PR TB 245 Das Ende Eines Herrschers
der
bogenförmig zugemauert war - verschmolz der Damm mit den übrigen
Hügeln der Stadt. Auf seinem Rücken entstand eine Straße
aus flachen Steinen, zwischen denen Gras wuchs. Als die ersten
Baumstämme in den Ufergrund des Flusses gerammt wurden, mußten
wir sie mit dreibeinigen Rammen befestigen. Die Gespanne, von sechs
Ochsen gezogen, brachten Steine und Geröll herbei, und wir
versenkten viel Material dort, wo der Indus an die geschwungene
Baumreihe drängte. Der Druck der Strömung preßte den
Schutt gegen die Pfähle. Jeden Tag schafften wir einen Schritt,
karrten Erdreich herbei und setzten Uferpflanzen. Auch im Innern des
gerundeten Vorsprungs, wo sich die Strömung jetzt zu drehen
begann, entstand ein Schüttdamm.
Gegen Ende des Jahres waren die wichtigsten Einrichtungen
vorhanden. Genug Platz, um hundert Fischerboote an Land zu ziehen.
Erste Gebäude und Gerüste, die den Kern einer Werft
bildeten, in der jetzt erst die INDRAS VAJRA stand, befanden sich
gegenüber einer Häuserzeile, in der die Fische ausgenommen,
eingesalzen und verkauft oder eingetauscht werden konnten. Ein
dickbäuchiger, listiger Mann richtete ein Haus ein, in dem jeder
trinken und essen konnte; eine erste Hafentaverne. Aber zu dieser
Zeit gab es nur kleine Salzkarawanen und wenige Boote, die aus der
Richtung des Meeres kamen und meist nur das kostbare Salz
eintauschten, das wir nicht selbst gewinnen konnten. Es gab bereits
die gemauerten Fundamente, die später einen Leuchtturm aufnehmen
sollten.
Und von der Stelle aus, in der unser Hafen mit dem Ufer und den
Außenbezirken Pattalas verschmolz, errichteten wir Schritt
um Schritt eine Mauer, die auf wuchtigen Steinen ruhte und aus
gebrannten Ziegeln hochgemauert wurde. Natürlich diente sie mehr
dem Hochwasserschutz als der Verteidigung gegen einen starken
Angriff. Es war sinnlos, daran zu denken, daß unsere
liebenswerte Stadt einem starken Angreifer ernsthaften Widerstand
entgegenbringen konnte.
Das nächste Hochwasser kam.
Als das Wasser stieg, öffneten wir die Schieber des
Hauptkanals. Wasser schäumte herein, zischte über die
Ziegel, leckte am Pech der Befestigungen und bildete eine
zungenförmige Welle. Ganz Pattala stand am Kanal und sah zu, wie
er sich füllte, wie das lehmbraune Wasser quer durch die Stadt
und schließlich in den See floß. Die untersten Abschnitte
des grünen Tafelbergs wurden überflutet, und in diesem Jahr
gab es keine Stelle, an der die Wucht der Strömung die Wälle
zerstörte. Die eingerammten Stämme hielten, kein
Schwemmaterial rutschte in den Indus.
Als der Hauptkanal gefüllt war, als der See sich brodelnd und
gurgelnd in eine ebene Wasserfläche verwandelt hatte, schlossen
wir den Hauptschieber bis auf einen kleinen Spalt und öffneten
die Gatter der abzweigenden Kanäle.
Binnen Stunden sahen wir von den Dächern der Häuser das
Netz- und Gitterwerk der gefüllten Kanäle bis zum Rand des
Dschungels, in dem in den Nächten das grollende Donnern der
Tiger zu hören war und das aufgeregte Kreischen der Affen.
Die Regenzeit und die Flußschwelle waren Tage und Monde, in
denen wenig gearbeitet wurde. Das Leben verlagerte sich ins Innere
der Häuser und in Scheunen und Werkstätten.
Die wenigen Bewohner, die im leichten Regen und in der
mittäglichen Schwüle im Freien waren, winkten uns lachend
zu. Charis, Shastry und ich saßen auf der Sattelplattform eines
Elefanten. Das Tier trottete mit gesenktem Rüssel langsam über
die mittlere Straße. Wir waren in leichte Mäntel gehüllt
und trugen strohgeflochtene Hüte.
»Du hast etwas vor, Shastry!« sagte ich. Er saß
hinter dem Kopf des Tieres, das unentwegt mit den faserigen Ohren
wedelte und ab und zu einen Zweig von den Bäumen riß und
sich ins Maul stopfte. Shastry nickte und grinste vergnügt.
»Erinnere dich an mein Versprechen, Baumeister.«
»Wohin geht es?«
»In den Wald. Ins Lager der Elefanten.«
Die befestigte Straße wand sich als doppelte Schleife durch
die Siedlung entlang von Häusern und mauergeschützten
Gärten und unter Bäumen hinweg. Wir kamen über drei
Brücken, sahen saufende Kühe und Ochsen am Kanal. Überall
zauberte der Regen das Wachstum aller Pflanzen hervor. Die Kamine
rauchten, die Hühner gackerten in den Ställen und Gehegen,
überall drang der Geruch nach Gewürz und Braten aus den
weit offenen Türen. Es gab in Pattala keinen ernsthaft Kranken
und nicht die Spur von Elend oder Armut.
»Eine Jagd?« fragte ich und rasselte mit den Pfeilen
im
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