PR TB 193 Das Ende Der Duplos
Reifenpanne, die ihn natürlich
ausgerechnet an diesem Tag erwischt hatte.
Er hätte heulen mögen, vor Wut, vor Enttäuschung,
vor Verzweiflung.
„Nun", murmelte Cassiddu Templin. „Wenn das so
ist,..."
Er nahm die Zigarettenpackung aus der Brusttasche seiner Jacke,
sah sich die weißen Stäbchen noch einmal kurz an, dann
warf er sie in die Tiefe. Jetzt konnte er sich endlich auch das
Rauchen abgewöhnen - damit die Katastrophe vollständig
wurde.
4.
Der alte Mann biß sich auf die Lippen, als er die Nachricht
erfuhr. Die junge Frau wurde wach, und das kleine Mädchen suchte
die Nähe der Mutter, weil es fror.
Cardon stieß eine Serie von Flüchen aus und stürzte
an den Eingang, als glaube er nicht, was Templin zu berichten hatte.
Cassiddu hatte sich mittlerweile ein wenig gefangen. Er hatte
keine Lust sich umzubringen. Er wußte, daß er nur die
Hand auszustrecken brauchte, so nahe war er dem Tod. Aber er wollte
sich nicht geschlagen geben, und für den Kampf ums Leben, der
ihmjetzt bevorstand, war vor allen anderen Dingen eines wichtig:
Kälte der Gedanken, gläserne Klarheit der Logik,
Verstandesschärfe und Selbstbewusstsein.
„Ein Teil der Ausrüstung kann vielleicht gerettet
werden", sagte er gelassen. „Tauwerk, Kleidung und vieles
andere. Die empfindlichen Dinge sind natürlich zerstört.
Von dem Funkgerät dürften nur noch Splitter übrig
sein. Was das bedeutet, brauche ich wohl niemandem zu erklären."
„Wir können nicht damit rechnen, von hier abgeholt zu
werden", sagte die Frau. Sie sagte es leise und sah dabei zu
ihrem Kind hinüber. Die Tochter spielte mit ein paar Steinen,
hob sie auf, ließ sie wieder fallen, hob sie erneut auf...
„Wir werden also überwintern müssen."
Dem alten Wissenschaftler war anzuhören, wie erschüttert
er war. Templin nickte. Cardon kehrte zurück, blaß im
Gesicht und angefüllt mit Wut, wie seine Gestik deutlich
verriet.
„Noch ein Winter in diesem schrecklichen Land", seufzte
Gaelyn. „Glauben Sie, daß wir das überleben werden."
Templin kannte eine Antwort auf diese Frage, eine harte, kalte,
grausame Antwort.
„Ja", sagte er einfach. „Ich injedem Fall."
Cardon sah ihn von der Seite an, Carruthers runzelte die Stirn.
Gaelyn sah den Jäger verwundert an.
„Was soll das heißen?" fragte sie verwirrt.
„Es bedeutet, daß ich für mich selbst gute
Chancen ausrechne, den Winter zu überleben. Es heißt
außerdem, daß ich fest entschlossen bin, alles zu tun,
was mir nötig erscheint, um dieses Ziel zu erreichen."
Er machte eine kurze Pause. Cardon setzte den Gedanken an seiner
Stelle fort.
„Er will uns damit zartfühlend andeuten, daß er
das Kommando beansprucht und uns sitzen läßt, wenn wir
nicht parieren."
„Sie irren sich", gab Templin zurück. „Ein
Irrtum, der mir typisch für Sie zu sein scheint. Ich wollte
damit zum Ausdruck bringen, daß ich jedem eine gute Chance
einräume, der bereit ist, bis zum äußersten zu
kämpfen. Wenn einer von Ihnen in Gedanken bereits vor dem, was
wir vor uns liegen haben, kapituliert hat, dann soll er die
Kapitulationjetzt vollziehen."
Gaelyn schüttelte den Kopf.
„Aber...", stotterte sie.
„Wir haben selbstverständlich die besten Chancen, wenn
wir beieinander bleiben und uns gegenseitig helfen. Aber ich habe
keine Lust, jemanden mitzuschleppen, der nicht bereit ist, um sein
Leben zu kämpfen."
„Ich glaube", sagte der Alte langsam, „sie wissen
sehr genau, wovon sie sprechen, nicht wahr?"
„Ich habe schon mehr als einen Winter überstanden",
antwortete Templin einfach.
„Und wie stellen Sie sich das Überwintern im einzelnen
vor? Sollen wir in dieser Höhle bleiben, bis die schlimme
Jahreszeit vorüber ist?"
Templin zuckte zu dieser Frage die Schultern. „Ich weiß
es noch nicht", gab er zu. „Dafür spricht, daß
wir hier injedem Fall sicher sind. Dagegen spricht, das wir dann hier
festsitzen,
bis der Winter tatsächlich ein Ende gefunden hat - und dann
müßten wir quer durch das Land nach Lochaan zurückkehren.
Wir könnten wichtige Zeit sparen, wenn wir uns bereits jetzt
daran machten, uns den Rückweg zu erkämpfen." „Damit
vergrößern wir aber das Risiko", warf Carrulers ein.
„Der Weg nach Lochaan ist lang und gefährlich."
„Ich wüßte eine bequemere Möglichkeit",
überlegte Templin laut. „Sie birgt allerdings ihre Tücken.
Wir müßten die Nullarbor Mountains durchqueren, den Murray
River erreichen und auf ihm zur Küste fahren. Dort kommen wir
dann
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