PR TB 067 Der Endlose Alptraum
der Erregung glätteten sich jedoch nicht für
lange.
Denn er war der Magnet, der alles Leid dieser Welt anzog. Er
konnte nicht dagegen an, nichts schützte ihn davor. Die Illusion
zerrann, eine harte Faust griff nach Erdega und hob ihn empor.
Er riß die Augen auf - vor ihm war das totenbleiche Gesicht.
Ylinas Vater.
»Du Mißgeburt!« zischte es aus dem lippenlosen
Mund. »Du wolltest Ylina.«
Erdega schrie. »Scheusal! Scheusal.!«
Die Worte sprudelten aus dem grausamen Mund des Todesboten. Die
Fäuste drückten unbarmherzig zu, immer fester - so lange,
bis sie Erdegas Lebensfluß abzuwürgen drohten.
Erdega schlug um sich. Er kreischte und kratzte und stieß.
Aber er war zu schwach, um gegen das Böse anzukommen. Er meinte
zu ersticken, immer tiefer in einen Sumpf zu versinken.
Ylinas angstverzerrtes Gesicht schwebte über ihm. Sie weinte,
und sie blutete aus Nase und Mund. Die Tränen und die
Blutstropfen fielen auf Erdega hinab. Plötzlich stürzte er.
Die Kabinentür hatte nachgegeben, und er rollte mitsamt dem
auf ihm liegenden Gewicht aus dem Wagen. Es schmerzte nicht, als er
hart aufschlug - nur das infernale Bild vor seinen Augen erzitterte.
Und sein Inneres wurde erschüttert.
Fluchend richtete sich der knochige Mann auf, griff nach Ylina und
zog sie an ihrem wunderschönen roten Haar mit sich.
Erdega sah aus einer schützenden Mulde, wie Ylina auf ihren
Schimmel gebunden wurde. Er sprang auf und rannte - er wollte Hilfe
holen und kämpfen -, aber sein Weg führte ihn immer wieder
nur um den Geländewagen herum. Er bewegte sich im Kreis. Er war
außerstande, sich Ylina oder ihrem skrupellosen Entführer
zu nähern. Es war, als dränge ihn eine unsichtbare Barriere
zurück.
»Ylina!« schrie er.
»Erdega!«
Ihr Schimmel ritt mit ihr davon. Ihr Entführer lachte
schaurig.
Erdega sah sein Gesicht, in dem sich alles Schlechte dieser Welt
spiegelte - eine apokalyptische Fratze. Und er sah Ylinas Gesicht -
das Antlitz der Verdammten dieser Welt.
Die Schlacht war geschlagen und verloren. Das Böse hatte das
Gute wieder einmal besiegt. Und während das Böse mit seiner
Trophäe zum Siegerpodest ritt, irrte der Geschlagene auf
ungewissen Pfaden von Leid zu Leid, von Schrecken zu Schrecken...
Aber es wird nicht immer so sein. Am Ende aller Tage findet er dann
endlich die Schatzkiste. Er öffnet sie, und heraus steigt ein
wunderbarer Regenbogen und nimmt ihn auf. Dann hat alles Leid ein
Ende...
Ein sanftes Rufen weckte Erdega aus seinem Traum.
Er schlug die Augen auf und sah einen völlig erschöpften
Bruder vor sich knien. Janz' Gesicht war verschwitzt und
rußgeschwärzt. Im Hintergrund sah Erdega die beiden Pferde
liegen. Noch weiter hinten sah er rauchende Trümmer.
Erdega richtete sich vollkommen auf. Er nahm dankbar die
Wasserflasche von seinem Bruder und trank langsam und in kleinen
Schlucken. Er trank sie leer.
»Da hast du deine Courilla«, sagte Janz und gab seinem
Bruder das Saiteninstrument.
Erdegas Kehlkopf sprang die ganze Länge seines dünnen
Halses hinauf, als er schluckte; alles Wasser von Halperoon hätte
nicht ausgereicht, um die Trockenheit aus seinem Munde zu schwemmen.
Erdega hielt die Courilla hoch.
»Ist das alles?«
Janz nickte. »Mehr ist von unseren Erinnerungen nicht
erhalten geblieben.«
»Und der Spaten?«
»Doch, der ist uns auch geblieben.«
»Dann gib ihn mir. Ich will graben.«
»Das ist nicht nötig.«
»Aber Ylina.«
»Sie ist nicht tot.«
»Was ist geschehen?«
»Sie ist fort.«
»Aber sie lebt?«
»Ja.«
»Vielleicht - vielleicht, Bruder, kommt sie zurück.«
Janz senkte die Augen, als er den Kopf schüttelte.
Erdega setzte sich in Bewegung. Janz ging neben ihm her. Sie kamen
vorbei an den rauchenden Trümmern des Geländewagens und
mußten den beiden Kadavern ausweichen, die ihnen den Weg
versperrten.
»Ich mußte den Pferden den Gnadenschuß geben«,
sagte Janz erklärend. »Sie wurden von den Trümmern
des explodierenden Geländewagens getroffen. Das hat Ylinas Vater
angerichtet!«
»Aber Ylina ist nicht tot«, murmelte Erdega. »Sie
wird wiederkommen.«
»Warum ersehnst du das, Bruder. Du weißt, daß
dies ein ewiger Teufelskreis ist, aus dem es kein Entrinnen gibt.«
»Ich weiß nichts, überhaupt nichts.«
»Doch«, behauptete Janz. Er hielt Erdega fest und
sprach beschwörend auf ihn ein. »Du weißt, wie wir
diesem höllischen Zyklus ein Ende bereiten könnten. Du
weißt, wo der Schatz von Askadir liegt. Wenn wir ihn
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