PR TB 158 Die Frauen Von Avalian
spät", erklärte ich ihr. „Der
Computer reagierte nicht mehr auf meine Worte." „Du hast
es ja noch nicht einmal versucht", warf sie mir vor.
„Doch Elaine. Ich habe im Grunde genommen die ganze Zeit gar
nicht mit dir, sondern mit dem Roboter gesprochen, aber es war
vergeblich."
Wir preßten uns an die Wand, die uns unerbittlich
weiterdrückte. Nur noch mit den Fußspitzen hielten wir uns
auf der Kante, und schon schwankten wir, klammerten wir uns
aneinander, immer noch in der Hoffnung, irgend etwas könnte uns
im letzten Moment retten.
Aber es gab dieses irgend etwas nicht!
Die Stahlwand schob uns über die Kante hinaus. Ich stürzte
zuerst. Elaine folgte mir. Sie schlug mit Armen und Beinen um sich.
Ihre Augen waren geweitet, und sie schrie in ihrer Todesangst.
Instinktiv griff ich nach ihrer Hand. Ich zog das Mädchen an
mich heran, obwohl ich in meiner Panik nicht klar denken konnte. Mir
war einfach, als könne ich mich durch sie retten.
Rasend schnell kam das rote Leuchten näher. Nach wie vor
glaubte ich, daß es glühendes Magma war, in dem wir
sterben sollten.
Die Zeit schien stillzustehen, und der Sturz schien nicht enden zu
wollen. Deutlich sah ich die roh behauene Felswand an mir
vorbeiziehen. Ich sah die helle Öffnung über mir
verschwinden, bis nur noch ein kleiner Punkt da war.
Elaines Gesicht war dicht vor mir. Ihre Lippen waren geschlossen.
Ich sah ihr an, daß sie etwas sagen wollte, aber das Entsetzen
verschloß ihr die Lippen.
Dann erwartete ich den fürchterlichen Aufprall. Doch er kam
nicht. Wir stürzten einfach in dieses rote Leuchten hinein. Für
Bruchteile von Sekunden schien es, als würden wir bis in unsere
Atome zerfetzt. Dann wurde das rote Leuchten zu einer schier
unerträglichen Glut. Es war das Ende. Davon waren Elaine und ich
überzeugt.
Sekunden später war das rote Leuchten verschwunden, und wir
durchrasten etwas Blaues. Wohin ich auch blickte, alles war blau.
Selbst das Gesicht Elaines leuchtete blau. Doch das änderte sich
rasch. Dann wurde alles anders, und allmählich wurde mir klar,
daß wir nicht mehr in die Tiefe stürzten, sondern
senkrecht in die Höhe flogen.
Ich blickte nach unten.
Da war eine runde, blaue Scheibe, die intensiv strahlte. Sie wich
unter uns zurück. Unwillkürlich legte ich den Kopf in den
Nacken. Über mir war etwas Helles, das schnell größer
wurde.
Alles war umgekehrt, nur daß da unten kein rotes, sondern
ein blaues Licht war.
Allmählich schien auch Elaine den Schock zu überwinden.
Sie begriff, daß sie nicht tot war.
„Wo sind wir?" schrie sie und klammerte sich an mich.
„Ich weiß es nicht", antwortete ich. „Wir
sind durch irgend etwas hindurchgeflogen."
Unser Aufstieg verlangsamte sich spürbar, ebenso wie wir die
Beschleunigung bei unserem Sturz gefühlt hatten. Plötzlich
fürchtete ich, daß wir das Helle über uns nicht mehr
erreichen würden, weil unsere Aufstiegsgeschwindigkeit nicht
ausreichte. Aber glücklicherweise irrte ich mich. Alles ging so
schnell, daß ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.
Dann war Helligkeit um Elaine und mich herum.
Instinktiv warf ich mich zusammen mit Elaine nach vom. Wir kippten
über eine Steinkante hinweg und rollten über einen mit
weichen Teppichen belegten Boden.
Ich sah brennende Lichter und blonde Frauen, die aufschreiend vor
uns zurückwichen.
Ohne mir recht darüber klarzuwerden, was ich tat, erhob ich
mich. Meine Knie zitterten, und meine Stimme versagte. Ich streckte
die Arme aus und half Elaine auf die Beine. Dann sagte ich:
„Da wären wir. Sagte ich nicht, liebe Freundin, daß
man uns willkommen heißen würde?"
Jetzt erst spürte ich den Schock, und die Beine drohten,
unter mir nachzugeben. Sinnlose Worte drängten sich mir über
die Lippen. Ich konnte sie nicht zurückhalten. Später
erinnerte ich mich daran, daß ich so etwas sagte wie: „Wir
sind als Götter aus der Tiefe aufgestiegen!"
Elaine kniff mir schließlich mit ihren langen Fingernägeln
in die Hand.
„Sei endlich still", bat sie mich flüsternd.
Ich hielt den Mund und sah mich erst einmal um. Zu diesem
Zeitpunkt hatte ich mich auch schon wieder etwas besser in der
Gewalt. Wir befanden uns noch immer am Rand des Schachtes, aus dem
wir gekommen waren. Vorsichtshalber zog ich Elaine einen Schritt
weiter vom Abgrund weg.
Der Schacht bildete den Mittelpunkt einer tempelartigen Anlage.
Ich sah zahlreiche schneeweiße Säulen, die sich bis zu
einer Höhe von etwa dreißig Metern erhoben.
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