PR TB 247 Albatros
Die Dunstglocke über ihnen hatte sich verdichtet,
die Nebelwand rückte von allen Seiten auf sie zu. Und diese
Tatsache war es, die für Fellmer die Szenerie unwirklich machte,
seine Vorstellung von einer Serengeti-Komposition trübte.
Du hörst mir gar nicht zu, Fellmer, beschwerte sich Poe in
Gedanken. Ich habe mir das Beisammensein mit dir etwas anders
vorgestellt, zwangloser und unbekümmerter. Ich könnte etwas
Erheiterung brauchen. Ich war zuvor nämlich in einem
schrecklichen Alptraum.
»Ich fürchte, hier können wir nicht bleiben«,
sagte Fellmer. »Ich spüre förmlich, daß sich
etwas um uns zusammenbraut.«
Die Gnus reckten plötzlich ihre Köpfe und zuckten
unruhig mit ihren Lauschern. Irgend etwas beunruhigte diese sensiblen
Tiere.
»Du läßt dich nur von deiner Fantasie narren,
Fellmer«, meinte Poe lachend. »Aber wenn es dir lieber
ist, können wir dein Dorf aufsuchen. Bringe uns hin, ich lerne
gerne andere Menschen kennen.«
Fellmer seufzte.
»Wenn du willst, dann mußt du mit mir zu meinem
Asteroiden kommen«, sagte er. »Es ist auch der einzige
Ort, wo wir vor Mom sicher wären.«
Denke nicht so über Mom! plärrte Poe ihn an.
Fellmer zuckte zusammen, als er sah, wie die Gnu-Herde sich
plötzlich in Bewegung setzte. Die Zebras folgen ihrem Beispiel
und rissen die Büffel mit. Und dann erbebte die Steppe unter dem
Donnern unzähliger Hufe. Fellmer sah noch, daß die Tiere
geradewegs auf sie zuhielten, dann senkte sich der Nebel urplötzlich
herab und hüllte alles ein. Der Nebel war so dicht, daß
Fellmer den Jungen kaum sehen konnte, obwohl er in Reichweite von ihm
stand.
»Eine Stampede!« rief Fellmer. »Du mußt
uns in Sicherheit bringen, sonst trampeln uns die Tiere zu Tode. Poe,
wo bist du? Ich kann dich nicht sehen.«
Der Nebel brachte einen seltsamen Geruch mit sich. Die Luft stank
auf einmal nach Schwefel, Fellmer rang nach Atem.
Gebrauche deine Fantasie, riet Poe ihm. Dann wirst du erkennen,
was für ein grandioses Schauspiel Mom uns bietet.
Fellmer meinte, ersticken zu müssen. Der beizende Gestank
schien ihm die Atemwege zu verbrennen, seine Lungen schienen zu
bersten. Und über allem lag das Donnern der Hufe. Es war schon
so nahe, daß er meinte, jetzt und jetzt überrollt zu
werden.
Poe!
Aus dem gelblichen, wallenden Nebel tauchte der mächtige
Schädel eines Büffels auf, und er stieß wie ein
Rammbock auf Fellmer zu.
In diesen Sekunden vor dem unausweichlichem Ende sah Fellmer wie
in einer Vision und wie in der Zeitlupe, was innerhalb des nächsten
Atemzugs mit ihm passieren würde. Der Schädel würde
ihm beim Aufprall den Brustkorb eindrücken, das Horn würde
sich in seinen Leib bohren, er würde hochgeschleudert werden,
zurück auf den Boden fallen und von den nachkommenden Tieren
niedergetrampelt werden. nur der ferne,
unerreichbare Asteroid hätte ihm Geborgenheit geben können.
- Mom, das darfst du nicht!
Aber es passierte nicht. Der vorderste Büffel prallte auf
einmal zurück, als sei er gegen eine unsichtbare Barriere
gerannt. Er knickte in den Vorderläufen ein, kippte zur Seite.
Der Nebel riß auf, wie von einer Sturmbö gesprengt -
und Fellmer bot sich ein unglaubliches Schauspiel. Die vordersten
Büffel wurden von einer unsichtbaren Kraft erfaßt und
gegen die nachkommenden Tiere gedrückt. Unter das Donnern der
Hufe mischte sich das Geräusch brechender Knochen und das
Brüllen der tödlich getroffenen Kreaturen.
Eine weitere Sturmbö fegte durch den Luftraum. Fellmer
erblickte eine Wolke aus Federn, durch die zerzauste Geiervögel
in unnatürlichen Verrenkungen gewirbelt wurden.
O Mom, Mom, Mom! Warum verstößt du mich!
Fellmer spürte die Qual von Poes Gedankenruf fast körperlich.
Und dann vernahm er eine andere Telepathenstimme, die ihm aus
irgendeinem unerklärlichen Grund feminin vorkam.
Das trifft nicht dich, Omni. Das Fremde muß ausgetilgt
werden! Töte es, Omni, bevor es dich umbringt!
Fellmer wußte, daß diese Bedrohung nur gegen ihn
gerichtet war. Dennoch kam er sich wie ein Statist vor, der
außerstande war, in das Geschehen einzugreifen.
Er konnte nur eines tun: Er dachte an seinen Asteroiden als
einzigen Ort der Sicherheit und Geborgenheit. Nur fern von hier,
außerhalb der Reichweite der eifersüchtigen und
rachsüchtigen Mom, konnten sie Ruhe finden.
Aber Fellmers Hoffnungen zerbrachen, als zwar die Szene wechselte
und er sich mit Poe im Dickicht eines Dschungels wiederfand, das
Chaos jedoch auch hier augenblicklich
Weitere Kostenlose Bücher