PR TB 248 Geiseln Der Sterne
Atmen fiel schwer in dieser feuchtigkeitsgesättigten
Luft. Unser ohnehin nicht schneller Gang verlangsamte sich weiter,
die Schritte wurden schleppender. Wie mit Saugnäpfen klammerte
sich der Schlamm an unsere Stiefel, jedes Anheben des Fußes
kostete Kraft.
Immer wieder kamen wir an Gewächsen vorbei, die über und
über mit verlockend aussehenden Früchten behangen waren. Es
kostete mich jedesmal einige Überwindung, nicht einfach die Hand
auszustrecken, das
knackige Obst zu pflücken und hineinzubeißen.
Mechanisch trottete ich hinter Stelton her, beobachtete auch die
Umgebung, ertappte mich aber immer wieder dabei, daß ich nicht
nach verdächtigen Bewegungen und wilden Tieren Ausschau hielt,
sondern nach fruchttragenden Bäumen.
Plötzlich hatte ich eine Idee. Der Entführer hatte uns
doch auch Obst servieren lassen, und es war nicht anzunehmen, daß
es von einem anderen Planeten stammte. Es war uns bekommen, also
brauchten wir uns nur nach Pflanzen umzusehen, die die
auberginenfarbenen birnenförmigen Früchte trugen. Die
Aussicht, bald Hunger und Durst stillen zu können, beflügelte
mich förmlich, schlagartig besserte sich meine Laune.
Als ich den anderen davon erzählte, ging ein regelrechter
Ruck durch ihre Körper, die Augen glänzten, neue Kraft
durchströmte die beiden Terraner; forsch schritten sie aus. Ich
folgte, und diesmal meckerte Gucky nicht, er schien sogar seine
Schmerzen vergessen zu haben, niemand war mehr müde.
Auf einmal sah ich auch wieder die Schönheiten des Urwalds.
Exotische Falter gaukelten durch die Luft, winzige Vögel,
Kolibris ähnlich, schwirrten gleich fliegenden Edelsteinen von
Blüte zu Blüte. Farbenprächtige Blumen in allen Formen
und Größen sorgten für bunte Tupfer, dichtbesetzte
Rispen mit ihren Blütenkaskaden verströmten einen
betörenden Duft. Ob Hölle oder Paradies - es kam eben immer
auf den Standpunkt des Betrachters an.
Der Kleine entdeckte die auffälligen Früchte als erster.
Sie wuchsen weder an Sträuchern noch an Bäumen, sondern
an einem efeuartigen Rankgewächs mit großen ledrigen
Blättern, deren Oberfläche glänzte, als wäre sie
mit einem speziellen Spray behandelt worden.
Drei der violetten Früchte hingen in Reichweite. Ernestin gab
sie Gucky und mir. Mit wahrem Heißhunger machten wir uns
darüber her. Das Fruchtfleisch hatte die Farbe von Kiwis, und so
ähnlich schmeckte es auch. Ich konnte mich nicht erinnern,
jemals etwas Köstlicheres gegessen zu haben.
Währenddessen hatte Oman die Festigkeit des verholzten,
armdicken Schlingers geprüft und kletterte gewandt wie eine
Katze daran empor. Es gelang ihm, ein halbes Dutzend reifer Früchte
zu pflücken, die er Stelton zuwarf, dann stieg er wieder zu uns
herunter.
Jeder von uns verzehrte zwei der Birnen, die letzte teilten wir
uns redlich. Natürlich waren wir nicht gesättigt, aber
immerhin hatten wir jetzt etwas im Magen, gleichzeitig hatten wir mit
dem saftreichen Obst Flüssigkeit aufgenommen, die unser
Organismus so dringend benötigte. Nun, da feststand, daß
wir nicht verhungern und verdursten mußten, blickte ich wieder
etwas zuversichtlicher in die Zukunft.
Die Kulisse hatte sich in den letzten Stunden merklich verändert.
Die Urwaldriesen waren spärlicher geworden, das Unterholz nicht
mehr so dicht; zunehmend beherrschten Palmen und Palmettos das Bild,
die fleischigen Pflanzen wurden von krautigen Gewächsen
verdrängt. Man konnte den Himmel sehen und die Sonne; sie hatte
ihren Zenit bereits überschritten,
aber es war immer noch sehr heiß. Anders als in der
Treibhausatmosphäre des Dschungels, wo die Hitze unbeweglich
unter dem dichten Blätterdach stand, ging hier eine sanfte
Brise, die erfrischte. Es roch auch nicht mehr nach feuchter Erde und
Moder, sondern frisch nach Wasser, Salz und Jod. Wenn ich mich nicht
sehr täuschte, hielten wir auf eine große Wasseransammlung
zu - auf ein Meer.
Wir waren noch zweimal auf die fruchttragenden Ranken gestoßen
und hatten sie abgeerntet. Allzu hungrig und durstig waren wir nun
nicht mehr, dafür aber müde und erschöpft. Das lag
nicht allein an dem kräftezehrenden Marsch, sondern auch an
einer Begegnung mit einer Rotte fuchsgroßer Tiere. Wir hatten
uns ihres Angriffs erwehren und sie in die Flucht schlagen können,
aber allesamt Verletzungen davongetragen. Gucky war in die linke Hand
gebissen worden, ich in den rechten Oberschenkel; Gerslik war an
beiden Armen verletzt worden, Ernestins linke Wade wies eine
Fleischwunde
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