PR Tefroder 01 - Das genetische Siegel
bestand. Er konnte es nicht beim Namen nennen, nicht in Worte fassen. Es war eher ein Gefühl, eine tiefe Überzeugung, die es ihm ermöglichte, über die offensichtliche Bösartigkeit hinwegzusehen und die seiner Meinung nach unnötigen Grausamkeiten zu tolerieren. Was hätte er auch sonst tun sollen? Die bloße Vorstellung, an seinem Meister Kritik zu üben, war geradezu lächerlich.
»Wann ist es so weit?« Cha Panggu stand am Leitstand der CHAJE und generierte aus der Gebildegrube im Brustkorb einen Armtentakel, mit dessen Fingerenden er über die Sensorfelder der Konsole fuhr. Fenji Eichach stand nahe genug, um den penetrant süßen Duft des Zorns riechen zu können. Im Plasmafundus der Gebildegrube stieg sogar eine kleine Blase nach oben und zerplatzte an der Tentakelwurzel. Der Duft verstärkte sich, und rauchige Erregung mischte sich darunter. Die Spitze des Armtentakels tippte an Fenjis Kinn. »Hast du mich nicht gehört? Wann ist es so weit?«
Fenji musterte das Hologramm, das über der Konsole entstand und eine Realaufnahme der umliegenden Sterne zeigte. Ihr Schiff raste auf einen violetten Sternennebel zu, dessen Form ihn an irgendetwas erinnerte ... etwas, das er nicht beim Namen nennen konnte. »Mir liegen exakt dieselben Daten und Berechnungen vor, die du ebenfalls kennst. Ich kann nichts anderes, als...«
»Schon gut!«
Wie Fenji es hasste, unterbrochen zu werden. Schon als Kind hatte er darunter gelitten, und jedes Mal versetzte es seinem Selbstbewusstsein einen neuen Schlag. Cha Panggu hatte das vom ersten Tag an gespürt und nutzte es immer wieder als Mittel, seinen Schüler zu züchtigen. Es ging einfach, es kostete kaum Mühe, aber es war äußerst effektiv. Fenji schaffte es nicht, sich darüber zu erheben. Wie immer sagte er sich, dass es keine Rolle spiele, dass er sich durch Panggus Machenschaften nicht beeinflussen lassen durfte - es half nichts.
In der Zentrale herrschte völlige Stille, die Besatzung arbeitete schweigend. Jeder Handgriff war tausendfach geübte Routine. Irgendwo knarrte ein Stuhl; Fenji sah im Augenwinkel einen Gui-Col-Offizier, der sich zurücklehnte und mit halboffenem Mund kaute, bis er husten musste und weißlicher Saft aus der flachen Nase rann. Fenji wandte sich angewidert ab. In dem Hologramm blitzten die letzten Sterne vor dem violetten Dunst in der Ewigkeit des Alls.
Fenji ließ sich die neuesten Kursprognosen anzeigen. Ihr Ziel lag direkt hinter dem Nebel, der CHAJE standen nur noch wenige Flugminuten bis zum Planeten Vodyan bevor. Es blieb gerade noch genug Zeit, ein letztes Mal Atem zu schöpfen und die Einsatzbereitschaft der unterschiedlichen Enter- und Kommandoteams erneut zu checken. Gerade gab er entsprechende Befehle weiter, als ein scharfer Zuruf seines Meisters ihn stoppte. »Beim sechsten Mal würde genauso alles bereitstehen wie beim fünften Mal.«
Wenn du wüsstest, dachte Fenji Eichach zufrieden. Den sechsten Test hatte er längst hinter sich; dies wäre der achte gewesen. Dieser kleine, heimliche Triumph machte es merklich erträglicher, soeben erneut in die Schranken gewiesen worden zu sein. »Wie du wünschst.«
»Begleite mich in meinen Palast.«
Diese Forderung verblüffte Fenji maßlos. »Jetzt? Direkt vor der Schlacht?«
In Cha Panggus Augengruben schillerte die Tränenflüssigkeit; die Gruben fokussierten sich. »Wir werden nicht gebraucht. Vor uns liegt ein
Standardangriff, wie ihn die Mannschaft schon Dutzende Male durchgeführt hat. Die strategische Analyse ist längst abgeschlossen, und bis auf den unvermeidlichen Zufallsfaktor fällt sie eindeutig aus. Die CHAJE wird ohne erwähnenswerte Gegenwehr landen können, um den Tribut einzutreiben. Alles läuft in den üblichen Bahnen, die Truppen sind instruiert und stehen bereit. Warum sollten du und ich also unsere Zeit verschwenden?« Mit den Fingern des Armtentakels tippte er beiläufig eine Notiz in den Bordrechner, die das Kommando an seinen Stellvertreter übergab. »Der interessante Teil dieser Schlacht, wie du es zu nennen beliebst, wird noch einige Stunden auf sich warten lassen. Ich halte es für sinnvoll, die Zeit zu nutzen. Dies ist der Augenblick, um dir etwas mitzuteilen. Aber nicht hier in der Zentrale, sondern in angemessener Umgebung.«
In seinem Privatpalast. Das wollte Fenji gar nicht gefallen, denn entweder bedeutete dies eine große Auszeichnung, was er sich ausgerechnet in diesem Augenblick nicht vorstellen konnte - oder ihm stand eine Strafe bevor, wie sie
Weitere Kostenlose Bücher