Pralinenherz
„Ich wollte meine Eltern auch noch anrufen. Jetzt, wo ich wieder hier bin, kann ich ja etwas im Geschäft aushelfen. Nur zu Hause herumsitzen, kann ich einfach nicht und wenn ich ein Bewerbungsgespräch habe, bekomme ich eh frei.“ Sie suchte und suchte, fand ihr Smartphone aber nicht.
„Mist, wo bist du denn?“, knurrte sie ihren Tascheninhalt an, den sie nach und nach auf den Tresen legte.
Lea beobachtete das Ganze kichernd, da Hanna doch einiges zu Tage förderte. Lippenstift, einen Tampon, Schlüssel, Schminkspiegel, ein Feuerzeug, eine Taschenlampe, diverse Bonbons, einen Schokoriegel, eine Flasche Mineralwasser, Münzen, ein Schlüsselbund, Kaugummis mit Erdbeergeschmack, Kaugummis ohne Zucker, Kaugummis mit Orangengeschmack und ein paar Papierfetzen.
„Das kann doch nicht sein!“ Hanna wurde hektisch und stand auf, schüttelte ihre Handtasche durch, aus der nur noch ein paar Staubflocken und Krümel zu Boden fielen.
„Mein Smartphone ist weg!“
Lea und Hanna schauten verdutzt, denn ihnen wurde schlagartig klar, wo es liegen musste.
„Oh nein … bitte nicht!“ Hanna schloss ihre Augen und schickte ein Stoßgebet gen Himmel, doch Lea brachte es auf den Punkt.
„Tja, du siehst Finn wohl eher wieder, als du dachtest. Da kannst du Christian ja auch gleich fragen, wie er die letzte Nacht erlebt hat!“ Breit grinsend nahm sie ihr Smartphone und wählte Hannas Nummer, reichte ihr dann das Telefon.
„Er ist schwul! Egal, wie süß er ist, ich kann ihn ja schlecht umkrempeln!“ Was eigentlich sehr schade war.
„ Hast du etwa schon auf wählen gedrückt? Lea!“
Nervös nahm sie Leas Smartphone und lief in der Küche auf und ab, als stünde sie kurz vor einer Hinrichtung.
Lea kicherte und beobachtete das ihr dargebotene Schauspiel.
„Ich hasse dich!“, zischte Hanna und begann dabei, auf ihrer Unterlippe herum zu kauen.
Finn aß gerade sein Omelette, als erneut Hannas Telefon klingelte. Als er „Lea“ im Display las, ging er ans Telefon: „Hallo? Hier ist Finn, ich habe Hannas Smartphone“, sprach er, war dabei auch etwas nervös. Lea konnte ja sonst wer sein oder gar Hanna selbst?
Diese verbarg ihr Gesicht hinter ihrer Hand und atmete tief durch, bevor sie Finn antwortete.
„Äh, ja. Hi! Ich bin es, Hanna. Du weißt schon, die Frau, die vorhin aus deinem Haus geflüchtet ist!“ Sie fing an zu lachen und merkte, dass sie sich erneut daneben benahm.
„Ähm. Ich meine, ich würde es gerne wieder bekommen. Mein Smartphone. Kannst du es vielleicht Christian geben? Er arbeitet doch im Collateral, das ist hier gleich gegenüber … Er kommt doch heute sicher auch arbeiten?“ Sie wollte keinesfalls noch einmal Finn gegenüber treten, das war einfach viel zu peinlich.
„Ach, gar kein Problem. Ich fahre Christian später zur Arbeit, da bring ich es einfach mit.“ Noch bevor Hanna sich herausreden konnte, verabschiedete Finn sich auch schon: „Dann sehen wir uns gegen 17 Uhr?“
Hanna starrte zu Boden und nickte eifrig: „Ja, ja … klingt super! Vielen Dank!“ Als sie aufgelegt hatte, stützte sie sich gegen den Kühlschrank ab. Ihre Stirn klopfte einige Male gegen das Metall und Lea vernahm ein leises Schluchzen.
„Alles in Ordnung?“, fragte Lea besorgt, was Hanna dazu brachte, nun verzweifelt an die Decke zu starren. Zumindest hörte sie auf, ihre Stirn weiter gegen den Kühlschrank zu hämmern.
„ Er … kommt … nachher … vorbei! Finn! Verdammt!“ Hanna regte sich fürchterlich auf und lief nervös auf und ab. Lea verfolgte sie mit ihren Augen und schüttelte ihren Kopf.
„Aber … ich dachte, er ist schwul? Ich meine, da kann es dir doch egal sein, ob er dich sexy findet.“ Sie verstand die ganze Aufregung nicht. Sicher, es war peinlich. Hanna trat ja gerne mal in das ein oder andere Fettnäpfchen, aber sich jetzt in einen Mann zu verlieben, der nur auf Männer stand?
„ Ja ...ähm ... ich bin nicht sicher. Ich glaube schon, also fast! Eigentlich ja. Aber ...“, murmelte Hanna unsicher und riss dabei ihre Hände in die Luft.
Lea hob fragend eine Augenbraue.
„Naja, ich meine … er hat es nicht gesagt, aber die Signale waren deutlich. Aber ehrlich gesagt … es wäre schon toll, wenn er es nicht wäre. Finn ist echt süß und ...“ Hanna seufzte erneut laut auf und setzte sich wieder zu Lea, die ihr schweigend den Teller zuschob.
„Also wir machen Folgendes. Zuerst holen wir deine Sachen aus dem Auto, damit du dich hier auf der Couch ausbreiten kannst.
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