”
“Geben Sie her!” befahl ich ungeduldig.
Er reichte mir die Hülse, und ich griff rasch zu, da Elena
mir zuvorkommen wollte. Warum waren die Menschen nur so besorgt um
mich? Konnte es ihnen
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