PR TB 047 Höllentanz Der Marionetten
wissen.“
„Dachte ich es mir doch“, murmelte Rogier schläfrig
und winkte mit der Hand, in der er kein Glas hielt. Die Verbindung
knackte, und das Bild entfernte sich immer kleiner werdend in den
Mittelpunkt der leicht gekrümmten Fläche. Regier ließ
die Taste los, gähnte herzhaft, schüttete das Glas noch
einmal halbvoll und legte sich schlafen.
Nichts, was er tat, geschah ohne lange Überlegungen.
Er blieb vor der Glassitscheibe stehen und betrachtete die Szene
dahinter. Ein älterer Mann saß in einem wuchtigen Sessel,
der mit ehemals weißem Kunstleder bespannt war. Die Füße
in Strandschuhen lagen auf der Platte neben dem Schaltschrank für
die einzelnen Verbindungen und der kleinen Handwählapparatur.
Neben den Füßen stand eine schmutzige Tasse, in der einst
Kamana gewesen sein mochte. Auf dem Löffel hockten zwei Fliegen;
eine putzte sich die Flügel mit idiotischer Ausdauer. Der Mann,
der zu den Füßen gehörte, las hingebungsvoll in einem
schmierigen Magazin, das viereinhalb Monate alt war. Rogier klopfte
behutsam an die Scheibe. Zuerst senkte sich die Zeitschrift, dann
verschwanden die Füße, schließlich fuhr das Fenster
zur Seite.
„Mister?“
„Ich hätte für mein Leben gern“, sagte
Rogier mit undurchdringlicher Miene, „den Herrn Chefredakteur
gesprochen. “
Der Mann grinste humorlos. „Gehen Sie gelegentlich zur
Konkurrenz. Wir haben keinen solchen Herrn hier im Haus.“
„Dann bringen Sie mich zur Chefsekretärin, bitte.“
Irgend etwas schien den Pförtner aus der Ruhe zu bringen.
Vermutlich war es die schweigende Sicherheit des Mannes vor ihm.
„Das schon eher“, sagte er. „Hier entlang,
zwölfter Stock. Miß Kaizer.“
„Vielen Dank“, sagte Rogier. „Haben Sie um diese
Zeit nichts zu tun?“
„Es gibt kaum eine Zeit, in der ich etwas zu tun habe.
Leider kann ich meinen Dienst nicht zu Hause halten. Vor langer
Zeitnahen wir mal eine gute Zeitschrift, müssen Sie wissen. Und
nun warten wir auf ein Wunder oder auf unsere Entlassung.“
„Letzteres könnten Sie haben“, sagte Keevan
trocken. „Ich bin der neue Chefredakteur.“
Er ging geradeaus, stellte sich in einen der vier Aufwärtsschächte
und glitt nach oben. Im zwölften Stock schwang er sich nach
draußen und stand vor einer runden Glasfront mit breiten,
automatischen Türen. Dahinter sah er niedrige, zweckmäßige
und kühle Büromöbel, farbensprühende Bilder und
hochmoderne Maschinen. Alles schien von Schülern der
Rolf-Hasse-Akademie entworfen worden zu sein; funktionell und schön,
wie ein modernes Büro zu sein hatte. An einem Tisch, auf dem
Gleiter bequem hätten landen können, saß ein
bemerkenswert hübsches Mädchen mit langem, weißblondem
Haar. Sie feilte mit der Perfektion eines Uhrmachers an dem langen
Nagel ihres linken Zeigefingers und steckte ihn dann in den Mund.
Rogier trat ohne anzuklopfen ein.
„Guten Tag“, sagte er. „Habe ich das Vergnügen
mit Miß Kaizer?“
Sie nahm den Finger aus dem Mund und legte die Feile in die
Schublade des Tisches. „Aber ja“, sagte sie. „Wollen
Sie uns eine Story verkaufen?“
„Richtig“, sagte er. „Einen Knüller.
Überschrift: Rhodan beißt Okrill! Was halten Sie davon!“
„Sie scherzen, Mister“, sagte sie und blickte ihn
interessiert an. Das Gesicht, fand sie, war das eines Mannes, der vor
einer Explosion steht. Rogier beherrschte sich meisterhaft und sah
sich weiter um. Dann setzte er sich auf den Schreibtisch, zündete
sich umständlich eine Zigarette an, steckte das abgebrannte
Streichholz in die Tastatur eines teuren Schreibgerätes und
blies den Rauch zur Decke.
„Kaum“, sagte er. „Vermutlich wird ein großes
Jammern und Wehklagen anheben in den nächsten Stunden. Merken
Sie sich bitte jedes Wort von dem, was ich sage; ich habe nicht vor,
es zu wiederholen. Zuerst mein Name. Rogier Stahl-Keevan. Stahl wie
sehr hartes Eisen. Terkonit, wenn’s beliebt.“
Die absolute Kälte, mit der Rogier einen an sich originellen
Text vortrug, verblüffte Miß Kaizer. Sie war überzeugt,
entweder einen gefährlichen Irren oder die Überraschung
ihres Daseins vor sich zu haben.
„Dann: Meine Funktion. Ab heute bin ich hier der neue
Chefredakteur. Wenn Sie sich die Mühe machen und sich umdrehen,
dann werden sicher auf dem Streifen des Hyperschreibers entsprechende
Anweisungen, unterzeichnet von Mister Adams, zu sehen sein.“
Sie fuhr herum, riß den Streifen ab und las halblaut vor.
„ + + + wichtig + + + dringend
Weitere Kostenlose Bücher