PR TB 055 Vom Weltraum Besessen
denkt.“
John Rawlins nickte. Seine Miene wirkte
ausgesprochen säuerlich. Er schien mit sich selbst uneins zu
sein.
Franklin seufzte, erhob sich und holte seine
Regenbekleidung aus dem Wandschrank. Er war sicher, daß er
richtig gehandelt hatte. Dennoch plagten ihn schwere Zweifel, ob
einer ihrer Konkurrenten bei ähnlich gelagerten Verhältnissen
ebenso handeln würde. Der Konkurrenzkampf wurde noch immer
allgemein als Triebkraft der menschlichen Entwicklung angesehen, was
weiter nicht bedenklich gewesen wäre, wenn alle Menschen fair
handeln würden. Kein geschriebenes Gesetz konnte verhindern, daß
mit allen möglichen Tricks und gemeinen Schachzügen
gearbeitet wurde. Sogar eine der großartigsten Entwicklungen
humanoider Intelligenzen, das Positronengehirn, wurde dafür
mißbraucht.
Franklin Kendall zuckte die Schultern, aktivierte
die Sprechanlage und bat seine Mutter um Erlaubnis, sie besuchen zu
dürfen. Es war eine reine Formsache, denn sie hatte ihm bereits
am vergangenen Abend gesagt, daß sie ihn noch sehen wollte,
bevor er wegfuhr.
Als er hinunter kam, drückte ihn seine Mutter
flüchtig an sich und gab ihm einen Kuß auf die Stirn.
Mrs. Virginia Kendall war trotz ihrer
neununddreißig Jahre noch eine attraktive Frau. Sie arbeitete
seit der Geburt Franklins am Institut für Kosmolinguistik in
Pensacola, hielt ab und zu Gastvorlesungen in den anderen großen
Instituten der Erde und befaßte sich seit der Rückkehr der
CREST III aus der lemurischen Vergangenheit vor allem mit den
Sprachen
jener Fremdintelligenzen, die Beziehungen zum
Imperium der Ersten Menschheit unterhalten hatten. Einige wenige
Mikrobuchfilme waren in die Zeit der Zweiten Menschheit gerettet
worden.
„Du brauchst mir nicht zu sagen, wie du dich
fühlst, mein Junge“, erklärte Franklins Mutter. „Ich
habe bereits einen Blick auf das Wetter geworfen.“ Sie musterte
ihn lächelnd und stolz. „Ich freue mich, daß du
deine neue Tageskombination angezogen hast. Du siehst stattlicher
darin aus - und erwachsener.“
„Danke für das Kompliment, Mutter“,
erwiderte Franklin. Ironisch fügte er hinzu: „Immerhin muß
ich heute den Blicken von Unsterblichen standhalten. Hoffentlich
bestehe ich vor ihnen.“
Virginia Kendall lachte.
„Diese Männer urteilen nicht nach der
äußeren Erscheinung, mein Junge. Dazu haben sie in ihrem
langen Leben viel zuviel gesehen. Wichtig ist nur, daß euer
Modell und dessen Flugkünste gut abschneiden. - Und ich bin ganz
sicher, daß es so sein wird.“
Sie nahm zwei Thermoplastbehälter, wie sie
meistnur von Raumfahrern getragen werden, und befestigte sie an den
Magnethalterungen von Franklins Kombigürtel.
„Flüssiges Nahrungskonzentrat und
Vitasaft“, sagte sie lakonisch. „Falls du keine Zeit
hast, zu einem Verpflegungswagen zu gehen.“
„Danke!“ sagte Franklin und küßte
seine Mutter auf die Wange. „Ich danke dir, daß du daran
gedacht hast. Drück mir die Daumen, ja?“
Virginia Kendall lächelte, dann wandte sie
sich zu dem Türmelder um, der soeben gesummt hatte.
„Das ist das Gleitertaxi, das ich für
dich bestellt habe.“ Sie schob ihn auf die Tür zu. „Fahr
los - und Haisund Beinbruch, mein Junge!“
Völlig geistesabwesend saß Franklin
Kendall in dem robotgesteuerten Gleitertaxi, das ihn in schneller
Fahrt zum Okaloosa-Areal brachte. Er merkte nicht, daß die
Leitfunkbahnen und Luftkorridore für diese Tageszeit
außergewöhnlich stark belebt waren. Erst, als der Gleiter
vor Portal K des Raumhafengeländes stoppte, kehrte sein Geist in
die Wirklichkeit zurück, Roger, Eddie, Noowee und John umringten
ihn, kaum daß er dem Fahrzeug entstiegen war.
„Staatsmarschall Bull ist schon da!“
rief Noowee. „Ich habe seine Space-Jet vor zehn Minuten
ankommen sehen.“
„Eine Space-Jet.?“ erwiderte Franklin.
„Nun, vielleicht ist das ein gutes Vorzeichen.“ Er lachte
selber über seinen Rückfall in den Aberglauben des
präatomaren Zeitalters. Doch dann wurde seine Miene wieder
ernst. „Was hat Major Dayton gesagt, John?“
John Rawlins grinste.
„Er sagte mir, daß ab sieben Uhr
strahlender Sonnenschein über diesem Teil Floridas liegen wird.
Die Wetterzentrale hat es in den heutigen Frühnachrichten
angekündigt.“
„Hm!“ machte Franklin Kendall.
„Natürlich! Das hätte ich mir selbst denken müssen.
Der Staatsmarschall wird sich kaum freiwillig in den Regen stellen,
wenn es sich vermeiden läßt.“ „Wo ist
eigentlich der Major?“ fragte
Weitere Kostenlose Bücher