PR TB 073 Aktion Alpha 1
Feinde getötet, die sich nicht wehren konnten? Seine Erinnerung sagte ihm, daß das schon oft der Fall gewesen sei, durchschnittlich bei jedem zweiten Einsatz.
Doch seine Erinnerung erschien ihm so vage, daß sie gegen sein Traumerlebnis verblaßte. Melcap Nelson stöhnte erneut.
Traum und Wirklichkeit schienen sich umzukehren.
Der geträumte Flug durch den Weltraum bekam plötzlich mehr Wirklichkeitsgehalt als das hier -das alles. Ja - was, das? Der Krieg. Das Töten. Alles. Er ließ den Revolver einfach fallen, holte sein Verbandszeug aus dem Koffer und ging auf die Verwundete zu. „Keine Angst", flüsterte er. „Ich werde dir helfen." Es stellte sich heraus, daß die Rangerin einen Splitter in die Schädeldecke bekommen hatte, von einer Handgranate offenbar. Zum Glück war der fingerlange scharfe Stahlsplitter vom Helm abgebremst worden und dadurch im Schädelknochen steckengeblieben. Nelson rasierte das blutverkrustete dunkelblonde Haar über der Wunde ab, sterilisierte seinen Dolch und eine Pinzette und machte sich, so ausgerüstet, ans Werk. Seine Finger arbeiteten geschickt. Nach zehn Minuten hatte er den Splitter herausgeholt, die Wunde mit einem Antibiotikum behandelt und verbunden. Danach kümmerte sich der Captain um die Beinwunde, einen Oberschenkelsteckschuß. Hier brauchte er etwas länger, doch er schaffte auch das. Die Rangerin war bereits bei der Entfernung des Granatsplitters ohnmächtig geworden, und Nelson war froh darüber. Die Operation mit unzulänglichen Mitteln hätte ihr sonst böse Schmerzen bereitet. Nachdem er sie anschließend in sein Bett gebracht hatte, entfernte er die Blutlache vor der Tür und alle Spuren in seinem Wohnraum. Dann zog er sich aus, duschte heiß und schob zwei Sessel zusammen, um darauf zu schlafen. Jetzt hätte er einen kräftigen Schluck vertragen können, doch sein Whisky befand sich bei Leigh, und eine neue Flasche wollte Nelson mitten in der Nacht nicht anfordern. Er fürchtete, daß Korporal Tenninck ihm ansehen würde, was er getan hatte. Ganz gegen seine Befürchtung schlief der Captain innerhalb von Sekunden ein. Am Vormittag wurde er durch eine Stimme geweckt, die aus dem Zimmerlautsprecher dröhnte: „Achtung! Achtung! An alle Rangers des marutischen Reiches. In wenigen Minuten erfolgt eine Durchsage des Lagerkommandanten, Oberst Späth! - Ich wiederhole. ..!" Melcap zog seine Jacke aus und hängte sie über den Lautsprecher. Die Stimme klang nunmehr etwas gedämpft. Der Captain wusch sich gründlich die Hände, dann ging er ins Schlafzimmer. Die Verwundete blickte ihm mit klaren Augen entgegen. Nelson atmete auf. Das Antibiotikum hatte wenigstens verhindert, daß sie Wundfieber bekam, was meist geschah, wenn Laien an derartig schweren Verletzungen arbeiteten. Laien ...? Ja, ich bin ein Laie auf diesem Gebiet. Ich weiß nur, wie man Wunden notdürftig versorgt. Aber ich habe ihre Verletzungen wie ein Chirurg versorgt! Habe einen Granatsplitter aus der Schädeldecke operiert! Ein tief im Oberschenkel steckendes Geschoß entfernt - und das alles zusammen innerhalb von höchstens dreißig Minuten! Kein Laie schafft das in dieser Zeit - und so perfekt! Melcap Allan Nelson starrte auf seine Hände. Seine Hände hatten dieses Wunder vollbracht, denn sein Gehirn war niemals in Chirurgie ausgebildet worden. Und genau das gab es nicht. Menschliche Hände konnten zwar einfache Arbeiten ohne bewußte Mitwirkung des Gehirns vollziehen, doch auch diese mußten am Anfang erst verstandesmäßig erfaßt werden. So komplizierte Dinge wie eine Schädeloperation aber benötigten die bewußte Steuerung und eine Menge Wissen, das irgendwann einmal aufgenommen worden sein mußte. Melcap griff sich stöhnend an den Kopf.
„Was ist mit Ihnen, Captain?" fragte die Verwundete leise.
„Bereuen Sie Ihre Tat? Haben Sie Angst vor dem Tribunal?“ Nelson ließ die Hände sinken und starrte die feindliche Rangerin an. Angst vor dem Tribunal? Seltsam! Daran hatte er nicht einmal gedacht. Er schüttelte den Kopf, räusperte sich und fragte: „Wie geht es Ihnen? -Übrigens, mein Name ist Nelson, Melcap Allan Nelson." „Den Umständen entsprechend", antwortete sie. „Ich bin Korporal Nina Salinowa. Vielleicht müßte ich Ihnen dafür danken, daß Sie mich versorgt haben. Aber ich tue es nicht. Warum auch.
Sie liefern mich sowieso aus. Was bleibt Ihnen schon anderes übrig, Captain Nelson." Ja, was blieb ihm schon anderes übrig!
„Nein!" sagte er fest. „Ich werde Sie nicht
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