PR TB 100 Der Kontinent Des Krieges
im Südosten des Flusses, zwischen den Bergen und
dem mächtigen Gebirge. Dort würde er Ruhe finden. Die
Entfernung betrug nicht mehr als drei Tage zu Fuß, also
höchstens zwei Tage im Sattel. In diesem Moment sah er, wie ein
Falke mit ausgebreiteten Schwingen zwischen den Baumwipfeln hervorkam
und einen Sturzflug einleitete. Vaskane riss den Arm hoch und legte
ihn vor seinen Kopf aber der Falke fing sich wieder, riss sich in
einen engen Kreis und stieg, nur mit den Flügelspitzen wippend,
wieder nach oben und schwirrte zwischen den dicken, riechenden Ästen
davon.
Jch sehe Gespenster!“ murmelte Vaskane.
Er hatte eine flüchtige Sekunde lang den Kopf des Falken
gesehen. Unbarmherzige Raubvogelaugen über der gekrümmten
Linie des Schnabels hatten ihn angesehen, als wollte sich der Vogel
den Ausdruck seines erschrockenen Gesichtes für alle Zeiten
einprägen. Die Augen schienen von innen heraus geleuchtet zu
haben. Was war das? Eine eisige Furcht ergriff ihn. „Verdammter
Planet!“ keuchte er auf. Dann gruben sich die Hacken seiner
Stiefel in die Weichen des Pferdes. Das Tier wieherte erschrocken
auf, keuchte und machte einen gewaltigen Satz nach vorn. Dann raste
es in einem gestreckten Galopp den Hohlweg hinauf, hinein in den
Wald, auf den Hügel zu. Der untere Rand des vollen Mondes
berührte gerade noch die Hügelkuppe. Der rasende Wirbel der
Hufschläge entfernte sich, aber der Wolf stand noch immer
regungslos da und drehte nun den Kopf. Er blickte genau in die
Richtung, in der Vaskane floh. Der Weg, den er ritt, führte im
Zickzack und in einem gewaltigen Bogen nach Südosten, nach Osten
und dann wieder in die Gegend von Herbsthausen.
Man schrieb den Mai des Jahres 1645.
Der Wolf schien plötzlich einem inneren Befehl zu gehorchen.
Er senkte den Kopf, drehte ihn mehrmals und lief dann in dem
charakteristischen Wolfstrott davon. Diese Gangart befähigte
Tiere wie ihn dazu, sehr große Strecken ohne sonderlich großen
Kraftaufwand zurückzulegen, in erstaunlich kurzer Zeit Nur der
Falke, ein unsichtbarer Wächter in der Nacht des Vollmondes, zog
weiterhin über dem Flüchtenden seine Kreise und beobachtete
ihn unausgesetzt. Irgendwann würde das gespeicherte Wissen
dieses Robotvogels abgerufen werden, dann konnte er sich, falls
gewünscht, anderen Beschäftigungen oder anderen Objekten
zuwenden.
Stunden später:
Die Morgendämmerung zog auf. Zuerst erschien ein
fahlsilberner Streifen über dem Land. Dann überzogen sich
sein unterer und oberer Rand mit blutrot angestrahlten Wolken. Es sah
aus, als öffne sich im Osten ein ungeheurer Mund, dessen Lippen
aus Flammen bestanden. Gewaltige Speere aus Licht schossen aus einem
Mittelpunkt hervor, als sich die Sonne über den Horizont wälzte.
Überall sahen die Menschen diesen Himmel. Sie blinzelten scheu
in die Helligkeit und flüsterten:
,Ein böses Zeichen! Not wird kommen, noch mehr Not...“
Andere wieder sagten: ,Das ist ein Zeichen Gottes. Er lässt
den Krieg in Flammen zu Ende gehen, ihr werdet es sehen!“
Der Feldherr Mercy, der das Heer der Kaiserlichen befehligte, sah
den Widerschein dieses solaren Feuers auf dem spiegelnden Material
einer Trompete und dachte bei sich: ,pin Morgenrot wie dieses kann
nur Tod oder Sieg bedeuten.“
Dann wurde ihm die Doppeldeutigkeit dieses Gedankens bewusst. Der
Tod des einen war mit dem Sieg eines anderen ver -bunden. Einer der
Männer, die versuchten, die Kanonen in Stellung zu bringen,
betete unablässig vor sich hin. Er wusste, dass viele Männer
heute Abend nicht mehr leben würden.
Wir indessen erreichten die Siedlung just in dem Augenblick, als
die Sonne in unserem Rücken aufging. Fünfzehn Männer,
die Waffen in den Fäusten, den Wimpel aufgepflanzt, das Eisen an
den Armen und um den Oberkörper, und die stählernen Helme
mit den breiten Kinnbändern auf den Köpfen, ritten in die
Siedlung ein. Eine Lichtflut wälzte sich hinter uns her und ließ
uns wie rächende Engel erscheinen oder wie die Reiter aus der
Apokalypse.
,Halt!“ sagte ich. „Jetzt wisst ihr alle, was wir zu
tun haben. Wir suchen den Mann, un d wir werden nachher den
Kaiserlichen helfen - aber auf besondere Art.“
Flach, der Polterer, und Christian, der Schleifer, riefen leise:
„Tod den Schweden! Unser Leben für Adlan!“
,Hoffentlich nicht“, meinte ich und setzte die Sporen ein.
In nerhalb kurzer Zeit waren wir mitten in der Siedlung. Wir
sprengten bis vor das halbverfallene Rathaus, und vier von uns
drangen ein. Sie
Weitere Kostenlose Bücher