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PR2632-Die Nacht des Regenriesen

PR2632-Die Nacht des Regenriesen

Titel: PR2632-Die Nacht des Regenriesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Organbaumeister träumte nicht mehr. Er war seit Äonen tot.
    Sein Gang über den Greisen Weg war, wie er mit Entsetzen erkannte, nur eine Erinnerung. Vielleicht sogar eine Fälschung. Ob die Technosirenen noch sangen? Jedenfalls nicht mehr für seine Ohren.
    Er befand sich nicht mehr auf Utro'ch. Er befand sich auf überhaupt keinem Planeten. Vielleicht nicht einmal mehr in der Herrlichkeit von Chrer Lebensland. Es tat ihm weh, wie das Wort Herrlichkeit sich in Hohn verwandelt hatte. Wann? Warum? Wodurch?
    Er forschte in den Tiefen seiner Gedächtniskammern, doch sie standen leer. Hatten die Streitkräfte des Metanats das Lebensland überrannt, am Ende sogar Utro'ch?
    Schwer zu glauben.
    Aber was bedeutete ihm Glauben? Hatte sich sein Geist am Theoplastischen Wahn des Kyberkapitäns entzündet?
    Sehr unwahrscheinlich. Die kybergenetische Kultur von Utro'ch hatte sich seit Äonen aus dem Sud der augenlosen Evolution erhoben. Kalkülorgane, hart und durchsichtig wie geschliffene Brillanten, von Organbaumeistern geeignet gemacht für einen harten und durchsichtigen Kosmos.
    Eine unverhoffte Hochstimmung überkam ihn. Was immer geschehen war: Er hatte es überlebt. Er spürte den Weltraum um sich mit allen Sinnen, seine Abgründe und Verwerfungen, seine Schlieren und Unsicherheiten.
    Er flog. Seine Eisenglashaut schützte ihn. Trotzdem sickerte Kälte in seinen Leib. Das hätte nicht sein dürfen.
    Die Sterne kamen ihm zum Bewusstsein. Es waren Sterne, keine Frage. Er las ihre Spektralsignaturen, ihre gravitativen Muster, ihre hyperdimensionale Repräsentation.
    Sterne, keine Frage.
    Aber warum standen nur so wenige von ihnen in diesem Raum? Hatte es nicht bis vor Kurzem Sterne im Übermaß gegeben?
    Ein spärlich bestirnter Kosmos.
    Sie flogen. Er hatte das Ziel vor Augen, ein vierdimensionales Datenkonstrukt. Es war ein Sonnensystem, das in diesem Raum noch keine feste Position bezogen hatte. Sein raumzeitliches Gefüge federte noch ein wenig nach. Alsbald sollte es zur Ruhe kommen.
    Das System war ihm unbekannt. Ein wenig Neugier flammte kurz auf, ging aber in seiner Konzentration unter.
    Der Befehl zum Sprung kam.
    Er sprang über die Lichtmauer hinweg.

Traumtänzer
     
    Vor ihnen lag ein Aufstieg von etwa siebenhundert Metern. Margaud ging voran. Nach einer Weile überließ sie das Strecken und Beugen der Beine ganz dem exomotorischen Apparat des SERUNS und hängte sich aus. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie sich daran gewöhnt hatte, dass sich ihre Beine bei völlig entspannten Muskeln bewegten. Marionettenmodus nannte Luna diese Art, sich tragen zu lassen.
    Natürlich hätten sie den Antigravgenerator aktivieren können. Aber das hätte sie in dieser engen Röhre von Treppenhaus nicht wesentlich schneller vorangebracht.
    Nach etwas mehr als der Hälfte der Strecke standen sie vor einer Stufe, auf der eines der schwarzen Eier lag.
    Margaud hielt den SERUN an. Sie hörte Miravete hinter sich laut ausatmen. Sie zögerte. Dann stieg sie mit einem weit gespreizten Schritt über das Ei hinweg.
    Täuschte Margaud sich, oder hatte das Ei sich im Moment des Übersteigens ein wenig bewegt, ein wenig gezittert wie eine metallene Nadel in einem archaischen Kompass?
    Sie legten die verbliebenen dreihundert Meter vor sich schweigend zurück. Als sie aus dem Treppenschacht auf den Gang hinaustraten, fanden sie ihn voll von schwarzen Eiern. Es lagen mehrere Dutzend dort, vielleicht hundert.
    Margaud blieb eng an die Wand gedrückt stehen und ließ ihre Begleiter vorbei.
    Luna und Miravete staksten zwischen den Gebilden herum, darauf bedacht, keines zu berühren. Mit den SERUNS wirkte es wie ein tapsiger, von Elefanten ausgeführter Spitzentanz. Margaud behielt die schwarzen Objekte im Auge.
    Sie regten sich nicht.
    Miravete sagte: »Möglicherweise werden die Eier umso zahlreicher, je näher wir der Zentrale kommen.«
    »Wahrscheinlich ist dort das Nest«, witzelte Luna.
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte Margaud.
    »Nein«, sagte Miravete. »Vielleicht vierhundert Meter geradeaus.«
    Sie befanden sich in Höhe des Schiffsäquators. Links und rechts von ihnen führten Abzweigungen zu den Hawk-Konvertern. Zwischen den Hawks lag die komplexe Maschinerie der mehrfach redundanten Lebenserhaltungssysteme. Dahinter waren die Hangars der BOMBAY beziehungsweise die Projektoren des Haupt-Gravotron-Feldtriebwerks.
    »Wir könnten uns hier trennen«, sagte Luna. »Die eine Gruppe würde gegen den Uhrzeigersinn gehen, die andere mit

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