PR TB 040 Herr über Die Toten

Schaltknopf an einer Ecke des Packens. Innerhalb einer Minute
hatte sich das kleine Bündel in eine halbkugelige, transparente
Hermetikblase verwandelt. “Iglu” sagte die Terraner dazu.
Die Wandung des Iglus bestand nur aus hauchdünnem
Plastikmaterial und nahm im zusammengefalteten Zustand nicht mehr als
einen Raum von fünfundvierzig Kubikzentimetern ein. Der
     
    größte Teil des Pakets bestand aus einem
Kombinationsaggregat, das für die statische Aufladung und die
Entfaltung des Iglus sorgte und einen kleinen Materieumwandler
enthielt, der innerhalb des Iglus eine normale irdische Atmosphäre
erzeugte.
    Als die Kontrollinstrumente eine atembare Atmosphäre
anzeigten, klappten wir die Druckhelme unserer Raumanzüge nach
hinten.
    Ich warf einen Blick auf den Chronographen an meinem linken
Handgelenk.
    “Die Nacht auf Seven dauert elfeinhalb Stunden. Ich schlage
vor, daß wir nur zehn Stunden davon verschlafen. Einer wird
immer Wache halten, entweder hier drinnen oder auch draußen,
das ist egal, weil die Wände durchsichtig sind.
    Würden Sie die erste Wache übernehmen, Miß
Jossipowa?”
    Die Neurologin lächelte mir mit einem eigentümlichen
Ausdruck ihrer braunen Augen zu. Zum erstenmal, seit ich sie kannte,
sah ich sie als Frau und entdeckte ihre Schönheit.
    Aber ich unterdrückte die jäh aufwallende Regung in mir
und rettete mich in ein lautstarkes Räuspern.
    “Nach zwei Stunden wecken Sie mich bitte. Nach mir ist dann
Leutnant Vorbeck an der Reihe, danach Captain Eyseman. Die letzten
beiden Stunden der Wache übernehme ich wieder.”
    Finch protestierte in seiner schüchternen Art.
    “Bitte, Sir, lassen Sie mich die letzten vier Stunden
übernehmen. Eigentlich brauchen Sie sich gar nicht an der Wache
zu beteiligen. Sie sind der Kommandeur!”
    “Es bleibt so, wie ich es festgelegt habe”, entgegnete
ich wortkarg.
    Ich mochte keinem der anderen meine Gründe für die
Wacheinteilung darlegen, schon gar nicht den Grund dafür, warum
ich zwei Wachen übernommen hatte. Würden die Terraner
begreifen, daß ich am liebsten die ganze Nacht über
aufgeblieben wäre? Seven war die Heimat meiner Vorfahren. Diese
Welt mochte noch so geschändet worden sein von skrupellosen
Wesen - ich liebte sie, war gefühlsmäßig so stark mit
ihr verbunden, daß ich ihr Äußeres nicht beachtete.
So hypersensible Wesen wie ich sahen ohnehin nicht nach
Äußerlichkeiten; sie drangen tiefer ein und spürten
Ströme auf, von denen wohl kaum ein Terraner etwas ahnte…
    Noch lange, nachdem Elena Jossipowa gegangen war, saß ich
auf dem geheizten Boden des Iglus und lauschte mit geschlossenen
Augen dem klagenden Geheul des Windes, das durch die Außenmikrophone
hereindrang in die geschützte, künstlich erzeugte kleine
Welt…
    *
    Ich schreckte jäh aus der Versunkenheit auf, als ich mit
meinem Parasinn geheimnisvolle Energieströme ortete.
    Leise richtete ich mich auf.
    Die Landschaft rings um den Iglu lag unter einem dichten
Nebelschleier. Der Wind war eingeschlafen. Kein Laut durchbrach die
Stille.
    Aber in einem Teil meines mutierten Gehirns spürte ich das
sachte Pulsieren energetischerImpulse. Sie kamenregelmäßig,
lautlos, geisterhaft… !
    Irgendwo in der Nähe lief ein Aggregat.
     
    Ich mußte an den verborgenen Transmitter denken.
    Doch im nächsten Augenblick verwarf ich den Gedanken wieder.
    Ein Transmitter erzeugte stärkere Impulse. Es mußte
etwas anderes sein, das dort draußen in der nebligen, eisigen
Nacht arbeitete.
    Elena!
    Der Gedanke durchzuckte mich wie ein elektrischer Schlag. Elena
war dort draußen! Vielleicht schwebte sie in Lebensgefahr.
Vielleicht näherte sich das, was die energetischen Impulse
erzeugte, ihrem Standort, und vielleicht war es tödlich für
die Frau!
    Ich klappte den Helm nach vorn, ergriff meinen Waffengürtel
und öffnete die Schleuse. Scheinbar dauerte es unendlich lange,
bevor das Außenschott sich vor mir auftat. Ein Blick zurück
überzeugte mich davon, daß die Gefährten noch
schliefen. Draußen richtete ich mich auf, schloß die
Augen und lauschte.
    Schwach nur, aber dennoch ganz deutlich, drangen die fremden
Impulse auf meinen Parasektor ein.
    Ich zog den Schockblaster und ging in die Richtung davon, aus der
die Energieimpulse kamen.
    Die unsichtbare Spur führte mich zu dem Turm aus übereinander
geschichteten Eisplatten. Langsam legte ich den Kopf in den Nacken.
Das, was die Impulse ausstrahlte, mußte sich ganz oben auf der
Spitze des Turmes befinden.
    Ich