PR TB 165 Nomaden Des Meeres
Ende
geführt werden, die von einzelnen und kleinen Gruppen ausgeführt
werden konnten: Seile flechten, Holzkohle brennen, Schnitzarbeiten,
Ziegelbrennen, jene tausend verschiedenen Verrichtungen der
Haushalte, das Pökeln von Schinken, Bearbeitung der Felle.
Umsetzen von Bäumen, Arbeiten an den Bewässerungskanälen,
Fertigstellen der vielen Innenräume unserer Häuser, und
zahllose andere alltägliche Dinge, die das eigentlich Wichtige
im Leben ausmachten. Das Problem, die Sklaven zu freien Bürgern
zu machen, nachdem sie die Regeln unseres Lebens verstanden hatten,
stellte sich erst später.
»Ich habe begriffen, Gubal, die Stadt, hat also keine Sorgen
mehr, die nicht zu bewältigen wären?« fragte Asyrta.
Sie kannte inzwischen in einem Radius von einer Tagesfahrt rund um
unser Haus alles, was erneuert, wieder aufgebaut oder neu gebaut
worden war. Überall gab es noch viel zu tun, aber jeder hier
wußte, daß wir in einigen Jahren zwar kein Paradies
geschaffen haben würden, aber daß es sich dann leicht und
gut leben ließ in und um Gubal-Byblos - wenn es keinen Krieg
gab.
»Dies habe ich dem Pharao geschrieben!« versicherte
Ka-aper und deutete kurz auf Cheper. »Der Kapitän wird es
mit der LOB DES PHARAO zurückbringen.«
»Jeder von uns hat die Macht«, sagte ich nachdenklich
und nippte an dem Wein. »Jeder von uns hier in diesem Raum wird
in den nächsten Monden ununterbrochen nachsehen, prüfen,
loben, tadeln und oft auch sehr viel nachdrücklicher sein müssen
- wie bisher, Freunde. Wollen wir dies tun?«
»An mir soll es nicht liegen«, meinte Asyrta. »Ich
habe es ein wenig leichter. Sie kommen zu mir, wenn sie Sorgen haben.
Alle, ohne Ausnahme.«
»Das ist mehr oder weniger bei jedem von uns so. Auch zu
mir, zu Neb-Nefer und sogar zu Siren kommen sie.«
Das sagte Ka-aper; der beste Mann, der hier wirkte. Er war nicht
gerade sehr gesprächig, eher ein verinnerlichter Typ, der aber
in Gesellschaft und unter der Einwirkung von Wein aus sich
herausging. Wie ich hatte er sich tausend Fragen gegenübergesehen,
die für ihn weitestgehend unbekannt gewesen waren: wir hatten
jede beantworten müssen und können.
»Eines haben wir noch nicht bedacht«, sagte Cheper zum
Schluß. »Es werden immer mehr Schiffe hierher kommen. Die
HARPYIAI und die BÖSES AUGE waren die ersten. Erinnert euch, daß
Asyrta-Maraye von mehr als zweihundert Kapitänen sprach, mit
denen sie HandschlagVerträge geschlossen hat.«
»Dafür sind wir gerüstet!« sagten der
Krückenmacher und Neb-Nefer wie aus einem Mund. Ich stand auf
und deutete auf das Modell.
»Wir werden den Winter überstehen. Und wenn wir im
Sommer des nächsten Jahres Gubal und das Umland ansehen, so wird
es sich zum Guten verändert haben. Wir haben mit Stein gebaut
und junge Bäume gepflanzt. Bis die Säulen unserer Stadt
niedergebrochen sind, werden Jahrhunderte vergehen. Und wir werden an
anderen Orten neue Städte gründen, Plätze des Handels,
bewohnt von Menschen, die die Freiheit lieben und die Welt mit
offenen Augen ansehen.«
»So soll es sein!« sagte Ka-aper. »Und einen
Tempel werden wir auch bauen. Dort, wo der alte Tempel der Baalat
stand.«
Regen und Sturm, hohe Wellen im Hafen, nasse Mauern und gefüllte
Kanäle, flackernde Feuer im Kamin, kurze Tage und Nächte,
in denen die Sterne nicht zu sehen waren. Der Mond wechselte langsam
mehrmals sein Gesicht. Menschen starben und wurden geboren. Schiffe
legten an und fuhren hinaus, andere flüchteten sich vor Stürmen
in unseren Hafen. Winter. Er brachte Nässe, Kälte und
Besinnlichkeit. Langeweile für uns - die brachte der Winter
nicht. Die fernen Gipfel der Berge hinter den Zedernhügel
überzogen sich mit Schnee und Eis.
Es war einer der Abende, an denen der Wind an den schweren
hölzernen Läden rüttelte und im Kamin heulte. Die
doppelten Vorhänge aus dickem wollenem Stoff, mit bestickten
Borten verziert, bauschten sich hin und wieder, dann zitterten die
Flammen der Öllampen, das Feuer entließ einen Schauer von
Funken, irgendwo krachte eine Tür. Wir waren allein.
Plötzlich, als ich mich an die warme Mauer neben dem Kamin
lehnte und das weiche, seidige Lammfell über meine Schultern
zog, sagte Asyrta flüsternd:
»Wir wissen nicht, was ES mit uns vorhat, nicht wahr,
Atlan?«
Ich schüttelte den Kopf und fühlte mich plötzlich,
nach langen Tagen der Zufriedenheit, wieder unruhig und gespannt.
»Nein. Mir befahl ES, ein Schiff zu bauen, größer
und besser als alle, die wir
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