PR TB 210 Das Rote Leuchten
erschien. Abermals zuckten zwei Blitze an ihm vorbei.
Sie schlugen in die Trümmer der zusammengebrochenen Wand. Steine
und Kunststoffplatten glühten auf und verflüssigten sich,
und es wurde so heiß, daß Kennon gepeinigt aufschrie.
Jetzt stemmte er sich mit aller Macht hoch, weil er begriff, daß
er dem Roboter nicht entkommen konnte, wenn er weiterhin auf allen
vieren kroch. Er mußte laufen, um seine letzte Chance zu
nutzen.
Als er sich aufrichtete, blickte er dorthin, wo er den Roboter
vermutete. Im gleichen Moment wuchs die Gestalt des Automaten direkt
neben ihm auf. Der Verwachsene rutschte aus und schlug mit dem Kopf
gegen die Computerbank. Besinnungslos stürzte er zu Boden.
Als er wieder zu sich kam, wußte er zunächst nicht, was
geschehen war. Er befand sich in einem angenehm kühlen Raum, und
er wähnte sich in einer Zeit, als er noch Kind und in einem
Internat gewesen war. Er fürchtete sich vor einer Begegnung mit
dem Internatsleiter, da Schuldgefühle in ihm aufkamen, die er
nicht
zu begründen wußte, aber dann blickte in das von
Las-hat-Narben entstellte Gesicht Ronald Tekeners, und er wußte,
daß er kein Kind mehr war.
„Was ist passiert?” fragte er mit heiserer Stimme. Er
wollte noch mehr sagen, doch er brachte kein Wort mehr über die
Lippen, die allzu trocken und spröde waren. Tekener träufelte
ihm etwas Wasser in den Mund.
„Nichts weiter”, erwiderte der Galaktische Spieler,
als sei tatsächlich nichts Besonderes geschehen. Er war ruhig
und gefaßt, als befänden sie sich nicht mitten in einer
geheimen Anlage eines Feindes, sondern irgendwo auf sicherem Boden.
Kennon richtete sich ruckartig auf. Seine Augen weiteten sich.
Plötzlich erinnerte er sich wieder an den Roboter.
„Alhad Besk”, sagte er und versuchte, sich von dem
Tisch zu wälzen, auf dem er lag. Tekener hielt ihn fest.
„Es ist alles in Ordnung, Ken. Der Roboter ist
kampfunfähig.”
Der Verwachsene blickte sich forschend um. Er stellte fest, daß
er sich in einem kleinen Labor befand, in dem offenbar chemische
Versuche durchgeführt wurden. Dann wandte er sich Tekener zu.
„Sie haben ihn zerstört, Tek?” fragte er.
„Ich kam gerade recht. Ich sah, wie Sie stürzten und
mit dem Kopf gegen die Computerbank schlugen. Den Roboter zu
erledigen, war nicht weiter schwer.”
„Nicht weiter schwer! Ich habe es nicht geschafft”,
entgegnete Kennon mit schriller Stimme.
„Sie hatten keine Waffe. Ich hatte eine. Das war der ganze
Unterschied.” Ronald Tekener sprach in einem ruhigen, fast
gelangweilt klingenden Ton, als ginge es nur um Belanglosigkeiten. Er
wollte seine eigene Tat nicht herausstreichen.
Er wollte Kennon aber auch kein Versagen vorwerfen. Dazu gab es
keinen Grund.
„Sie meinen, ich hätte die Maschine zerstört, wenn
ich die Waffe bei mir gehabt hätte?"
Tekener lächelte verwundert.
„Warum fragen Sie? Daran gibt es doch wohl keinen Zweifel."
Das ängstliche Lauern in den Augen Kennons verschwand. Das
Gesicht des Verwachsenen entspannte sich. Kennon spürte, daß
Tekener es ehrlich mit ihm meinte, daß er ihm keinerlei
Vorwürfe machte, und daß er ihn nicht verachtete, weil er
vor dem Roboter geflüchtet war.
Die Erinnerung an die Ereignisse im Internat überfiel ihn,
und er wandte sich ab, um Tekener nicht sehen zu lassen, wie sein
linkes Augenlid zuckte. Die Kehle wurde ihm eng. Er wußte, dß
ihm die Stimme versagen würde, wenn er versuchte zu sprechen.
Damals war alles anders gewesen. Man hatte ihm Vorwürfe
gemacht. Kennon glaubte die verächtliche Stimme des Schulleiters
zu hören. Ihm war, als laste man ihm erneut die Schuld an dem
Tod Livs und ihres Bruders Thore an.
Niemand, so schien es, hatte auch nur versucht, die Wahrheit
herauszufinden. Auf ihn hatte niemand gehört. Seine Beteuerungen
waren an seinen Erziehern abgeglitten. Es war, als wäre eine
gläserne Wand zwischen ihm und ihnen gewesen, die verhindert
hatte, daß sie ihn verstanden.
„Wir sind gescheitert", sagte Kennon. Er fing sich,
richtete sich auf und rutschte vom Tisch. Mit beiden Händen fuhr
er sich über den Schädel. Er bemerkte, daß seine
Haare abgesengt waren, aber das störte ihn zu seiner eigenen
Überraschung nicht. „Es ist wohl klar, daß
mittlerweile oben die Sirenen heulen. Wir haben keine Chance,
herauszukommen, und wahrscheinlich wird man vermuten, daß wir
an dem Amoklauf des Roboters schuld sind."
„Wo bleibt die Logik des Kosmokriminalisten?" frag
te Tekener lächelnd. „Der
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