PR TB 227 Wolken Des Todes
essenden
und trinkenden Gäste, immer wieder von uns flankiert, den
Eindruck eines Mitschmausenden zu erwecken. Indes tat er nichts
anderes, als an seinem Bier zu riechen. Nach Ocir-Khensos Aussage
hatten wir 18.1818... Prozent unserer Aufgabe erfolgreich hinter uns
gebracht.
Tursha warf Ptah-Sokar Blicke zu, die für jeden außer
ihm eindeutig waren. Das Gastmahl ging zu Ende, und Ocir und ich
zogen uns zurück.
„Was jetzt, Atlan?" fragte er. Ich wies auf die
gestapelten Ausrüstungsgegenstände und antwortete: „Wir
schlafen ein paar Stunden, und dann klettern wir in dieses famose
Gefährt und fliegen bis ins Herz dieses Kontinents ohne Namen.
Du wirst natürlich nicht schlafen, Ocir."
„Du weißt, daß die planerischen und
rechnerischen Prozesse bei mir etwas schneller und fehlerlos
ablaufen."
„Besonders dann, wenn sie von meinen Informationen
abhängen."
„Selbst dann. Ich werde uns alle morgen an den Zielort
bringen, wie beim letztenmal. Nehmen wir Tabarna und Tursha mit?"
„Ich weiß es nicht. Was rät dein vorzüglicher
Verstand?"
„Das übernächste Ziel wird ein schwieriges
Unternehmen. Du weißt, warum. Ich glaube, es ist besser, wenn
wir sechs statt vier sind. Vielleicht ist Tursha überflüssig,
aber sie wird Ptah bei guter Laune halten."
„Vielleicht entscheidet sich Ptah anders. Ich bin dafür,
Tabarna mitzunehmen. Einverstanden?"
„Mehr als fünfundachtzig Prozent Wahrscheinlichkeit
sprechen für ihn", schloß der Mondroboter. Wir
besprachen die letzten Einzelheiten, dann verabschiedeten wir uns vom
Rest der Gäste. Einige Stunden Schlaf erfrischten uns, und ich
war nicht erstaunt, als Ptah-Sokar allein im Heck des Gleiterbootes
kauerte, als wir zur verabredeten Stunde am Ufer des Uruttu trafen.
Hundert Atemzüge später befanden wir uns in der Luft.
Tabarna klammerte sich an den falschen Bug dieses Wunders aus Marduks
oder Assurs Hand.
Eine lange Reise, ein langer Flug lag vor uns.
Vor dem kalten Fahrtwind durch die durchsichtige Energieblase
geschützt, schwebten wir zuerst nach Westen, bis wir jenseits
des schroffen, waldarmen Gebirges die roten Hänge des
Meeresufers erreichten. Vor uns lag der langgezogene Meeresarm, der
Ägypten und das Zweistromland trennte. Wir wandten uns im
Morgenlicht nach links und flogen ununterbrochen die Küste
entlang. Weit unter uns konnten wir einige Schiffe sehen; ägyptische
Seeschiffe, die zu fernen Küsten unterwegs waren, oder
phönizische Warensegler, oder andere, die ich nicht kannte. Sie
zogen spitze Kielspuren hinter sich her. Stunde um Stunde verging,
während wir nach Südost schwebten und an der engsten Stelle
des Meeres die Grenze des riesigen Kontinents überflogen.
Rechts unter uns lagen die Katarakte des Nils. Von der Wolke über
Theben sahen wir nur noch unbedeutende Reste. Ocir steuerte
schweigend und zuverlässig, und unter uns wechselte unaufhörlich
das Aussehen des Landes. Wüstenflächen wurden von Wäldern
durchbrochen, mäandernde Flüsse zogen durch breite Täler,
Seen und Savannen breiteten sich vor uns aus.
„Wir sollten uns, bevor es Nacht wird, ein gutes Lager
suchen", sagte ich. „Wir schaffen nicht die gesamte
Strecke bis zum Ziel. Zuviel Eile ist sinnlos."
„Das ist eine kluge Entscheidung", bemerkte Ocir an der
Steuerung. Inzwischen hatte sich Tabarna an die seltsame
Fortbewegungsart gewöhnt. Aber durch die Art seiner Fragen ließ
er erkennen, daß er wußte, daß wir uns hoch über
dem Erdboden bewegten.
„Und was ist mit dem Geschoß?" fragte Ptah und
schob sich näher an die Steuerung heran. Er nahm die Karte und
verglich die Eintragungen mit dem, was er sehen konnte. Das
Sonnenlicht kam uns jetzt entgegen; wir flogen nach Südwesten.
„Es wird warten müssen", sagte ich. „Wir
haben noch neun Abschüsse vor uns."
Zwölf Stunden lang waren wir ununterbrochen in großer
Höhe geflogen, fast mit höchster Geschwindigkeit.
Baumsavannen und Moorflächen und eine Flußgabelung lagen
unter uns. Ocir ließ das Boot absinken und strich einige
Bogenschußhöhen über den Baumwipfeln dahin. Wir
hatten seit Betreten dieses Kontinents weder einzelne Menschen noch
eine Siedlung gesehen. Nur ab und zu hinter der Kulisse des Waldes
dünne, graue Rauchsäulen. Aber schon drohte zur linken Hand
eine riesige, dunkle Fläche, die noch nicht in ihrer ganzen
Ausdehnung zu erkennen war: Die Wolke.
„Suche eine sichere Fläche, wenn möglich mit
Wasser und genügend Feuerholz", wandte ich mich an Ocir.
Zwar schien das
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