PR TB 103 Brennpunkt Vergangenheit
Palme über
Guy. Gleich darauf kletterte ein katzengroßes Wesen behende
herab, schwang sich auf Guys Schulter und schnatterte zärtliche
Töne in sein Ohr.
Der Raumkapitän ergriff es und setzte es auf den Rand des
Brunnens. Er unterdrückte die Wehmut, die ihn bei der Erinnerung
an Tami überkam, und musterte das kleine Wesen genau.
Die Körpergröße stimmte mit der einer terranischen
Hauskatze überein, ansonsten aber sah das Wesen eher einem
zwergenhaften Mandrill ähnlich. Seine goldroten Augen blickten
Guy aufmerksam an, während die gut ausgebildeten Finger über
die silbergraue Mähne strichen und am hellblauen glatten Fell
zupften.
»Du siehst tatsächlich aus wie der Punch, den ich im
Jahre 2400 kennenlernte und bald darauf wieder aus den Augen verlor.
Aber wie willst du beweisen, ob du es wirklich bist? Wahrscheinlich
sehen alle Pallagagga Prescibill Alomenta.«
»Papagaya Possibil Latenta!« kreischte Punch. Er
sprang vom Brunnenrand, lief zur Gittertür und huschte zwischen
den Stäben hindurch ins Freie.
Guy runzelte die Stirn.
»Er hat sich wie der echte Punch benommen. Andererseits ist
es unwahrscheinlich, daß er nach hundertfünfundfünfzig
Jahren immer noch lebt.«
»Warum?« fragte Mabel.
»Wie, bitte?«
»Warum ist das unwahrscheinlich, daß Punch noch lebt?
Hast du denn eine Ahnung, wie alt so ein Tier wird?«
»Nein, das nicht, Mabel. Aber ich bezweifle, daß es
bloß ein Tier ist.«
Mabel seufzte.
»Mir soll das völlig egal sein, Guy. Jedenfalls kümmere
ich mich jetzt um den Gefangenen. Der Ärmste kann doch nicht
ewig auf sein Essen warten.«
»Was kocht George ihm denn?«
»Haferschleimsuppe. Das ist gut für einen kranken
Magen.«
»Woher willst du wissen, ob der Fremde einen kranken Magen
hat?«
»Sein Gesichtsausdruck hat es mir verraten.«
Es dauerte eine Weile, bis Guy begriff, daß seine Schwester
sich über ihn lustig machte. Dann lachte er schallend - und
tauchte Mabel in den Brunnen.
Er war bereits auf dem Weg zur Küche, als sie schimpfend aus
dem Wasser stieg. Schnell ging er zu George. Der Roboter bereitete
gerade eine Portion künstliche Proteine für den Gefangenen
zu.
»Also hat sie auch die Haferschleimsuppe nur erfunden«,
murmelte der Raumkapitän. »George, brau mir einen starken
Kaffee, sobald du mit dem Gallert fertig bist!«
Er steckte einen Finger in die Schüssel und kostete, dann
schüttelte er sich.
»Das schmeckt ja wie Spinnweben mit Spucke, George! Kein
Wunder, daß der Gefangene nicht mit uns reden will. Er muß
deine Mahlzeiten für eine besonders raffinierte Folter halten.«
»Er braucht es nur zu sagen, wenn er etwas anderes wünscht,
Sir«, entgegnete George ungerührt. »So jetzt bin ich
fertig.«
Der Roboter ging zur Kaffeemaschine und stellte frischen Kaffee
her. Dazu reichte er seinem Herrn eine Portion Rühreier mit
Schinken und Toast.
Guy aß mit gesundem Appetit. Anschließend zündete
er sich eine Zigarre an und ging in den Wohnraum, wo er sich einen
Bourbon zu Gemüte führte.
Als er Mabel durch den Innenhof gehen sah, leerte er sein Glas und
stellte es ab. Seine Schwester hatte sich umgezogen und trug einen
schwarzen Hosenanzug mit bunten Ornamenten. Die Kette mit dem
Lichtstein hing um ihren Hals.
Mabel verschwand in Richtung Küche und tauchte wenig später
mit der Proteinmahlzeit zurück, um sie dem Gefangenen zu
bringen.
Guy schob seine Zigarre in den riesigen Aschenbecher und folgte
seiner Schwester. Er bewegte sich leise, damit sie ihn nicht hörte.
Sie wäre sicher beleidigt, wenn sie merkte, daß er ihr
folgte. Aber Guy wollte in ihrer Nähe bleiben, um eingreifen zu
können, falls der Extrasolarier Mabel angreifen sollte.
Doch als er vorsichtig um die Türkante spähte, glaubte
er seinen Augen nicht trauen zu dürfen.
Der Fremde hatte eine Haltung eingenommen, die überall im
bekannten Kosmos das gleiche ausdrückte: Anbetung!
Und er redete mit unverständlichen Gaumenlauten auf Mabel
ein!
Guy Nelson machte kehrt und lief zu George. Mit knappen Worten
erklärte er dem Roboter, was geschehen war und forderte ihn auf,
seine Positronik zur Übersetzung der fremden Sprache
einzusetzen.
George kam infolge seiner größeren Schnelligkeit früher
im Keller an als Guy. Er lauschte eine Weile dem Wortschwall des
Gefangenen, dann sagte er:
»Das nützt nicht viel. Die Sprache enthält zu
viele absolut fremdartige Elemente. Ich muß ein
Entschlüsselungsgespräch führen, um die Struktur
analysieren zu
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