PR TB 111 Der Besessene Von Capucinu
die Kette
der Merkwürdigkeiten um mehrere Glieder verlängern."
"Wie?" fragte ein Mann mißtrauisch.
"Hört zu!" führte Maras drängend aus.
"Schickt schnelle Boten zu den wichtigsten anderen Stämmen.
Wir brauchen mindestens dreihundert Männer. Stellt Leitern
bereit, Wurfanker und schwere Waffen.
Nehmt nur die kühnsten Männer. Wir reiten in zwei Tagen
los; die anderen sollen sich uns auf dem Weg an-schließen. Wir
gehen nicht mit Gewalt, sondern mit List vor. Keine Toten! Nur
Gefangene. Wir befreien die Sklaven. Und die Stadt ist voll reicher
Beute. Das Ducrot-Geld stapelt sich dort. Rass't Kouissi soll uns
führen, ich bin sein Berater. Wollt ihr diesem Plan zustimmen?"
Ein Patriarch hob die Hand und warf drohend ein:
"Seit dieses Weib hier ist, geht es abwärts mit der Ehre
unseres Stammes. Wirwerden siejetzt, da der Häuptling ohne Macht
ist, töten."
Maras sprang auf und legte die Hand auf die Brust.
"Ich sage euch: Rass ist nicht ohne Macht! Was ihr dort
draußen gesehen habt, warein Endpunkt im Leben eines Mannes.
Erwird sich wieder erheben und wird wieder der alte Herrscher werden,
der Mann mit dem Blick des Sperbers derWüste. Ich selbst werde
Aroide mit mir nehmen. Ich kann sie allerdings nur aus der Nähe
des Häuptlings wegbringen, aus seinem Herzen kann ich sie nicht
reißen."
"Gut geredet. Fein ausgesponnen!" murmelten die Alten.
Corsalis mischte sich ein. Bisjetzt hatte er schweigend zugehört
und die einzelnen Teile des Planes durchdacht. Er sagte mit seiner
tiefen Stimme:
"Der Plan dieses Mannes ist gut. Rass ist gefallen, ziemlich
tief, gewiß. Wir werden ihn aufrichten - in ein paarWochen,
wenn sein Herz gesundet ist, wird er wieder der alte Fürst sein.
Ruft ihn herein, und will er nicht, schleppt ihn hierher. Ich spreche
mit ihm ... von Häuptling zu Häuptling."
Corsalis sprach mit Ernst und Autorität. Maras hatte ihn erst
ein oder zweimal so erlebt. Daph deutete auf ihn und fuhr fort:
"Du, Sternenwanderer, wirst bei dieser Unterhaltung nicht
dabei sein. Bringt diesen Mann zu der Quelle allen Übels, zu der
Schwester der Verwirrung, jener Aroide."
"Es wird geschehen."
"Dann geht. Bringt Rass hierher!"
Zwei der acht Männer standen auf, winkten Maras, und er
folgte ihnen. Die Jurte war durch Vorhänge in verschiedene
Bereiche abgeteilt. Dicke Teppiche aus Pflanzenfasern dämpften
die Schritte. Ein andererVorhang wurde zurückgeschlagen, und ein
schmaler Gang tat sich auf. Er bestand aus Balken, die mit Fasern
aneinander befestigt und durch einen Knebel gesichertwaren. Pflanzen
mit spiraligen Ranken und großen fleischigen Blättern
überwucherten die Pergola. Durch ein Muster aus Licht und
Schatten ging es zwanzig Schritte geradeaus, vorbei an einer
Doppeljurte, aus der Gekicher und die Geräusche von Hausarbeit
drangen.
"Die acht Frauen des Häuptlings!" sagte ein Mann.
"Vielfach ist der Wunsch der Vater des Gedankens!"
bestätigte Maras. Es ging um eine Ecke, dann blieben sie vor
einer
schäbigen, kleinen Jurte stehen.
"Hier!" sagten sie.
"Ich danke euch!" erwiderte Maras. "Gehtjetzt und
tut, was ausgemacht worden ist."
"Wir gehorchen, Sternenwanderer."
Maras nickte ihnen zu, lächelte ein wenig und fühlte die
innere Spannung.
Ihm ging alles zu schnell, zu direkt, zu unvermittelt. Kaum war
der Häuptling besiegt, weil er an seiner wunden Stelle getroffen
und überrascht wurde, begeisterte sich der Stamm für die
Pläne eines Außenseiters. Vermutlich war dies ein
Charakteristikum von Menschen, die unmittelbar mit und in der Natur
lebten. Maras seufzte leise auf und schlug den Vorhang zur Seite.
Er nahm an, in eine dunkle Jurte hineinzukommen, aber überrascht
sah er, daß sie strahlend hell war. Einige Segmente
Stoffzwischen den altersschwachen Stützbögen waren
aufgeknöpft und zurückgeschlagen. DerVorhang der Rückwand
war ebenfalls offen. Vor einer Platte, die auf wackeligen Böcken
ruhte, saß eine junge Frau und sah zu, wie sich Maras bückte,
um nicht mit dem Kopf die Jurte umzurennen.
"Ich hörte etwas wie .Sternenwanderer?," sagte sie
leise. Sie besaß die bezaubernde Altstimme des
Schamanen-Computers, das Aussehen von Tilcarena und die Art, sich zu
bewegen, die Khodaina besessen hatte.
Maras blieb stehen und starrte sie an, dann gab er sich einen Ruck
und trat näher.
"Du hast richtig gehört. Man nennt mich so. Du
bistAroide?"
"Ja. Die derzeitige Lieblingsfrau des Häuptlings."
Maras winkte ab. Er starrte in ihr Gesicht und hatte Mühe,
sich zu
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