PR TB 068 Die Säulen Der Ewigkeit
Das
ist eine wichtige Erkenntnis.«
Im Verlauf der nächsten Stunden erweiterte ich die Karte. Ich
brachte den beiden Männern bei, wie man Höhenlinien
zeichnete, was die einzelnen Symbole bedeuteten und die einzelnen
Farben. Ich verwendete Holzkohle, Ocker, der mit Tierfett angerührt
worden war, Kreide, die mit Wasser angeschlämmt wurde,
feinzerstampftes Malachit. Die Zwischentöne wurden mit Ruß
hergestellt oder mit der reichen Skala des Ockers, von Hellbraun bis
Karminrot. Blau erzeugte ich, indem ich Kupfer,
Kalk und Silikatkristalle unter leichter Hitze schmolz.
Schließlich hatte ich die erste Karte des Nillandes gezeichnet,
und immer mehr Unterführer versammelten sich staunend um den
Tisch. Was sie sahen, glänzte von schnell darübergewischtem
Eiweiß, war trocken und wirkte wie ein Wunder.
Ich deutete nacheinander auf die einzelnen Stellen und sagte laut:
»Wer diese Karte lesen kann, wird sehen, wie und wo man mit
einem Pfeil in die Stadt treffen kann, ohne daß er die Gegend
kennt. Er weiß, wo man mit dem Schiff fahren kann, wo Sand ist,
wo Berge stehen und wo sich Wälder befinden. Und in den nächsten
Tagen und Wochen werde ich diese Karte ergänzen. Jede noch so
winzige Hütte wird hier zu sehen sein. Wenn Menes kommt —
und er wird bald eintreffen! — wird er von hier aus planen
können, ohne Sais wirklich gesehen zu haben.«
Neter-Nacht schlug mir krachend auf die Schulter und rief:
»Ich lobe die Löwenjagd, die uns zusammenbrachte. Du
bist wahrlich wert, ein . . .« Er schwieg verlegen und fügte
leise hinzu: »Nein — das darf ich nicht verraten.«
Ich grinste breit, trank einen Becher gekühlten Wein aus und
sagte zu Hepetre:
»Ich brauche den besten Bogenschützen deiner
dreitausend Männer.«
Er starrte mich mit rätselhaften Augen an.
»Hier? Sofort?«
Ich nickte mit geheimnisvoller Miene.
»Gut.« Er überlegte. Waagrechte Linien erschienen
auf seiner braunen Stirn, da deutete er auf einen seiner Unterführer
und sagte halblaut:
»Menkauhor — bringe den Osorkon her! Mit seinem Bogen
und seinen Pfeilen.«
Ich ging in mein geräumiges Zelt, das aus Stangen,
Leinenrechtecken, Binsengeflecht und Sandboden bestand und holte
meinen Bogen. Den wuchtigen Lederschutz für den Unterarm
brauchte ich nicht mehr umzuschnallen; ich trug ihn fast immer. Ich
suchte den Daumenring hervor, steckte ihn auf und ging hinaus ins
Sonnenlicht. Neben Hepetre stand ein Nubier mit
heller Haut, breiten Schultern; in der Kleidung eines königlichen
Bogenschützen.
»Du bist Osorkon?«
Er nickte schweigend und hob seinen Bogen. Es war ein großer,
einfacher Holzbogen mit einigen ledernen Verstärkungen. Ich sah
mich um und entdeckte in etwa hundertzehn Schritt Entfernung eine
Ansammlung von rohen Stämmen, an den die Schilde der
Lanzenträger hingen, lederne Scheiben auf einem Teller aus
geflochtenen Binsen und Weidenzweigen, mit wenigen kupfernen
Beschlägen.
»Osorkon! Der oberste Schild. Versuche, den Pfeil
hindurchzuschießen, in der Mitte des Schildes.«
In der Mitte glänzte eine kupferne Scheibe, abgewetzt und mit
nassem Sand geputzt. Osorkon stellte sich breitbeinig hin, drehte den
Oberkörper und legte den Pfeil ein. Einen rohen Holzstab mit
schlecht aufgeklebten Federn, einer rohen Kerbe und einer
Feuersteinspitze. Dann hakte er den Fortsatz des Daumenringes ein,
zog die Sehne bis hinter das Ohr aus und löste den Schuß.
Der Pfeil beschrieb einen Bogen und schlug in die Kupferscheibe ein,
splitterte und blieb stecken. Ich grinste wortlos, zog einen Pfeil
aus dem Köcher, zielte sorgfältig und schoß. Der
Pfeil heulte entlang einer absoluten Geraden davon und traf. Er
bohrte dicht neben dem zerbrochenen Projektil des Osorkon ein Loch
und blieb zitternd und unversehrt in dem Palmenschaft stecken.
Mit offenem Mund starrte mich Osorkon an.
»Ich werde euch bessere Bögen herzustellen lehren«,
versprach ich, »und bessere Pfeile.« Ich nahm seinen
Bogen, spannte ihn aus, und als die Sehne mein Ohrläppchen
berührte, knirschte das Holz, und der Bogen brach dicht über
dem ledernen Handgriff. Osorkon ächzte heiser auf. Er sah
tiefbekümmert aus.
»Ich brauche große Mengen von Tiersehnen«, sagte
ich, nachdem ich ihm die Bruchstücke zurückgegeben hatte.
»Dazu die langen Hörner der Schlachtochsen, Zedernholz und
Akazienholz. Dann die Knochen und Knorpel der Fleischstücke.
Einige Schreiner, und die Männer, deren Beruf es ist Bogen zu
bauen.«
»Und das soll sehr schnell
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