PR TB 056 Bruder Der Stahlernen Wölfe
zurück,
gefolgt von Asser. Dort lud ich das tote Ren in der Nähe meiner
Hütte ab und ging hinunter zum Haus von Thupa.
»Ich sehe dich, Adlaan«, sagte seine Stimme, als ich
vor dem Eingang stand.
»Ich habe mit dir zu sprechen, Schwinger des
Kommandostabes«, sagte ich.
Er kam heraus und lehnte sich gegen den Pfosten, der unter seinem
Gewicht zu federn begann.
»Sprich.«
»Ich habe drei Rene geschossen und liegengelassen. Die Jäger
sollen sie holen.«
Er schüttelte den Kopf und blickte mich beinahe ängstlich
an.
»Drei.. und du hast eines mitgebracht, also vier Rene! Du
allein hast sie gejagt?«
Ich nickte schweigend.
»Und der Wolf.!« Er deutete auf Truc, der neben mir
stand.
»Ja. Soll ich euch lehren, wie man mit Wölfen jagt? Es
geht aber nicht so schnell, daß ihr es
schon morgen könntet.«
»Ich bitte darum«, sagte er nur.
»Rufe einige Jäger«, sagte ich. Auf seinen Ruf
kam einer der Jäger zu uns, und ich erklärte ihm, wo die
toten Rene lagen. Der Jäger verstand zuerst nicht, erschrak
dann, als er hörte, daß ein Jäger hintereinander vier
Rene getötet hatte, und rannte davon. Einige Minuten später
bewegte sich ein Zug von zwanzig Jägern, zumeist sehr jungen,
durch den breiten Weg hinunter zum Durchbruch im Wall.
»Wie sollen wir es lernen, mit Wölfen zu jagen?«
fragte der Schamane.
»Es braucht Geduld, einige sichere Schützen und
vielleicht einige Versuche«, sagte ich. »Wie oft trefft
ihr auf Wölfe?«
»Oft, wenn wir jagen. Wir haben, wenn alles kalt und weiß
ist, das gleiche Wild gejagt. Meist waren die Wölfe schneller.«
Ich machte eine umfassende Geste.
»Ihr müßt warten, bis die Wölfin Junge hat.
Dann müßt ihr das Lager der Wölfe umzingeln und die
Wölfin töten. Aber erst, wenn sie die Jungen nicht mehr
säugt. Die Jungen nehmt ihr mit, ernährt sie vorsichtig mit
rohem, weichem Fleisch und bindet sie an einer langen Sehne in der
Nähe der Hütten an. Und dann müßt ihr versuchen,
sie durch Belohnung und Strafe zu lehren, wie sie sich zu verhalten
haben. Tun sie etwas richtig, belohnt sie. Machen sie es falsch, müßt
ihr sie strafen. Die Wölfe werden euch gehorchen, wenn sie
erwachsen sind. Nicht sofort, nicht immer und nicht vollständig,
so wie Truc und Asser - aber es geht in einigen Jahren.«
Thupa hatte jedes Wort förmlich in sich eingesogen. Er
blickte mich noch immer mit Mißtrauen an, lehnte an seinem
Türpfosten und lachte dann.
»Ich muß dir glauben«, sagte er langsam und
gedehnt. »Deine Wölfe gehorchen dir - du mußt ein
mächtiger Jäger sein. Ich sah es schon, als dich Uroga
nicht töten konnte und als du deine Hütte bautest. Aus
deinen Händen kommt Feuer.«
»Ja«, sagte ich grimmig. »Und aus meinem Mund
kluge Reden. Ich habe Katya an mein Feuer genommen, Thupa.«
Er lachte.
»Du hast gut gewählt. Sie hat noch keinen Mann gehabt,
und ihre Mutter war fruchtbar. Dein Geschlecht wird sich vermehren
und stark werden wie ein Baum.«
Ich nickte nur.
»Denke daran«, sagte ich. »Ihr müßt,
wenn ihr die Wölfe zähmen wollt, viel Geduld haben. Aber
eines Tages werden sie mit euch jagen. Einige werden vorher sterben,
andere werden nicht gehorchen und euch anfallen, andere wieder werden
fliehen, wenn sie erwachsen sind. Aber von zehn Versuchen wird einer
richtig sein und Erfolg haben.«
»Ich denke daran«, sagte der Schamane. »Ich
werde selbst junge Wölfe aufziehen, wenn wir sie in der weißen
Kälte finden.«
Ich deutete auf seine Brust, die mit einem Gemisch aus Ockerfarben
und Renfett bemalt war.
»Dies ist das erste Geschenk, das ich mache. Ich belohne die
Gastfreundschaft des Stammes. Die drei Rene sind nur Beigabe.«
Der Schamane verbeugte sich ehrfurchtsvoll, aber ich traute ihm
nicht.
»Du bist ein mächtiger, kluger Jäger«, sagte
er leise.
Ich nickte unschlüssig und ging dann wieder hinauf zu meiner
Hütte. Unterwegs blieb ich bei einem Knochenhaufen stehen und
zog einen langen, leidlich sauberen Röhrenknochen hervor. Ich
nahm ihn mit hinauf. Vor meiner Hütte saß Katya. Sie hatte
mit einem Stichel, der beidseitig zugeschlagen war und wie der
Schnabel eines Vogels aussah, die Bauchhöhle des Rens geöffnet
und begann das Fell abzuziehen. Ich blieb vor ihr stehen und sagte
scharf:
»Katya!«
Sie blickte auf und lächelte mich schweigend an.
»Adlaan?« fragte sie dann.
»Ich möchte nicht, daß du noch einmal ein Ren in
der Nähe meiner Hütte aufbrichst. Es müssen mindestens
zehn Mannslängen zwischen
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