PR TB 225 Eiswelt Cyrglar
verstieß gegen
terranisches und interstellares Gesetz. Anders ließen sich die
Vorbereitungen, die Markov traf, nicht erklären.
Gut. Gesetzt den Fall, Markovs Söldner griffen an - welche
Möglichkeiten der Verteidigung blieben dann den Cyrglarern?
Keine. Die Söldner waren mit fortschrittlichem Gerät
ausgestattet, sie kannten die Wohnplätze der Eisweltbewohner und
konnten ungestört einen nach dem ändern unter Feuer nehmen,
bombardieren oder was ihnen sonst noch in den Sinn kam. Den
Cyrglarern blieb nichts anderes übrig, als schleunigst Reißaus
zu nehmen und zuzusehen, daß niemand dem Bombardement zum Opfer
fiel.
Was dann? Wieviel Proviant konnten sie mit sich schleppen? Wenn
die Vorräte in ihren Wohnplätzen zerstört waren,
würden sie in spätestens zehn Tagen verhungern. Wenn sie
nicht zuvor schon erfroren waren; denn auch die vorzüglichen
Schneemonturen schützten den Körper, der sich nicht
zwischendurch irgendwo aufwärmen konnte, nur begrenzte Zeit.
Wenn man die Erde benachrichtigen könnte, wäre das eine
andere Sache. Proviant und Notquartiere konnten binnen eines halben
Tages herbeigeschafft werden. Aber der einzige Hypersender stand in
der Psiorama-Niederlassung, und Markov, der wußte, daß
Langion Brak sich unter den Cyrglarern befand, würde zusehen,
daß sich kein Unbefugter dem Senderaum näherte. Dasselbe
galt für die Schiffe, die auf dem Raumhafen standen.
Es gab die Möglichkeit, einen Stoßtrupp nach Weikesh zu
schicken und die Benützung des Senders mit Gewalt zu erzwingen.
Außerdem waren da noch Humbert und Louisa, die womöglich
einen besseren Weg wußten, an den Sender zu gelangen.
Blieben die Anderen-Wahren, die Eis-Elfen. Sie waren Energiewesen,
und obwohl ihr Wohnort identisch war mit dem Punkt, auf das sich das
Interesse der Psiorama konzentrierte, würde Markov ihnen
vermutlich nicht viel anhaben können. Aber die Cyrglarer
brauchten ihre Freunde. Wer sonst sollte ihnen Wärme und
Zuversicht spenden? Es schien klar: die Eis-Elfen mußten
zusammen mit den Einen-Wahren die gefährdete Gegend verlassen.
„Das ist unmöglich“, sagte eine Stimme mitten in
seinem Bewußtsein.
7.
Er bezwang die Überraschung und den Impuls, mit einem Satz in
die Höhe zu fahren. Er öffnete nicht einmal die Augen.
„Ich habe dir nicht erlaubt, in meinen Gedanken zu lesen“,
sagte er ernst.
„Ich kann deine Gedanken nur erkennen, wenn sie sich mit mir
befassen“, antwortete Urd. „Ich erkannte, daß du im
Begriff standst, einen Denkfehler zu begehen. Die Anderen-Wahren
können die Grellin nicht verlassen, wenigstens nicht auf Dauer.“
Das war dieselbe klare Stimme, die er schon einmal gehört
hatte - vor zwei Nächten, als er vor Marqutsons Schweber
flüchtete.
„Warum nicht?“ fragte er.
„Die Grellin ist unsere Heimat. Aus den Tiefen ihrer Höhlen
beziehen wir die Kraft, die wir zum Leben brauchen.“
„Welcher Art ist diese Kraft?“
„Mir fehlen die Begriffe, um deine Frage zu beantworten.“
„Du weißt, daß das Volk der Einen-Wahren sich in
Gefahr befindet?“
„Ja. Ich hörte es von Otkod.“
„Otkod? Du bist Urd, nicht wahr? Du bist immer in meiner
Nähe? Wie kannst du es von Otkod gehört haben?“
„Iff, Urd, Noqh, Djin... was ist der Unterschied?“
antwortete der Eis-Elf. „Wir sind nicht Individuen in eurem
Sinn. Wir gehören alle dem großen Volk der Anderen-Wahren
an. Was der eine weiß, weiß auch der andere, solange wir
uns nur nicht zu weit voneinander entfernen. Der Urd, der morgen bei
dir ist, wird ein anderer sein als der heutige Urd; aber du wirst den
Unterschied nicht bemerken.“
Es war ein verwirrendes Bild, das sich da vor Langions Augen
auftat. Er fragte sich, wieviel die Cyrglarer über die Struktur
des Volkes der Anderen-Wahren wissen mochten. Für den Terraner
des 36. Jahrhunderts war der Begriff der Gemeinschaftsintelligenz ein
geläufiger. Weikesh und seine Expedition aber waren auf Cyrglar
gelandet, als die menschliche Raumfahrt noch in den Kinderschuhen
steckte und das Wissen um die Vielfalt der Erscheinungsformen, die
intelligentes Leben annahm, sich erst zu entwickeln begann. Seitdem
waren die Bewohner der Eiswelt vom Rest des Universums abgeschnitten.
Sie hatten den Lernprozeß der Menschheit nicht mitgemacht.
Konnten sie verstehen, daß die Eis-Elfen keine Individuen
waren, sondern Zweige an einem Baum, Köpfe der Hydra,
Seifenblasen aus einem einzigen Laugenbottich?
Er durfte sich nicht verlieren. Die Xenologie konnte
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